saved by an Angel
sag es mir doch, dachte Tristan.
»Andrew. Ach, Andrew.« Maggie schloss erleichtert die Augen. »Es ist wegen Ivy - sie hat völlig den Verstand verloren. Sie ist weggelaufen.«
Wohin war sie gelaufen?
»Ich weiß nicht, was der Auslöser war. Sie ging nach oben und plötzlich habe ich sie schreien gehört. Ich bin zu ihr hochgegangen, in ihr Musikzimmer. Sie - sie hat Ella umgebracht.«
Was?
»Ich sagte, sie hat Ella umgebracht ... Ja, ich bin mir sicher.«
Gregory hat Ella umgebracht, dachte Tristan.
»Ich weiß nicht«, stöhnte Maggie. »Ich hab ihr gesagt, dass Gregory mit Philip zu den Brücken gefahren ist, um Schienennägel zu sammeln.«
Nun fing es in Tristans Kopf zu rattern an. Kurz bevor Tristan in der Dunkelheit versunken war, hatte Gregory Ellas Flanke rasiert. Tristan hatte gedacht, Gregory wolle Ivy nur nervös machen, jetzt aber wurde ihm klar, dass es eine Warnung gewesen war. Gregory holte zum endgültigen Schlag aus.
»Ich dachte, ich hätte sie etwas beruhigt, Andrew«, sagte Maggie. »Ich hab ihr erzählt, wie nett Gregory zu Philip war. Ich hielt das für das Richtige. Dann ging ich die Psychologin anrufen und sie rannte nach draußen. Sie ist wie eine Verrückte davongerast. Was soll ich tun?«
Tristan wartete nicht länger. Er rannte in Richtung der Brücken und schlug den Weg ein, den Ivy mit dem Auto fahren würde. Jetzt war er richtig wach und fühlte sich stärker als je zuvor. Seine Gedanken überschlugen sich. Hatte Gregory vor, Philip zu töten? War er verrückt genug, um zu glauben, er käme damit durch, einen nach dem anderen umzubringen?
Verrückt, aber gewieft, dachte Tristan. Was, wenn es eine Falle war? Was, wenn er Ivy damit bloß auf die Eisenbahnbrücken locken wollte?
Tristan holte sie auf der kurvenreichen Straße ein, die am Fluss entlangführte. Er setzte sich auf den Beifahrersitz, aber sie war nur aufs Fahren konzentriert. Ein plötzliches Rumpeln, als sie über ein Schlagloch fuhr, riss sie aus ihren Gedanken.
Schlagloch! Es kommen noch mehr. Pass auf. Ich muss zu den Brücken, Philip finden, dachte Tristan. Das war auch Ivys Gedanke und er schlüpfte in ihren Kopf. »Ich bin’s.«
»Tristan! Wo hast du gesteckt?«
»In der Dunkelheit«, erwiderte er schnell. »Ivy, fahr langsamer. Hör mir zu. Es könnte eine Falle sein.«
»Das hast du bei Eric auch behauptet«, erinnerte sie ihn und gab Gas. »Wer weiß, wenn ich ein bisschen früher bei Eric gewesen wäre -«
»So war es aber nicht«, unterbrach er sie, »und das weißt du genau. Du hättest Eric nicht retten können.«
»Ich werde aber Philip retten«, entgegnete sie. »Gregory wird mir niemanden mehr nehmen.«
»Womit willst du ihn denn retten? Mit einer Pistole? Einem Messer? Was hast du denn dabei?«
Er konnte ihre Zweifel spüren, aufsteigende Angst ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
»Dreh um. Fahr zur Polizei«, drängte er sie.
»Ich war bei der Scheißpolizei!«
»Dann versuch es bei Will«, erwiderte Tristan. »Wir holen Will zu Hilfe.«
»Wir können Will nicht trauen«, gab sie schnell zurück. »Das hast du selbst gesagt.«
»Ich war eifersüchtig, Ivy, und sauer, weil er Geheimnisse hatte. Aber jetzt brauchen wir ihn und er würde alles für dich tun«, gab Tristan zu bedenken.
Er fühlte, wie Ivy sich zurückzog. Es gab etwas, das sie ihm vorenthielt. »Was? Was ist es?«
Ivy schüttelte den Kopf und gab keine Antwort.
»Er kann uns helfen«, bohrte Tristan weiter.
»Ich brauche seine Hilfe nicht. Ich hab dich, Tristan - zumindest hab ich das bisher geglaubt«, provozierte sie ihn.
»Du weißt, dass ich dir helfe, aber ich kann keine Kugeln aufhalten.«
»Und Gregory kann das Risiko von Kugeln nicht ein-gehen«, meinte Ivy im Brustton der Überzeugung. »Das ist sein Problem. Er kann Philip nicht einfach erschießen, er muss sich etwas Besseres einfallen lassen und es schlauer anstellen. Es gibt schon zu viele Todesfälle. Zu viele Menschen in seinem Umfeld sind gestorben. Mit noch einem Mord, für den es auch noch ein Motiv gibt, kommt er nicht durch.«
Ihr überzeugter Tonfall machte Tristan klar, dass er auf verlorenem Posten kämpfte. Ihr Entschluss stand fest.
»Ich komm zu dir zurück«, erklärte er.
»Tristan?«, rief sie.
Doch nun rannte er vor ihr her. Das Wetter verschlechterte sich zunehmend und das leichte Nieseln hatte sich in einen kalten heftigen Regen verwandelt, der von beiden Seiten des Flusses peitschte. Trotz des Nebels konnte Tristan
Weitere Kostenlose Bücher