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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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nur ein verächtliches Lächeln. Zu meiner größten Betroffenheit trat er vor den Schrein und nahm den Schädel heraus.
    „Wisst Ihr, dass er mein Freund war?“, sagte er, indem er mit einer zarten Geste über die glatte, gewölbte Stirn strich, „und dass er mir alles im Voraus verziehen hat?“
    „Er war Euer Freund?“, rief Wig. „Ihr kanntet ihn?“
    „Wir kannten ihn alle“, erwiderte Volz und berichtigte lächelnd: „Fast alle. Die Jungen unter uns erinnern sich wohl nicht mehr an ihn oder wurden nach seinem Tode geboren. Und du, mein Lieber, warst lange Zeit abwesend. Auch Herr Gozbert und unsere anderen Freunde aus Franken haben ihn nicht mehr kennengelernt. Sie sind dafür zu bedauern, er war ein bemerkenswerter Mensch.“
    „Und Ihr habt ihn getötet!“, stieß ich hervor.
    „Ja, Vater, das tat ich. Mit diesen Händen, die jetzt die geliebten heiligen Reste umfassen. Nie ist mir in meinem Leben etwas schwerer gefallen. Doch ich gehorchte ihm, denn er wollte es so.“
    „Er wollte sterben?“
    „Ich hatte die Absicht, ihn zu retten.“
    „Als heidnischer Priester?“
    „Als Christ. Ich war ja getauft. Wie Ihr wisst, empfing ich das Sakrament in Paderborn, unter den Augen des Königs. Danach kehrte ich hierher zurück, um gemeinsam mit Theofried und den anderen Christen im Gau das große Bekehrungswerk zu vollenden. Wir mussten aber vorsichtig sein, denn die Macht unserer Gegner war noch nicht gebrochen.“
    „Deshalb schlugt Ihr Euch wieder auf die Seite des Umm, der Euch zum Saxnot-Priester ernannte!“
    „Konnte ich besser die Sache der Christen vertreten als in seinem Gefolge und in einer bedeutenden Stellung? Hätte ich meine Glaubensgenossen sonst schützen können … zum Beispiel, als sie die Kirche bauten? Der Herr im Himmel weiß ganz allein, wie viele schreckliche innere Kämpfe ich ausfechten musste! Doch ich verleugnete ihn, damit ich ihm umso treuer dienen konnte.“
    „Indem Ihr dem Umm zum Beispiel verrietet, dass Theofried und die Seinen die Eiche dort fällen wollten. Worauf er mit seiner Horde heranstürmte, zwei von ihnen tötete, einen vertrieb und den Letzten … ihn …“
    „… auf meine Bitte hin schonte!“, rief Volz, wobei er sich mit einem Blick rundum der allgemeinen Zustimmung vergewisserte. Von denen, die in der Nähe standen, hatte nur Wig sich abgewandt und fassungslos die Augen geschlossen.
    „Umm hat Euch auch nicht die Wahrheit gesagt, wenn er behauptete, ich hätte die Brüder verraten“, fuhr der Graf fort. „Er wollte mir immer nur schaden und tat es offenbar bis zuletzt. Konnte denn ein so öffentlicher Vorgang wie der Versuch, diese Eiche zu fällen, irgendjemand im weiten Umkreis verborgen bleiben? Er wollte das ja auch gar nicht!“ Volz hob den Schädel in die Höhe. „Vielmehr kam es ihm auf die Machtprobe an. So wie dem Bonifatius, als er die Donar-Eiche fällte. Der große Heilige war sein Vorbild, er wollte ihm ähnlich sein.“
    „Und deshalb hat er sich von Euch schlachten lassen?“, fragte Odo.
    „Wie könntet Ihr einen so erhabenen Geist je begreifen, Herr Odo!“, erwiderte Volz, milde lächelnd. „Habt Ihr je das Mysterium des Opfergangs unseres Herrn Jesus Christus verstanden? Es wäre mir ein Leichtes gewesen, ihn zu retten. Alle, die Ihr hier seht, Liutwalt, Liutger … hätten mir dabei geholfen. Ich hatte Umm überredet, Theofried nicht gleich zu töten, wie er es vorhatte. Natürlich wollte ich Zeit gewinnen, um ihn heimlich über die Grenze zu den Franken zu bringen. Aber er wollte nun einmal nicht fliehen. Er wollte ein Flammenzeichen setzen!“
    Volz drückte den Schädel an sich und wahrhaftig – er ließ eine Träne auf ihn hinabtropfen.
    „,Kannst du denn nicht verstehen, mein edler Freund‘, so sprach er zu mir, ,dass nur noch mein Tod einen Sinn haben kann? Um ihre Seelen zu läutern? Um ihre Herzen zu rühren?‘ ,Aber wie könnte ich je gegen dich, meinen Lehrer, mein Vorbild, die Hand erheben!‘, rief ich verzweifelt. ,Gesegnet sei diese Hand, die mir die Kehle durchschneiden wird!‘, erwiderte er. ,Sie verschafft mir den Platz an der Seite des Herrn! In aller Ewigkeit werde ich dort für euch beten. Nie werde ich meine geliebten Sachsen vergessen!‘“
    Noch mehr Tränen fielen auf den Schädel des Theofried und unter den Klagemannen, den Sachverständigen und den anderen Dinggenossen waren da und dort Schluchzer zu vernehmen. In aufgedunsenen Trinkergesichtern zuckte es vor Rührung und manches

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