SB 122 – Gefangene der SOL

geht es weiter?«, fragte der Haluter. »In welche Richtung wenden wir uns?« Er zeigte auf Solto Danc, der unschlüssig an einer Gabelung des Korridors stand.
    »Nach rechts«, sagte Tosen.
    »Nach rechts!«, brüllte Jocain, als brauchten sie die Sicherheitsorgane und Abwehrsysteme des HQ Hanse nicht zu fürchten.
    »Das geht nicht«, antwortete Solto Danc. »Dort wird soeben ein Panzerschott geschlossen.«
    Bruke Tosen sah, dass sich etwa hundert Meter entfernt ein graues Stahlschott von oben in den Gang schob. Es war so dick, dass es selbst von den Halutern nicht durchbrochen werden konnte. »Wir müssen weiter!«, schrie er. »Anders schaffen wir es nicht.«
    Danc zögerte nicht länger. Er stürmte den Gang entlang, warf sich etwa zehn Meter vor dem Schott auf den Boden und rutschte bis in den Durchgang. Keuchend stemmte er seine vier Arme und die Beine in die Höhe und hielt das Schott auf.
    »Beeilen Sie sich!«, rief er dröhnend. »Lange kann ich mich hier nicht halten.«
    Kada Jocain rannte auf das Schott zu. Einige Meter davor ließ er Tolot von seinem Rücken rutschen, packte ihn an einem Bein und zerrte ihn hinter sich her. Jocain zog den Bewusstlosen unter dem Schott hindurch auf die andere Seite.
    »Sie können loslassen!«, brüllte er Solto Danc zu.
    »Nein, noch nicht!«, schrie Bruke Tosen entsetzt. Er war noch etwa dreißig Meter von dem Schott entfernt, als Solto Danc sich zur Seite wälzte. Der Stahlflügel senkte sich mit beängstigender Geschwindigkeit herab.
    Tosen wollte auf keinen Fall zurückbleiben. Er dachte daran, wie Danc unter dem Schott hindurchgerutscht war, und lief los. Das Schott schien schneller zu fallen, je weiter er sich ihm näherte. Fünf Meter davor warf sich Tosen auf den Boden und rutschte auf dem Bauch weiter. Im letzten Moment befürchtete er, es nicht schaffen zu können. Zu schmal war der Spalt zwischen Schott und Boden schon geworden. Doch schon glitt er hindurch, schaffte es nur mit den Beinen nicht ganz.
    Solto Danc packte zu und riss ihm den Arm fast aus der Schulter. Bruke Tosen schrie schmerzgepeinigt auf, da wirbelte er schon über den Boden. Nach etwa zwanzig Metern prallte er gegen die Wand.
    Das dumpfe Krachen, mit dem sich das Schott geschlossen hatte, dröhnte Tosen in den Ohren. Schreckensbleich blickte er zurück. Er hatte das Gefühl, dass Danc ihm zumindest den Arm ausgekugelt hatte, und er erwartete, dass der Haluter sich dafür entschuldigen würde. Aber weder Solto Danc noch Kada Jocain beachteten ihn. Gemeinsam trugen sie Tolot weiter.
    Ächzend schaffte Bruke Tosen es auf die Beine. »Wartet nur, ihr Schufte«, sagte er grimmig. »Irgendwann zahle ich euch das heim.« Die linke Hand um die schmerzende rechte Schulter verkrallt, eilte er hinter den Riesen von Halut her.
    »Ich bin ein Mensch!«, rief er keuchend, als er sie überholte. »Ich habe nicht die Möglichkeit, meine Molekularstruktur zu verändern. Wenn ihr mir einen Arm ausreißt, dann ist er zum Teufel.«
    Die beiden Haluter beachteten ihn nicht. Wortlos marschierten sie weiter.
    Tosen fluchte lautlos. Die Schmerzen in der Schulter hinderten ihn daran, die beiden Kolosse genauer zu beobachten. Hätte er es getan, wäre ihm sicherlich einiges aufgefallen, was ihn hätte misstrauisch machen können.
    So aber lief er vor ihnen her bis zum nächsten Antigravschacht. Er sprang als Erster hinein und schwebte vor den Halutern aufwärts. Inzwischen war er sicher, dass er alle Hindernisse aus dem Weg geräumt hatte. Nur noch wenige Hundert Meter trennten ihn und die Haluter von dem Landefeld, und bislang schien niemand Alarm ausgelöst zu haben.
    Als er den Antigravschacht verließ, wandte Bruke Tosen sich nach rechts und betrat einen schräg weiter aufwärtsführenden Korridor.
    Keine fünfzehn Meter entfernt stand ein Roboter. Kein Kampfroboter, doch eine Maschine, die einen klobigen Paralysator in Händen hielt. Tosen rannte los, ohne nachzudenken.
    Der Roboter schoss. Die Paralysestrahlen trafen Bruke Tosens Schulter. Er hätte sich noch auf den Beinen halten können, erkannte aber, dass er damit nur einen weiteren Schuss provoziert hätte. Deshalb ließ er sich fallen und registrierte gleichzeitig erleichtert, dass er die Schmerzen in der Schulter nicht mehr spürte. Kaum lag er am Boden, rasten die beiden schwarzen Kolosse an ihm vorbei.
    Erst prallte Solto Danc gegen den Roboter und schleuderte ihn zur Seite. Dann peitschte Kada Jocain die Maschine mit einer Armbewegung gegen die Wand.