SB 122 – Gefangene der SOL
befreit.«
»Ich bin gegen jede Gewaltanwendung«, mischte sich der stets besonnene Stadtverwalter Tarnis ein. »Zeit gewinnen bedeutet jetzt alles. Warum geben wir ihnen nicht das verlangte Schiff, allerdings mit der Bedingung, dass sie uns die Geiseln vor dem Start ausliefern?«
»Niemals!«, empörte sich Op. »Das käme einer Niederlage gleich.«
Farckecko, angeblich der reichste Krane von Couhrs, sagte: »Ich wäre bereit, eine namhafte Summe zur Verfügung zu stellen, die wir den Entführern anbieten, zusammen mit einem Schiff, wenn sie Jaagan und den Herzog freilassen.«
»Ich bezweifle, dass die Entflohenen darauf eingehen werden«, bemerkte Baran. »Sie wissen nur zu genau, dass wir sie bis ans Ende des Universums jagen werden, sobald sie die Geiseln aus der Hand geben. Mein Vorschlag wäre, zum Schein auf ihre Forderungen einzugehen und sie zu überwältigen, wenn sie auf dem Weg zu dem versprochenen Schiff sind.«
»Mir geht noch eine andere Sache durch den Kopf«, sagte Tarnis. »An Bord des herzoglichen Schiffes befanden sich zwei Betschiden, und sie sind geflohen. Kommandant Klidser schickte zwar Suchtrupps aus, aber die Entführung des Herzogs bereitet ihm natürlich ebenfalls größte Sorgen. Immerhin gleichen die Betschiden äußerlich diesem Ford. Ich frage mich, ob es einen Zusammenhang gaben kann.«
»Spekulationen!«, sagte Op abfällig.
»Auch Spekulationen führen oft zu verblüffenden Ergebnissen«, warf Baran ein. »Es mag sein, dass die Betschiden besser als wir in der Lage wären, mit den Ausbrechern zu verhandeln – zumindest mit Ford.«
»Du meinst, wir sollten Kommandant Klidser dazu bringen, die Betschiden unbedingt wieder einzufangen?«, fragte Tarnis. »Ein guter Gedanke, Baran.«
16.
Allmählich wurde die Strömung schwächer und der Fluss breiter. Im Osten zog die Dunkelheit herauf. Es war Zeit, sich nach einem geeigneten Übernachtungsplatz umzusehen.
Nur schwerfällig gehorchte das Floß Ruder und Paddel. Brether Faddon und Scoutie hatten Mühe, es schräg zur Strömung in einen stillen Seitenarm zu bringen. Baumkronen neigten sich von beiden Seiten so weit über, dass der Himmel kaum noch zu sehen war.
Die Nacht verlief ruhig.
Am neuen Morgen ließen die beiden Betschiden das Floß wieder stromabwärts treiben.
Bis zum Mittag legten sie kaum mehr als fünf Kilometer zurück, weil die Strömung kaum noch spürbar war. Der Wald war einer unübersichtlichen Insellandschaft gewichen, die ein ausgedehntes Flussdelta prägte.
Scoutie bemerkte das Echsenwesen als Erste. Der Tart stand halb verdeckt von niedrigen Büschen am Ufer einer Insel und sah zu ihnen herüber. Er winkte einladend.
»Wenn der Bursche hier lebt, kann er uns vielleicht helfen.« Faddon ergriff das Paddel. Sein Jagdmesser lag mitten auf dem Floß, Scoutie nahm es schnell an sich.
Der Tart kam ihnen entgegen und half, das Floß so weit auf den flachen Strand zu ziehen, bis es halbwegs unter den Büschen lag. Er deutete auf eine kleine Lichtung.
»Kommt mit, ich habe Fragen an euch.«
»Und wir an dich«, entgegnete Faddon nicht unfreundlich, denn auch der Tonfall der Echse verriet keine Feindseligkeit, nur Neugierde.
Als sie im trockenen Gras saßen, sagte der Tart: »Ich bin Pegev und gehörte zum Wachpersonal der Bromos-Festung. Drei Jahre war ich dort, dann hielt ich es nicht mehr aus, meine gefangenen Artgenossen zu bewachen. Das Leben hier in den Sümpfen ist mir lieber, hier bin ich wenigstens frei. Seid ihr aus dem Festungsgefängnis geflohen?«
Faddon verneinte. Er berichtete knapp, weshalb Scoutie und er sich abgesetzt hatten.
»Sie werden euch intensiver suchen als mich«, befürchtete der Tart. »Vielleicht ist es doch besser, ihr bleibt nicht hier. Schade, ich hätte gern für eine Weile eure Gesellschaft genossen.«
»Wir benötigen ein Schiff, das uns nach Couhrs-Yot bringt.«
Pegev gab einige merkwürdige Geräusche von sich, die wohl Belustigung ausdrücken sollten. »Ein Schiff? Hier auf der Südseite von Berescheide? Hier gibt es nur Sümpfe und Urwald. Ansiedlungen werdet ihr erst weiter im Norden finden, aber wenn ihr euch dort sehen lasst, werden sie euch einfangen und ausliefern. Die Angst, selbst in die Festung zu kommen, ist zu groß.«
»Das sind feine Aussichten«, murmelte Scoutie.
»Überhaupt keine Aussichten«, korrigierte Pegev. »Die beste Lösung für euch ist: Macht euch bemerkbar, wenn ein Suchkommando kommt. Oder beschließt euer Leben auf einer dieser
Weitere Kostenlose Bücher