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Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
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Umarmung, aber sie hielt Sayuri fest an sich gedrückt, das Gesicht an ihrer Schulter vergraben. »Ich hatte solche Angst um dich«, flüsterte sie leise.
    Vorsichtig hob Sayuri eine Hand, strich ihr zärtlich über die nassen Haare, deren Feuchtigkeit sie verwandelte. Dann hob sie neugierig den Blick, sah zur Decke und den unebenen Wänden. »Wo sind wir?«, formte sie Worte aus der Magie um sie herum und brachte sie leicht vibrierend zum Klingen.
    Shio flog zu ihr hinab. Sein helles Licht blendete sie, sodass sie die Augen schließen musste. Seine Wärme war angenehm auf der Haut, auch wenn sie nicht das Gefühl hatte zu frieren. Mit geschlossenen Augen genoss sie sein Licht, das durch ihre Lider schimmerte, und sein aufgeregtes Summen. So schnell, wie er sprach, konnte sie ihm kaum folgen, und schließlich schüttelte sie lachend den Kopf.
    »Wir sind auf dem Weg in die Stadt«, antwortete Marje und ihre Stimme bebte vor Aufregung.
    Sayuri hielt inne. Stumm wiederholte sie für sich, was Marje laut gesagt hatte, dann erst drehte sie sich zu ihr um.
    »Wir müssen den Wasserfall beim Schlund, der die Welt verschlingt, erreichen. Von dort aus können wir zurück in die Stadt. Den gleichen Weg hat Milan genommen, nur in umgekehrter Richtung. Es ist der Shanu, auf dem wir unterwegs sind«, erzählte Marje atemlos vor Begeisterung. »Wie fühlst du dich? Geht es dir gut?«
    Sayuri nickte.
    »Der Shanu?«, wiederholte sie ungläubig und hob den Blick, als könnte sie über der felsigen Tunneldecke schon die Häuser der Stadt aufragen sehen. Shio schwirrte unruhig um sie herum.
    »Wir müssen zum Wasserfall. Es ist der einzige Weg in die Stadt. Doch wir wissen nicht, wie weit es noch ist.« Kiyoshi griff nach dem Paddel.
    Sayuri schüttelte entschieden den Kopf, nahm ihm lächelnd das Paddel aus der Hand und legte es auf den Boden des Bootes zurück. Es war ein Leichtes, das Boot gegen den Strom zu wenden und flussaufwärts schwimmen zu lassen. Sie schloss die Augen und überließ sich gänzlich diesem Gefühl, dass das Boot fast auf einer Welle aus Magie schwebte. Sie sah nur den Fluss und das Boot. Wellen glätteten sich vor ihnen und Schaum verlor sich in der spiegelglatten Oberfläche des Wassers. Sie schob die Strömung in die Tiefe und hielt das Wasser in der Höhe an, sodass es keinen Widerstand mehr bot.
    Das Boot setzte sich in Bewegung, erst langsam, dann immer schneller, atemberaubend schnell. Marje klammerte sich an den Bootsrand, ihre wilden Locken flogen.
    Sayuri schloss die Augen und gab sich ganz dem Gefühl hin. Es war wie der Flug auf dem Greifen. So schwebten sie dahin, endlos, zeitlos – eine Reise wie ein Traum.
    Erst als sie das Wasser spürte, das aus der Höhe hinabfiel und bis ins Boot spritzte, schlug Sayuri die Augen wieder auf und blickte zuerst in Kiyoshis fassungslose Miene.
    Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie Tshanils warme Sonnenstrahlen spürte. Sayuri hob den Blick.
    Gut dreißig Schritt über ihnen brach das Wasser über den Rand des Schlunds, begleitet von den Sonnenstrahlen, die einen ovalen Flecken auf den unterirdischen Fluss malten. Das letzte Mal hatte sie diesen Wasserfall gesehen, als er Milan mit sich in die Tiefe riss.
    Milan … und Ruan …
    Suchend sah sie sich um, als könnte der Freund hier unten auf sie gewartet haben. Der Gedanke, dass er in dem Wasser, das sie so liebte, den Tod gefunden hatte, war ihr unerträglich.
    Liebevoll strich Marje über ihren blassen Arm. »Wir haben es geschafft«, flüsterte sie leise, die Stimme so mit Glück erfüllt, dass Sayuri alle düsteren Gedanken vergaß. »Du hast es geschafft.«
    Sie hatten es wirklich geschafft. Auch wenn Sayuri nur vage wusste, wie sie hierhergekommen waren und vor allem, warum. Ihr Gedächtnis war noch immer nicht vollständig zurückgekehrt. Sie hörte die Worte des Alten, doch sie konnte ihre Bedeutung nicht einordnen. Sie sah sich auf dem Greif durch den Nachthimmel fliegen, schließlich spürte sie die Energie, die aus den Soldaten in der Wüste geflossen war, während sie ihnen das Wasser entzogen hatte. Die Erinnerung ließ sie erschaudern.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte Marje sich besorgt, während ihr Blick abermals nach oben glitt und dann unruhig über die Wasseroberfläche schwenkte.
    Eine Weile herrschte Schweigen. Sayuri fiel auf, wie auch Kiyoshi den Fluss beobachtete. »Wenn ich das richtig sehe, ist der Wasserstand noch immer der gleiche«, sagte er

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