Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
Vom Netzwerk:
irritiert.
    Kiyoshi strich sich die Haare aus der Stirn. Unruhig sah er zu Miro auf. »Ich meine, wie kann das sein? Der Kaiser ist unsterblich, seine Macht unendlich. Wie kann ein normaler Mensch ihm diese Kräfte nehmen? Und warum ausgerechnet dieser Mensch?«
    Miro seufzte schwer. »Wir durchschauen die Sterne und ihre Botschaften nie. Wir können nur versuchen, sie zu verstehen und das zu tun, wozu sie uns raten. Das Schicksal eines jeden ist unergründlich …«
    »… aber die Welt immer logisch«, murmelte Kiyoshi leise. Das war einer der Leitsätze, an den er sich immer geklammert hatte. Nichts geschah umsonst, alles im Leben hatte einen Sinn, auch wenn er oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen war. Miros Worte ergaben keinen Sinn, es war, als fehlte ein Puzzleteil, um das Bild zu vervollständigen. Aber vielleicht war es das Teil, das man nur im Nachhinein erkennen konnte oder das immer halb verborgen blieb und doch richtig war, ins Bild passte und seine Aufgabe erfüllte.
    »Ich glaube, du solltest dir Zeit geben, das zu verstehen«, sagte Miro sanft. »Du bist noch viel zu jung, um mit derartigen Dingen konfrontiert zu werden. Dass du das so früh lernen musst, tut mir leid.«
    Kiyoshi nickte gedankenverloren. »Wie viel Zeit bleibt noch?«, fragte er und versuchte, sich seine Frustration nicht anmerken zu lassen. Er hatte nicht das Gefühl, der Wahrheit näher gekommen zu sein.
    »Einige Tage. Vielleicht mehr, vielleicht weniger.« Miro klang genauso hilflos, wie Kiyoshi sich fühlte. »Morgen wird die Suche noch einmal verschärft.«
    Mit einem Nicken wandte Kiyoshi sich um. »Dann wirst du alle Soldaten brauchen?«, fragte er.
    Miro hob abwehrend die Hände. »Du bist verwundet«, entschied er.
    Kiyoshi verdrehte die Augen. »Der Kratzer ist doch längst verheilt.«
    Miro lachte. Kiyoshi war erleichtert, wie glimpflich die Unterhaltung verlaufen war. Er hatte sich vorgestellt, dass sein Onkel toben und schreien würde. Stattdessen hatte er Kiyoshi nicht länger wie ein Kind, sondern wie einen erwachsenen Mann behandelt. Dennoch fühlte er sich nicht wirklich gleichberechtigt. Miro entschied noch immer, was er wissen durfte, das war ihm nur zu klar.
    »Kiyoshi, ich möchte dich nicht auf den Straßen wissen«, sagte Miro jetzt. »Haben wir uns verstanden?«
    Ergeben nickte er. »Wie des Kaisers Bruder mir befiehlt«, sagte er und grinste.
    Miro hob drohend die Hand zu einem angedeuteten Schlag. »Willst du etwa die Kaiserfamilie beleidigen?«
    Kiyoshi duckte sich spielerisch. »Würde ich doch nie, als Mitglied der kaiserlichen Familie …!«
    Wieder lachte Miro auf. Er klang befreit, beinahe erleichtert, aber das Lachen verebbte schnell und wich einem ernsten Gesichtsausdruck. »Das ist gut. Ich müsste mir sonst ernsthaft Sorgen machen und die Zeit ist – bei Turu – sorgenvoll genug. Es beruhigt mich, dich in Sicherheit zu wissen. Das Volk ist seinem Kaiser dieser Tage nicht wohlgesonnen.«
    »Ist mir auch schon aufgefallen«, murmelte Kiyoshi und konnte nicht umhin, grüne, vor Zorn funkelnde Augen vor sich in der Dunkelheit aufblitzen zu sehen.
    Herrje, war er eigentlich besessen von diesem Mädchen, dass er in allen möglichen und unmöglichen Situationen an sie denken musste?
    Entschieden schüttelte er den Kopf. »Es tut mir leid, dass ich dich gestört habe. Ich weiß, dass du nichts unversucht gelassen hast, den Schaden zu begrenzen.«
    Miro lächelte kummervoll. »Ich kann dich nur zu gut verstehen und ich bin stolz, dass du mich zur Rede gestellt hast. Ich wäre bitter enttäuscht, hättest du nicht versucht, die Wahrheit zu erfahren. Du darfst nie einfach glauben, was man dir erzählt. Du musst immer alles hinterfragen. Aber jetzt haben wir lange genug gesprochen. Es müssen viele Briefe geschrieben werden und noch tut die Feder das nicht von allein.«
    Kiyoshi deutete eine leichte Verneigung an. »Gute Nacht, Onkel.«
    Miro nickte lächelnd. »Das wünsche ich dir ebenfalls«, sagte er und ging zu der schmalen Steinbrücke, die zurück zu den Regierungsgebäuden führte.
    Kiyoshi wandte sich in die entgegengesetzte Richtung. Von hier war es nicht weit bis zu seinen Gemächern, die in einem bescheideneren Palastteil lagen, und so machte er sich auf den Weg zu einigen Trittsteinen, die ihn trocken über das Wasser auf die nächste Insel führten.
    Während er sich vom Mondlicht durchs Halbdunkel der Nacht führen ließ, fragte er sich noch einmal, wie er so an seinem Onkel hatte

Weitere Kostenlose Bücher