SB 122 – Gefangene der SOL
auf die Unterlippe. »Vielleicht fällt uns mehr ein. Wir werden euch unterrichten, Zufir.«
»Wir können mit den Medikamenten die ganze Gruppe schlafen legen«, sagte der Techniker unverändert ruhig. »Aber wenigstens einer von uns muss hellwach bleiben, damit die Verbindung nicht abreißt.«
Eine junge Frau trat in den Erfassungsbereich der Bildübertragung. »Wie beide bleiben wach«, sagte sie entschieden.
Tomason ahnte, was sich hinter dieser Aussage verbarg. Während alle anderen zur Ruhe kamen, mussten diese beiden warten. Sie würden spüren, wie die Luft immer knapper wurde. Alle Hilfsmaßnahmen, deren Erfolg oder Scheitern, würden sie in einem Wechselbad von Hoffnung und Verzweiflung miterleben.
»Wir melden uns, sobald wir mehr wissen«, versprach Tanwalzen und unterbrach die Verbindung.
»Vielleicht ...«, murmelte Zia Brandström. Nachdenklich sah sie den High Sideryt an. »Wenn wir eine Verbindung zwischen irgendeiner Luftblase und dieser abgeschlossenen herstellen könnten, natürlich ohne dass Mallagan davon erfährt, dann würden wir der Gruppe das Überleben sichern.«
»Wir müssten Leute in Raumanzügen hinausschicken«, sagte Tomason. »Und sie werden kaum zu uns zurückkehren können. Unsere Ressourcen schrumpfen bei jeder Aktion weiter.«
»Das Risiko müssen wir eingehen«, sagte Tanwalzen. »Ich halte Zias Vorschlag für praktikabel.«
Tomason dachte kurz nach, dann erklärte er sich einverstanden.
29.
Der Fremde hob die Hand. Es war die altbekannte Grußgeste. Brether Faddon zögerte einen Augenblick, dann erwiderte er die Geste.
Kommt mit!, bedeutete der Fremde den Betschiden.
Die erste Beklommenheit verflog. Offenbar waren diese Leute doch keine Feinde. Immerhin, es war erschreckend genug, dass sie sich ohne Raumanzug im luftleeren Raum bewegten.
Gemeinsam setzten sie den Weg in das SOL-Mittelteil fort.
Faddon fragte sich mittlerweile, ob das die Mitglieder der Erntemannschaft sein konnten. Der Gedanke erschien ihm absurd, war aber nicht völlig von der Hand zu weisen. Die Techniker hatten sie als »die Gläsernen« bezeichnet, ein Name, der durchaus passte. In der Tat schien die rötliche Haut dieser Wesen gläsern zu sein.
Einer der Fremden ließ die Gruppe anhalten. Ein Schott schloss sich hinter ihnen, dann ertönte ein lauter werdendes Zischen.
Faddon schaute auf den Druckmesser. Der Raum wurde mit Sauerstoff geflutet. Nach kurzer Zeit konnten Scoutie und er den Helm abnehmen.
»Willkommen«, sagte der Anführer der Gruppe. »Es wurde Zeit, dass sich jemand um uns kümmert.«
»Hm«, machte Scoutie.
»Hat Tanwalzen euch geschickt? Wieso gibt es keine Interkomverbindung mehr? Und warum herrscht in weiten Teilen des Schiffes Vakuum?«
»Viele Fragen auf einmal«, sagte Faddon.
Er hatte die Wahrheit schon erkannt. Scoutie und er waren auf Vertreter jener Spezies gestoßen, die sie eingesargt an Bord der havarierten SOL gefunden hatten. Der Körper jedes dieser Wesen wurde vollständig von einer riesigen Buhrlonarbe bedeckt.
Faddons Gegenüber wurde allmählich misstrauisch. »Wer seid ihr?«, fragte er.
»Betschiden vom Planeten Chircool«, antwortete Scoutie hastig. »Wir sind Gäste an Bord.«
Der Gläserne stieß einen Laut des Unwillens aus. »Was ist nur in Tanwalzen gefahren, dass er uns zwei Leute schickt, die von nichts eine Ahnung haben?«, sagte er grimmig. »Glaubt er, wir hätten nichts Besseres zu tun?«
»Es ist ein Zufall«, gestand Scoutie. »Das Schiff befindet sich unter der Kontrolle eines Mannes, der sich gegen Tomason und Tanwalzen auflehnt – dieser Mann war bis vor Kurzem unser Freund. Er trägt vier Spoodies.«
»Heilige SOL!«, entfuhr es dem Gläsernen. »Das kann kein Mensch aushalten. Euer Freund wird daran sterben.«
»Aber vorher versucht er, uns umzubringen«, sagte Faddon. »Er will nach Kran fliegen und vermutlich das Orakel angreifen. Warum, wissen wir nicht.«
»Ihr seid die Erntemannschaft, nicht wahr?«, fragte Scoutie schnell.
»Wir sind die Buhrlos, das ist richtig.«
»Buhrlos? Dann ...«
»Wir sind miteinander verwandt«, stellte der Gläserne fest, und es klang fast ein wenig melancholisch. »Unsere Spezies ist aus den Reihen der Solaner hervorgegangen.«
»Das wissen wir«, bestätigte Faddon. »Ich selbst trage zwei Buhrlonarben am Leib.«
»Was sollen wir unternehmen?«, rief eine Frau im Hintergrund. »So kann es jedenfalls nicht weitergehen.«
Brether Faddon kniff die Augen zusammen. »Mallagan hat euch
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