Sawyer
„Was ist eigentlich los? Falls dich einer der Männer beleidigt hat, werde ich dafür sorgen, dass er sich bei dir entschuldigt.“
„Du
hast mich beleidigt!“ entgegnete sie wütend.
„Warum? Weil ich dir keinen Heiratsantrag gemacht habe? Es hat schon einmal eine Frau versucht, mich zu ködern.“
„Zu ködern?“
„Ich werde dich nicht heiraten, Abbey, damit dir das ein für alle Mal klar ist. Ich habe dich hierher geholt, damit du dich mit einigen meiner Männern anfreundest.“ Zu spät bemerkte er, wie das klingen musste. „Du weißt schon, was ich meine.“
„Allerdings.“
Ihm war klar, dass er vorerst nicht vernünftig mit ihr reden konnte. „Wir werden später noch einmal darüber sprechen“, erklärte er daher schroff.
Abbey schwieg.
Sawyer musste sich regelrecht zwingen, die Bücherei zu verlassen. Auf dem Weg zur Straße blieb er mehrmals stehen und zögerte, denn er hasste es wegzugehen, ohne die Dinge geklärt zu haben.
Scott kam auf Ronny Golds Fahrrad angeradelt und hielt neben ihm. „Hallo, Sawyer!“ meinte er fröhlich.
„Hallo, Scott.“ Sawyer hielt den Blick auf die Haustür gerichtet.
„Wie geht’s?“
„Prima“, schwindelte Sawyer.
„Ronny hat mir sein Fahrrad geliehen“, berichtete Scott. „Hoffentlich ist meins bald da. Was meinst du, wie lange es dauert, bis unsere Sachen in Hard Luck sind?“
Sawyer wandte sich ihm langsam zu. Er brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass die Sachen erst in einigen Monaten gebracht werden konnten.
„Dein Fahrrad fehlt dir, stimmt’s?“
„Na ja, wenn ich es hab’, können Ronny und ich zusammen los fahren.“
„Ich habe noch mein altes Fahrrad von früher. Es müsste eigentlich in meinem Schuppen stehen. Soll ich mal nachsehen?“
Scotts Augen leuchteten. „Mann, das wär’ super!“
„Ich schaue gleich mal nach.“ Sawyer konnte es kaum erwarten, das Bild zu revidieren, das Abbey sich von ihm gemacht hatte. Er verstand beim besten Willen nicht, warum sie sich so aufregte. Was hatte sie sich denn gedacht, als sie auf die Anzeige geantwortet hatte?
Sawyer brauchte eine Weile, um das Fahrrad ausfindig zu machen. Es stand ganz hinten im Schuppen und war trotz seines Alters noch in einem guten Zustand. Er brachte es nach vorn, um es mit dem Gartenschlauch abzuspritzen. Nachdem er damit fertig war und zufällig aufblickte, sah er Abbey nach Hause kommen.
Den Schlauch in der Hand, richtete er sich auf und musterte sie. Er hätte gern gewusst, was er falsch gemacht hatte, und sehnte sich danach, es wieder gutzumachen.
Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, ging sie ins Haus. Kurz darauf kam Scott zu ihm in den Garten.
„Sieht nicht besonders doll aus, die alte Kiste, nicht?“ Sawyer wischte mit einem alten T-Shirt über den Sattel und die Schutzbleche. „Aber wenn ich sie richtig sauber gemacht und die Kette geölt habe, ist sie wieder fahrtüchtig.“
„Nein, das Rad sieht toll aus“, entgegnete Scott strahlend. Doch als er einen Blick über die Schulter warf, schien seine Begeisterung zu schwinden. „Ich muss jetzt nach Hause.“
„Wenn du noch ein paar Minuten wartest, kannst du das Rad gleich mitnehmen.“
„Ich geh’ lieber sofort rüber.“
Sawyer blickte zu Christians Haus. „Deine Mutter hat sich offenbar über irgendetwas geärgert.“
„Das kann man wohl sagen“, meinte der Junge. „Sie ist ganz schön in Fahrt.“
Als Sawyer die Haustür betrachtete, fühlte er sich noch elender. Er musste unbedingt wieder mit Abbey ins Reine kommen. „Vielleicht sollte ich mal mit ihr reden.“
„Im Moment ist es wohl nicht so günstig.“
Sawyer dachte verlegen daran, wie ungeschickt er im Umgang mit Frauen war – so ungeschickt, dass er sich Ratschläge von einem Neunjährigen geben lassen musste. Doch er würde warten, wenn Scott es für das Beste hielt.
„Komisch, dass sie sich nicht freut“, meinte Scott und seufzte. „Grandma und Grandpa sagen ihr immer, dass sie mal mit einem Mann ausgehen soll, aber Mom hatte eigentlich nie große Lust dazu. Und jetzt ist sie wütend, weil irgend so ein Typ sie zum Essen eingeladen hat.“
„Wer?“ fragte Sawyer und fügte dann schnell hinzu: „Schon gut, Scott, es geht mich nichts an.“
„Na ja, Grandma möchte, dass Mom wieder heiratet. Ich hab’ mal gehört, wie die beiden darüber gesprochen haben. Grandma meinte, es gibt viele gute Männer, und auch Mom wird eines Tages einen finden. Glaubst du auch, dass Mom wieder heiraten
Weitere Kostenlose Bücher