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Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
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hier wohl Tiere?«, fragte Marje mit Blick auf die dunkle Wasseroberfläche. Ihr Gesicht sah aus, als könnte jeden Moment ein Monster auftauchen und das Boot in die Tiefe reißen.
    Kiyoshi konnte das Boot mit einigen kräftigen Paddelschlägen an den Rand des breiten Stroms navigieren, wo der Sog sich nicht ganz so stark bemerkbar machte.
    »Große Tiere! Und sie werden uns fressen«, sagte er augenzwinkernd. »Merkwürdig, dass Milan es überlebt hat. Ganz ohne Bissspuren.«
    Marje schüttelte sich. »Tut mir leid, aber mir gehen die Scherze aus«, japste sie.
    Kiyoshi nickte. »Ich verstehe, was du meinst«, sagte er nur und griff für einen Moment nach ihrer Hand. Gemeinsam blickten sie auf die schlafende Sayuri hinab, im nächsten Augenblick lösten sie sich wieder voneinander und Kiyoshi tauchte das Paddel abermals ins Wasser und machte sich daran, das Boot wieder in den breiten Strom zu navigieren.
    Shio flog zwischen dem Boot und der nächsten Flussbiegung hin und her und summte unruhig. Kiyoshi fiel auf, dass er noch nie von einem Irrlicht gehört hatte, das so viel quatschte wie Shio. Er konnte zwar kaum ein Wort von dem verstehen, was der Kleine von sich gab, aber das leise Summen hatte etwas Beruhigendes an sich, genauso wie das warme rote Licht, das er verströmte. Immer wieder wartete er, bis Kiyoshi zu ihm aufgeschlossen hatte, um dann erneut ein kleines Stück vorauszufliegen.
    Mit zitternden Muskeln und keuchendem Atem kämpfte Kiyoshi gegen den stärker werdenden Strom an. Die Wände des Tunnels rückten weiter zusammen, der Fluss wurde schmaler und ihr Boot geriet in Gefahr, gegen die Felsen geschmettert zu werden. Verbissen wehrte sich Kiyoshi dagegen und versuchte, den brennenden Schmerz in seinen Armen und seine Zweifel zu ignorieren, die er noch nicht ganz zum Schweigen hatte bringen können.
    Jetzt, wo sie den wilden Mächten des Wassers ausgeliefert waren, wurde ihm erst richtig bewusst, worauf sie sich eingelassen hatten. Milan konnte sich leicht geirrt haben, was den Weg anging, schließlich war er halb bewusstlos gewesen, als er den Shanu hinabgetrieben war.
    Was, wenn sie kenterten? Sie würden in der Strömung Sayuris leblosen Körper nicht lange an der Oberfläche halten können.
    Nicht nachdenken, wies er sich selbst zurecht und biss die Zähne zusammen. Rudern!
    Er warf Marje einen Blick zu und sah, wie sie hoffnungsvoll auf Sayuris blasses Gesicht starrte. Doch die weichen Gesichtszüge blieben unverändert. Nicht eine Regung verriet, dass sie zu Bewusstsein kam.
    Dabei waren sie mitten im Shanu – dem Fluss, der aus der Quelle des Kaisers gespeist wurde! Kiyoshi leckte sich einen Tropfen von den Lippen. Die Wellen brachen sich am Rumpf des Bootes. Längst waren sie von Kopf bis Fuß durchnässt.
    Endlich hatten sie den engen Gang hinter sich und kamen in ein breiteres Becken, in dem der Fluss wieder etwas ruhiger wurde.
    Shio stieg bis unter die Decke und leuchtete den Raum aus. Kiyoshi schätzte ihn auf knappe zehn Schritt Länge.
    Mit einigen müden Paddelschlägen brachte Kiyoshi das Boot in einen Winkel, in dem fast keine Strömung herrschte. Wenigstens kurz musste er Atem schöpfen, bevor sie weiterkonnten.
    »Hast du Schmerzen? Kannst du noch?«, fragte Marje besorgt, als sie seinen schnellen Atem hörte. »Ich helfe dir.« Sie deutete auf das zweite Paddel, das Thalion neben Sayuri gelegt hatte.
    Kiyoshi schöpfte Wasser aus dem Fluss und trank aus der hohlen Hand, bevor er den Kopf schüttelte. »Pass auf Sayuri auf«, meinte er nur. Es war einfacher, das Boot alleine zu lenken. Sie konnten sich gar nicht schnell genug absprechen, um sicherzugehen, dass sie einander nicht blockierten.
    Marje schien erleichtert über die Antwort. Zärtlich strich sie über Sayuris farblose Wangen, trocknete die Wasserspritzer, die ihr Gesicht bedeckten.
    Verdammt, wach auf, dachte Kiyoshi, als er das Boot wieder in den Strom stieß. Er wusste nicht, wie lange er die Tortur noch durchhalten würde.
    »Bitte«, murmelte Marje. »Bitte.« Mit beiden Händen hielt sie Sayuris Kopf in ihrem Schoß umschlossen. »Wach auf.«
    Die Laterne schwankte bedenklich, als eine Welle den Bug des Bootes traf. Wasser spritzte auf und löschte das Licht ihrer Lampe. Kurz wurde es dunkel um sie, dann kam Shio zu ihnen zurückgeeilt und tauchte sie in sein rotes Licht.
    Atemlos sah Kiyoshi zu Marje auf. »Tut sich irgendetwas?«, fragte er hoffnungsvoll.
    Marje schüttelte den Kopf. Entschlossen griff sie nach

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