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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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so heftig an Odo, dass er sie sich mit einer schroffen Geste vom Leib halten musste. Trotz ihrer prächtigen braunen Haare und funkelnden Katzenaugen wollte er mit der armen Waise, die in der Hoffnung auf eine glänzende Heirat ihren Vater umbringen half, nicht allzu vertraut erscheinen. Von allen Seiten trafen die beiden finstere Blicke, die nichts Gutes verhießen. Allerdings hatten die Männer, die das Mädchen fortbringen sollten, vorsichtshalber drei Schritte vor Odo Halt gemacht. Nur ein Übereifriger hatte versucht, sie zu packen, dann aber auf ein Zeichen des Grafen von ihr abgelassen.
    Auch jetzt bewahrte Volz trotz einer für ihn höchst peinlichen Lage eine erstaunliche Kaltblütigkeit. Abgesehen von ein paar kurzen Zornesausbrüchen und Unsicherheiten hatte er keine Schwäche gezeigt. Sehr ernst, etwas traurig, den klaren Blick seiner blauen Augen zum Himmel gerichtet, die Füße fest auf dem Boden, über der schimmernden Brünne die Hände gefaltet, sie aber ab und zu voneinander lösend, um anmutig eine graue Locke zurückzustreichen – so stand er da als ein Heldenbild, unerschütterlich, fromm, geduldig abwartend, bis der Schmutzkübel über seinem Haupt geleert war..
    Dann aber trat er rasch vor. Er ließ niemandem Zeit, über das Gehörte nachzudenken oder mit seinem Nachbarn eine Meinung zu tauschen. Sicher hatte er bemerkt, dass in die abseits stehende Gruppe der Zeugen Bewegung gekommen war, dass einige ihre Köpfe zusammensteckten und ein Gemurmel herüber grollte. Auch auf den Bänken unter den Sachverständigen war Unruhe aufgekommen. Volz hatte es eilig, sich zu rechtfertigen.
    Erschüttert sei er über die Schmähungen dieser Undankbaren, rief er, die er nur in sein Haus genommen habe, um sie vor ihrem Vater zu retten. Jeder habe Hatto gekannt, einen Trunkenbold, Maulhelden und Querulanten, der sich nur wohlfühlte, wenn er unter den Markgenossen Unfrieden stiften konnte. Alles sei von ihm begeifert worden, nichts sei ihm recht zu machen gewesen. Keine vernünftige Maßnahme, die getroffen werden musste, um die dörfliche Rückständigkeit und Weltabgeschiedenheit zu überwinden, habe seinen Beifall gefunden. Angestunken habe er gegen den frischen, starken Wind, der über das Land ziehe. Mit Unrat beworfen habe er die führenden Männer, neidisch auf ihren Wohlstand und ihren Ruhm.
    Er fuhr noch eine Weile fort, ein abstoßendes Bild des Toten zu malen, den er gerade noch leidenschaftlich beklagt hatte. Dann fragte er, was das Zeugnis eines so lasterhaften Menschen wert sei und ob er es hätte fürchten müssen.
    „Natürlich nicht!“, gab er selbst zur Antwort. “Wer hätte ihm Glauben geschenkt? Wie hätte er etwas beweisen wollen? Mit dem Gerede von ein paar Unzufriedenen? Wie einfältig! Lohnte es, diesen Wurm zu zertreten? Lohnte es, dazu auch nur den Fuß zu heben?“
    Die meisten schüttelten die Köpfe und fanden, es lohnte nicht. Aber ein paar Ältere auf der Bank der Sachverständigen sahen sich an und einer fasste sich ein Herz und sagte laut:
    „Du hast Recht und wir glauben dir, Volz, dass du mit diesem Mord nichts zu tun hast. Aber es ist besser, du leistest den Reinigungseid. Damit kein Verdacht an dir hängen bleibt!“
    Dieser Vorschlag fand allgemeinen Beifall.
    Einen Augenblick lang war Volz verstimmt, weil er Misstrauen witterte. Aber er sah wohl ein, dass es besser war, sich zu fügen.
    „Bringt die Reliquie!“, befahl er.
    Odo nahm wieder neben mir Platz.
    „Was meinst du, Lupus“, sagte er leise, „wird sich der heilige Theofried einen Meineid gefallen lassen?“

13. Kapitel
    Es war eine eigenartige Empfindung, die mich ergriff, als der Schrein gebracht und vor mir im Ring auf einem Tisch niedergesetzt wurde. War es Scham? War es Angst? Würde Theofried vor mir erschrecken und dies vielleicht durch ein Zeichen kundtun? Wieviel größer war er als ich, der ich einmal Zelle an Zelle mit ihm gewohnt und in der Kirche, im Kapitelsaal und im Refektorium dieselben harten Bänke gedrückt hatte! Er war ein Märtyrer, der das Kreuz geschleppt hatte, um die Menschheit zu retten. Wie Tausende Auserwählter vor ihm war er den Weg gegangen, den unser Herr Jesus Christus als Erster beschritten hatte. Die Menschheit hatte sie alle dankbar umgebracht und im Laufe der Zeit das Unternehmen ihrer Rettung lieber Leuten anvertraut, die praktischen Sinn besaßen und die Macht liebten. Die Splitter vom Kreuz des Herrn dienen ihnen nun ebenso zur Legitimation wie die Knochen all

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