Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
den Kopf und hob ein wenig die Arme. Er begann sich zu konzentrieren. Wie selbstverständlich sandte er seine Magie hinaus. Eine Zeit lang geschah nichts, bis plötzlich ein lautes Brüllen den Himmel erfüllte.
In das tiefe Abendrot mischte sich ein riesiger Schatten, der mehr und mehr den Platz rund um das Gebäude bedeckte. Man sah die fassungslosen Gesichter, als ein tiefschwarzer Drache zur Landung ansetzte. Nur wenige Meter vor dem Leichnam gruben sich seine gewaltigen Krallen in den Staub und das Licht der untergehenden Sonne spiegelte sich wie schwarzes, flüssiges Blut auf seinen Schuppen.
Savinama legte die Hände übereinander und verbeugte sich in tiefer Ehrfurcht. Dann ging er vor Jeras auf die Knie. Fast bedächtig streifte er das Medaillon über den Kopf und legte es dem Jungen um den Hals.
„Schatten, mein Freund, können unendlich sein. Doch Manchmal liegen sie zu schwer auf unseren Seelen. Herzen wie deines schenken ihnen ein Strahlen.“ Er biss sich selber auf die Unterlippe und musste sich zur Ordnung rufen, ehe er an Shorbos Seite trat. „Großen Kriegern gebührt ein ehrenvoller Abschied.“ Seine Stimme klang laut über den Platz. Sogar Shorbo zuckte zusammen und schaute ihn überrascht an. In seiner Stimme schwang Autorität, Stolz und Stärke. Savinama hörte sich an wie Arthol. Wie ein Kreisführer, der alles darum geben würde, für andere zu sterben. Alle verbeugten sich tief, um Jeras die letzte Ehre zu erweisen, als habe Shorbo diesen Ausruf getätigt.
Der Drache hob den Kopf und sein Brüllen erschütterte erneut den Platz.
„Trage ihn in ein neues Leben.“ Savinama sprach mehr zu sich selbst. Das Tier senkte den Kopf, spannte die riesigen Flügel und zeigte sich noch einmal in seiner vollen Größe, ehe er mit den Flügeln eine Kehrtwendung einlegte und über Comoérta in den Himmel zog. Der Platz, wo Jeras gelegen hatte, blieb leer zurück.
„Manchmal bedeutet Abschied auch ein willkommen heißen.“ Sprach Shorbo. Die Gasse herauf konnte man Pferde sehen. Die Krieger Natriells und Liyiells kehrten nach Hause zurück. Eilig liefen ihnen alle entgegen. Die Sonne verlor die letzten Rottöne über den Zinnen.
Heute Nacht würde die alte Welt mehr betrauern als einen jungen Magier. Nur Shorbo und Savinama standen noch vor dem Eingangsportal.
„Savinama?“
„Ich kehre schon bald nach Liyiell zurück.“ Shorbo legte eine Hand auf seine Schulter. Der Magier blickte ihn nicht an. „Wie viel wisst ihr wirklich?“
„Zu wenig, um alles zu verstehen. Zu viel, um es zu ignorieren.“ Der ehemalige Vigil drehte sich um und kehrte zurück in die Hallen. Shorbo stützte sich auf seinen Stab. Seine Augen betrachteten die Gassen Comoértas. Am Rande standen noch Bäume, dessen grün zu Staub zerfallen war. Von Berichten wusste er, dass Tamins Ausruf viele Opfer gekostet hatte, vor allem in den Kreisen der Menschen. Die Stadt würde sich erholen, so wie die Bäume. Durch Savinamas Heilung würde die alte Welt weiterbestehen, doch Narben würden bleiben und er fragte sich, wie tief sie wohl sein werden. Und wie tief lagen sie beim Wächter, der selbst im Angesicht der alten Magie und des alten Wissens, nicht mehr der alte war?
„Die Spuren sind tief, die ihr hinterlassen habt.“ Shorbo folgte den anderen, um die Heimkehrer zu begrüßen.
39.
In Comoérta kehrte Ruhe ein. Anectis und seine Männer saßen in den Verließen, damit sie dort eine Weile nachdenken konnten. Nur wenige Tage später standen die Krieger Liyiells am Pier, um sich von den Freunden zu verabschieden, die zu ihren Familien zurückkehren wollten.
Filyma verneigte sich zum Gruße vor Arthol, als sie aus dem Augenwinkel sah, wie Shorbo, ihr Kreisführer, seine Hand auf Savinamas Schulter legte und dann ruhig weiterging. Eine bedeutsame Geste, empfand sie, so wie man sich normalerweise für immer voneinander verabschiedet. Kurz zögerte sie und schritt dann doch zu ihrem alten Freund. Er blickte auf das Wasser hinaus, die Arme tief in den Ärmeln seines grauen Mantels vergraben. Ohne etwas zu sagen, hatte er das Amt, das ihm Arthol übertragen hatte, angenommen. Filyma wurde das Gefühl nicht los, dass eine grundlegende Veränderung mit ihm vorgegangen war. Noch immer wirkte er unnahbar, doch gleichzeitig sicher und ruhig in seinem Auftreten.
„Savinama?“ Er wendete den Kopf und blickte sie an. Ein freundliches Lächeln legte sich auf seine Lippen und Filyma erkannte in diesem Moment, dass der
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