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Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
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war zu breit gebaut für den schmächtigen jungen Mann, der vor ihm im Sand kauerte, einer war blond gewesen. Er suchte nach Namen in seiner Erinnerung. Doch dort gab es nur einen, der sich in seinem Kopf festgesetzt hatte. Schwer schluckte er, bevor er die Augen öffnete und ihn aussprach.
    »Milan?« Der Name klang wie eine Frage.
    Der Junge mit den ausgezehrten Gesichtszügen zuckte mit den Schultern. Die Geste schien sein Überleben gegen den Willen des Kaisers auf spöttische Art entschuldigen zu wollen.

6. Kapitel
    D ie Zentaurin verfiel aus einem schnellen Galopp in gleichmäßigen Trab und wurde dann immer langsamer.
    »Was ist?«, fragte Marje besorgt. Inzwischen hatte sie sich an die Gangarten der Zentaurin so weit gewöhnt, dass sie sich nicht mehr krampfhaft an ihr festklammerte und ihr das Reiten sogar ein wenig Spaß machte. »Sind wir schon da?«
    Während des Rittes hatte sie alles Gefühl für Zeit und Raum verloren. Kleine Sanddünen waren an ihnen vorübergezogen, sie waren über Wurzeln hinweggeritten und überall standen die Bäume, die immer gleich aussahen. Ihre dunklen Schatten ließen den Wald einer düsteren Welt gleichen, in der Marje die Sonne nicht mehr sah und somit nicht abschätzen konnte, wie viel Zeit verstrich. Nur einmal waren sie einem Schwarm Irrlichter begegnet, dem Shio sehnsüchtig nachgesehen hatte.
    Die Zentaurin lachte leise auf. »Wir rasten«, erklärte sie mit ihrer wohlklingenden Stimme.
    Suchend drehte Marje sich nach Sayuri um. Einen Augenblick später tauchte der Zentaur, der sie und Suieen auf seinem Rücken trug, hinter einem großen, knorrigen Baum auf. Der dritte Zentaur, der sie begleitete, war als Späher vorneweg gelaufen; nun entdeckte sie ihn auf einer kleinen Lichtung zwischen den Bäumen, von wo er ihnen erwartungsvoll entgegenschaute. Nur die große Wiljarkatze – Yuuka – war nirgends zu sehen. Sie hatte sich rasch von der Gruppe gelöst und war so schnell vorangelaufen, dass sie sie schon bald aus den Augen verloren hatte.
    Sayuri ließ sich als Erste auf den Boden gleiten und trat in die Mitte der Lichtung ins Sonnenlicht, das hier durch eine Lücke im dichten Astwerk auf den sandigen Waldboden fiel.
    Vorsichtig rutschte auch Marje vom Pferderücken, musste aber feststellen, dass es nicht so leicht war, wie sie geglaubt hatte. Ihr Fuß blieb am Schwertgehänge der Zentaurin hängen, und hätte diese sie nicht aufgefangen, wäre sie kopfüber in den Sand gestürzt. »Wozu tragt ihr die Waffen?«, fragte Marje neugierig. »Ich dachte, die Menschen vermeiden es, euren Wald zu betreten.«
    »Das stimmt, die kaiserlichen Soldaten und die Bauern wagen es ebenso wenig wie jedes andere Wesen, in den Schutz der Bäume ohne Erlaubnis einzudringen. Aber es gibt einige Söldnerclans, die immer wieder wissen wollen, ob der Wald noch seinem Ruf entspricht.« Auf den Lippen der Zentaurin erschien ein feines Lächeln.
    Marje schluckte. Sie versuchte sich vorzustellen, wie die Zentauren mit ihren langen Schwertern die Söldner angriffen, während die Bäume ihnen bereitwillig Platz machten und gleichzeitig die feindlichen Männer mit ihren kräftigen Ästen fest umschlangen und festhielten.
    Der schwarze Zentaur streichelte zärtlich seinen umgehängten Bogen. »Es wäre auch langweilig, würden sie es nicht hin und wieder tun«, sagte er und seine Augen funkelten.
    »Söldnerjagd wird hier als eine Art Sport betrachtet«, erklärte Suieen trocken.
    Die Zentauren lachten fröhlich, aber Marje konnte das ungute Gefühl nicht loswerden, das sie in ihrer Gegenwart verspürte. Sie konnte gerade so über den Rücken der Zentauren hinwegsehen, wenn sie auf dem Boden stand. Um mit ihnen zu sprechen, musste sie den Kopf in den Nacken legen. Ihnen in ihrer eigenen Welt ausgeliefert zu sein, gefiel ihr ganz und gar nicht. Sorgenvoll sah sie zu Sayuri, die sich in dem Wald völlig unbefangen bewegte.
    »Setzt euch«, bat der Zentaur, der sie auf der Lichtung erwartet hatte.
    Shio erhob sich von ihrer Schulter und flog in die Kronen der Bäume, um im Sonnenlicht zu baden, das das Blattwerk der obersten Äste in gleißendes Licht hüllen musste.
    Suieen war ebenfalls vom Rücken des Zentauren geglitten und machte sich auf Geheiß des Zentauren an dem Proviant in ihren Taschen zu schaffen. Schon bald saß Suieen neben Sayuri, die immer noch in der Sonne vor sich hin träumte. Sorgsam baute er drei Schalen aus Baumrinde vor ihr auf und goss in zwei von ihnen eine braune

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