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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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die Rede auf die letzte Reichsversammlung, an der er aus verschiedenen Gründen nicht teilnehmen konnte, und ließ sich ausführlich deren Beschlüsse erläutern. Von dem Mord wurde vorerst nicht mehr gesprochen.
    Der Tag neigte sich bereits, als Bauern einen Leichenkarren zum Tor hinaus zogen. Man sah nur die Beine des Toten, alles andere war mit Fellen bedeckt.
    Ein junges, dunkelhaariges Weib trat aus einer der Hütten und eilte hinterher. Im Gehen warf sie sich ein Schleiertuch über den Kopf. Als sie am Herrenhaus vorbeikam, wo wir unter dem Laubendach der Vorhalle saßen, blickte sie kurz herüber. Ihre Augen suchten den Grafen und ich bemerkte, dass er ihr unauffällig ein Zeichen gab. Sie verzog ihr hübsches, aber strenges Gesicht, drehte ziemlich heftig den Kopf weg und verschwand.
    Mit einer geradezu ameisenhaften Geschäftigkeit widmete sich der Graf seinen Gastgeberpflichten. Er kümmerte sich um alles: um Odos und meine Unterbringung im Herrenhaus, um ein Quartier für unser Gefolge (allerdings ungünstig weit entfernt am anderen Ende des Salhofs), um die Versorgung unserer Reit- und Zugtiere. Er ließ Mägde Brot, Käse und kaltes Geflügel auftragen. Dabei bat er mit einem schmerzlichen Lächeln zu entschuldigen, dass keine Hausfrau über unser Wohl wachen könne, denn seit einem Jahr sei er Witwer.
    Durch seinen Vilicus ließ er alle verfügbaren Knechte zusammenrufen, um sie als Boten auszusenden. Auch einige Liudolfs und Liutgers wurden in Trab gesetzt. Volz bestand darauf, noch am selben Tag zu unseren Ehren ein Festgelage zu geben. Bei dieser Gelegenheit wollte er uns mit allen wichtigen Männern des Gaus bekannt machen – gräflichen Vasallen, Zentgrafen, Gutsherren. Auch einige Priester sollten kommen, einen Bischof gibt es noch nicht. Ein Eilbote wurde zu Herrn Gozbert gesandt, dem größten Gutsherrn und Benefiziaten und – neben Volz selber – einzigen Königsvasallen im Gau.
    „Eine frohe Nachricht für ihn“, sagte der Graf. „Wie wird er sich freuen, Euch wiederzusehen, Herr Odo!“
    Odo warf mir einen sprechenden Blick zu. Doch bevor er antworten konnte, fuhr Volz fort: „Er erinnert sich gut an Euch und spricht von Euch bei jeder Gelegenheit. Er glaubt, dass Ihr eine große Zukunft habt! Wisst Ihr, was er neulich zu mir sagte? ‚Wir beide, Volz, sind brave Kerle, die wie Füchse im Wald hausen und wie Maulwürfe in der Erde wühlen. Niemals werden wir Adler sein, die sich hoch in die Lüfte erheben wie Odo von Reims!‘ Jetzt sah Odo aus, als hätte man ihm gerade das Herzogtum Bayern zu Lehen gegeben. Er konnte kaum fassen, dass er ständig an diesem Ort sein Lob singen hörte.
    Auch ich wusste noch nicht, was davon zu halten war. Es war merkwürdig: Was aus einem anderen Munde wie eine grobe Schmeichelei geklungen hätte, wirkte bei Volz so ehrlich und aufrichtig wie seine Miene dabei, die der eines Frommen glich, der ein Heiligenbild betrachtet. Ich fand schnell heraus, dass dieser sächsische Edeling eine seltene Gabe besaß – er verstand es, Vertrauen einzuflößen. Man glaubte ihm, was er sprach und musste gutheißen, was er tat. Seine blauen Augen, die mit sicherem Blick, kaum jemals abschweifend, auf dem Gesprächspartner ruhten, schienen nur eines zu spiegeln: die Wahrheit. Seine tiefe Stimme erinnerte mich an die alte, schwere Glocke, die im Kloster zur Gebetsstunde rief. Je länger man sich in seiner Nähe aufhielt, desto weniger konnte man sich vorstellen, dass dieses frische, wohlgerundete, glatte Gesicht, das so würdig von grauen, gewellten Haaren umrahmt wurde, nichts als ein helles Fenster sein sollte, hinter dem sich dunkle Gemächer verbargen. Auch Odo schien zu empfinden, dass seine Meinung über den Grafen, die er unterwegs geäußert hatte, mehr vorgefasst als begründet war.
    Während Volz noch seine Anordnungen für das Festmahl traf, kam plötzlich der Priester Wig gelaufen. Er fing wieder an zu zetern und beklagte sich, weil der Schutzflehende in der Kirche eine Kerze und einen Pokal umgeworfen habe. Außerdem habe er sich in schamloser Weise auf einer der Chorbänke hingelümmelt. Das Schlimmste aber: Aus einem Korb mit heiligen Hostien, welcher dort stand, habe er die Hälfte entwendet und auf der Stelle verschlungen. Womit der Tatbestand des Kirchendiebstahls nun doch erfüllt und der Übeltäter des Todes sei.
    „Waren denn die Hostien schon geweiht?“, fragte der Graf.
    „Das nicht“, musste der Priester einräumen. „Die fromme Magd, die

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