SB 122 – Gefangene der SOL
Wasseroberfläche bewegte sich ein leichtes Kräuseln auf das Floß zu. Vorsichtshalber zog Faddon den Ast zu sich heran und hob ihn zum Schlag.
Ein schmaler Kopf tauchte dicht neben dem Floß auf, dahinter ein schlanker Schlangenkörper, halb unter Wasser. Das Tier mochte an die fünf Meter lang sein und schien auf die schwimmende Insel klettern zu wollen.
»Festhalten!« Faddon schlug mit dem Ast zu. Zischend verschwand die Wasserschlange im Sumpfwasser und kehrte nicht mehr zurück.
Der Boden war in der Nähe des Ufers noch feucht, dann wurde er trockener und fester. Die beiden kamen nun schneller voran. Einen weiteren kleinen See umrundeten sie, dann erreichten sie den Fluss.
Die Sonne stand inzwischen sehr hoch, es war drückend schwül.
Brether Faddon deutete flussabwärts. »Die Strömung ist zwar nicht besonders stark, aber sie wird uns zur nächsten Küste tragen.«
Sie bauten ein zweites Floß. Mit dem Messer, das er bei sich trug, schnitzte Faddon diesmal ein provisorisches Ruder und zwei Paddel.
»Einer muss das Ruder halten«, sagte Scoutie verwundert. »Warum also zwei Paddel?«
»Wenn wir eins verlieren, haben wir Ersatz.«
Als die Sonne den Zenit überschritten hatte, schoben sie das Floß in die Strömung. Sie kamen zwar nicht besonders schnell, aber mühelos voran.
»Wenn du einen Gleiter am Himmel siehst, steuere das Ufer an«, warnte Faddon. »Die Baumkronen hängen ziemlich weit über und bieten Schutz. Wäre zu dumm, wenn sie uns jetzt noch erwischen.«
»Wer sollte uns noch suchen?«, fragte Scoutie. »Vor allem: warum?«
Am Vormittag meldete sich ein Stellvertreter des Chefs der Schutzgarde. Der Tart Op galt als rücksichtslos und oft sogar ungerecht. In Couhrs-Yot war er unbeliebt. Op starrte Ford ausdruckslos an. »Ich erinnere mich an dich und an dein Verbrechen. Du hast einen Kranen erschlagen und wurdest für schuldig befunden. Warum fliehst du und begehst ein neues Verbrechen, obwohl deine Strafzeit so gut wie abgelaufen ist?«
Ford gab sich alle Mühe, ruhig zu bleiben. »Du weißt so gut wie ich, dass ich das Ausmaß meiner Strafe nicht kannte. Ich musste also annehmen, dass ich weitere zehn oder zwanzig Jahre hier zubringen sollte. Der Fehler liegt bei euch.«
»Du hast dich mit Piraten zusammengetan ...«
»Sie sind Gefangene wie ich. Wir haben das Recht, um unsere Freiheit zu kämpfen – und wir haben ein Faustpfand, den Leiter des Gefängnisses. Wie du siehst, ist er gesund und munter. Der Dicke neben ihm übrigens auch.«
Es sah ganz so aus, als liefe ein leichter Schauer über den Schuppenpanzer des Tarts. »Beide sind zu ersetzen«, sagte er ungerührt.
Es war Zufall, dass Ford in dem Moment zu den Geiseln sah und in den Zügen des dicken Kranen ein zorniges Aufbegehren zu bemerken glaubte. Das war keine Angst, sondern die Wut eines Höhergestellten über die Frechheit eines Untergebenen.
»Nun gut«, sagte Ford, und er war sicher, jetzt zu bluffen. »Wenn unsere Bedingungen nicht erfüllt werden, sterben die Geiseln, dann könnt ihr versuchen, diesen Raum zu stürmen. Wenn wir die Freiheit nicht gewinnen können, ziehen wir den Tod im Kampf vor. Die Entscheidung liegt bei euch.«
Der Tart blickte ihn fest an. »Dich bekommen wir lebend, Ford, dafür sorge ich. Und dann ...« Den Rest ließ Op unausgesprochen.
»Entscheidet euch, die Bedingungen sind bekannt!« Ford schaltete ab.
1-Lindepj deutete auf Jaagan. »Beim nächsten Gespräch schalte dich gefälligst ein und berufe dich auf deine Autorität! Es geht schließlich auch um dein Leben, Jaagan.«
Ford zog sich zur Tür zurück und betrachtete den dicken Kranen eingehender. Nichts an seiner Kleidung wies darauf hin, dass er ein wichtiges Amt bekleidete. Er suchte den Blick des Dicken, begegnete ihm auch, aber die trüb schimmernden Augen verrieten nichts.
Baran saß den drei Vertretern der Regierung gegenüber, die über die zu ergreifenden Maßnahmen berieten und sich alles andere als einig waren.
Op beharrte auf seinem Standpunkt. »Die Forderung der Verbrecher ist nicht zu erfüllen, ob sie nun Jaagan oder Herzog Gu in ihrer Gewalt haben oder nicht. Wir müssen sie überraschen und dabei ein gewisses Risiko eingehen. Ein Paralysefeld, von außen erzeugt, müsste doch ...«
»Wände und Türen sind gegen solche Einflüsse isoliert«, wandte Baran ein.
»Dann sprengen wir die Tür zum Büro. Ehe die Piraten sich von ihrer Überraschung erholen, haben wir sie erledigt und den Herzog und Jaagan
Weitere Kostenlose Bücher