Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
Vom Netzwerk:
auszuruhen, so sehr raste ihr Herz. Doch sie durfte sich keine Pause gönnen. Sie hatte keine Ahnung, wann die nächste Wachpatrouille vorbeikam!
    Direkt vor ihr war ein kleines Wäldchen. Zwischen den Bäumen würde sie etwas Schutz vor dem Licht der Fackeln und Lampions finden! Sie rappelte sich hoch und sprintete los – wobei sie einen winzigen Wasserarm übersprang.
    Endlich hatte sie die schützenden Bäume erreicht. Das Wäldchen war nicht viel mehr als eine winzige Ansammlung schlanker, hoher Bäume mit glatter Rinde, die sich eng aneinanderdrängten. Marje hatte noch nie solche Bäume gesehen. Ihre Blätter hatten die Form von Fächern, die winzig klein waren und zuhauf auf dem Boden lagen, obwohl keiner der Äste kahl war.
    Es war unmöglich, das Wäldchen zu durchqueren, ohne bei jedem Schritt die Blätter zu berühren, sodass sie laut raschelten. Der Wind fuhr sanft in sie hinein und trug sie auf eine Wiese, die sich hinter einem schmalen Wassergraben an das Wäldchen anschloss. Marje spähte auf die menschenleere Fläche vor sich und war sich unsicher, ob sie sich ohne Deckung weiter vorwagen konnte. Aber immerhin hatte sie es in den Palastgarten geschafft! Sie entschied sich, ihr Glück zu versuchen. Irgendwie musste sie Milan finden.
    Im Eilschritt überquerte sie die Wiese, bis sie auf einen Weg traf und sich nach kurzem Zögern entschied, ihm zu folgen. Er führte in ein zweites, kleineres Wäldchen auf einer anderen Insel. Eine schneeweiße Brücke mit wunderschön verzierten Pfeilern führte hinüber, aber Marje hatte keine Augen für die Schönheit. Ihr Herz hämmerte vor Sorge um Milan so laut, dass sie sicher war, jemand müsste es hören und auf sie aufmerksam werden.
    Zu ihrer Rechten befanden sich drei größere Inseln – die Gebäude dort waren prächtiger und wirkten eindrucksvoller als der Rest. Eine Flagge wehte über dem mittleren Palast – sie zeigte das Wappentier des Kaisers – einen Wiljar. Wachen patrouillierten auf der Auffahrt, zwei von ihnen posierten am säulengeschmückten Eingang.
    Marje zuckte zurück und wollte gerade in den schattigen Schutz der Bäume verschwinden, da erklang ein zorniger Schrei, der sie innehalten ließ. Dann trafen klirrend Waffen aufeinander und die lauten Rufe mehrerer Männer hallten durch die Nacht. Marje stand einen Augenblick lang wie erstarrt.
    Und in dem Moment, als sie die Kämpfenden entdeckte, wurde ihr bewusst, dass sie zu spät gekommen war.
    Sie waren nichts weiter als Schattenrisse in der von Lampions erhellten Szenerie, aber Marje erkannte sie dennoch. Die beiden dunkel verhüllten Gestalten, die jetzt gegen zwei Wachen kämpften, waren eindeutig Milan und Ruan.
    Einer der Soldaten machte einen Ausfallschritt, sein Schwert zuckte vor und Ruan parierte, doch da rannte schon eine weitere Wache heran und traf ihn mit seinem Schwert in den Rücken.
    Marjes Hand zuckte vor den Mund, um ihren Schrei zu ersticken. Was sollte sie nur tun? Sie hatte nicht mehr als das kleine Messer, das sie seit ihrem Angriff auf den Prinzen nicht mehr berührt hatte.
    Egal, sie durfte nicht länger zögern.
    Gerade wollte sie sich in Bewegung setzen, als sie Schritte hinter sich hörte. Im fahlen Licht der Monde sah sie eine dunkle Gestalt auf sich zukommen, und noch bevor sie wusste, wie sie reagieren sollte, erkannte sie schon die blaugrünen Augen.
    Stumm starrte sie dem jungen Mann entgegen, der direkt ihren Albträumen entsprungen sein musste.

8. Kapitel
    S hio sirrte um ihren Kopf und konnte vor lauter Aufregung kein klares Wort von sich geben. Beruhigend hob Sayuri die Hand. Sie hatte das Irrlicht hinter Marje hergeschickt, doch mit den ersten Strahlen der Sonne war er zurückgekehrt, ohne eine Spur von ihr gefunden zu haben.
    Sayuri hatte die ganze Nacht auf ihn gewartet. Sie wusste, dass sie das Haus nicht verlassen durfte.
    Längst hatte sich die Nachricht, dass die kaiserliche Anordnung nur ein Vorwand war, um die Taller aus der neuen Stadt zu vertreiben, als Fehlschluss herausgestellt. Denn in den letzten Tagen waren mehr und mehr Jugendliche aus der alten wie aus der neuen Stadt in die Verbannung geschickt worden. Einzig die einflussreichsten Liganer hatten ihre Kinder bislang der Hatz entziehen können.
    Doch außer ihnen hielt ein jeder den Atem an, wenn in den frühen Morgenstunden die Soldaten und Söldner gegen die Haustüren hämmerten und Einlass begehrten.
    Sayuri hatten sie bislang verschont. Die Nacht hatte sie mit hängenden Schultern

Weitere Kostenlose Bücher