SB 122 – Gefangene der SOL
hütete sich Doevelynk vor einem raschen Gegenzug. Mallagan will mich irritieren!, dachte er und überlegte, welche Reaktion angebracht war. Am sichersten wäre es gewesen, Orscal zurückzuholen. Auf diese Weise hätte er den halbherzigen Angriff zwar sofort zurückschlagen können, aber dabei hätte er die eigene Angriffsstellung aufgeweicht. Das war es vermutlich, was Mallagan erwartete. Der Betschide hatte erkannt, dass er auf Dauer den Angriffen nicht standhalten konnte. Sein Zug war tatsächlich ein verzweifelter Schritt.
Ich werde mich nicht beirren lassen!, entschied Doevelynk.
»Wir holen uns einen seiner Helfer, Orscal«, wandte er sich an das Vogelwesen. »Das wird deine Aufgabe. Danach warten wir ab, was er tut. Wenn er leichtfertig genug ist, seine Deckung weiter zu entblößen, dringen wir tiefer in seinen Bereich ein. Es gibt dann kein Zurück mehr für ihn.«
Er erklärte Orscal den nächsten Zug.
Der Mousur wechselte die Kammer. Damit bedrohte er einen der Helfer, die die Stellung des Lyskers in der äußersten oberen Ecke bewachten.
Mallagan schien diesmal nicht nachzudenken. Er reagierte sofort, indem er persönlich nach unten rückte, um seine im gegnerischen Bereich stehende Figur zu unterstützen.
Er hat die Nerven verloren!, konstatierte Doevelynk.
Aber er blieb vorsichtig. Der Tart rechnete aus, wie viele Züge Mallagan brauchte, um ihn direkt anzugreifen. In der Zwischenzeit musste es ihm gelingen, den Lysker mit dem schwarzen Stoffband anzugreifen.
Mallagan benötigte vier Züge, um Doevelynk zu bedrohen. Umgekehrt würde Doevelynk mit drei Zügen vor dem Lysker stehen. »Ich werde dir immer einen Schritt voraus sein!«, sagte der Tart zufrieden und schlug einen von Mallagans Helfern aus dem Spiel. Nun benötigte er noch zwei Positionswechsel, um den Lysker direkt angreifen zu können.
Mallagan zuckte merklich zusammen. Er schien zu begreifen, dass er mit dem Wechsel seiner Spielweise einen schlimmen Fehler begangen hatte. Doch es war zu spät für ihn, zurückzueilen und die eigene Abwehr zu unterstützen. Andererseits konnte er Doevelynk nicht schnell genug direkt bedrohen, um die eigene Verteidigung zu entlasten.
»So ist das, mein Freund«, murmelte der Martha-Martha-Meister mitleidig. »Nun hat es dich erwischt.«
Diesmal hatte Doevelynk das Bauernopfer angenommen, und Mallagan wusste auch, warum. Der Tart glaubte, dass er den schwarzen König in die Enge treiben konnte, bevor Mallagans Angriff Erfolg haben würde.
Dem Jäger von Chircool war klar, dass sein nächster Zug über den Ausgang entscheiden würde. Doevelynk hatte auf Mallagans Scheinangriff nicht reagiert, aber er hatte sich davon ablenken lassen. Der Betschide entblößte seine Verteidigung nun völlig und bewegte seinen letzten Turm in die unterste Ebene. Auf diese Weise bedrohte er einen weißen Springer. Wenn Doevelynk den Springer bewegte, musste er damit rechnen, dass Mallagan mit dem nächsten Zug Schach bot. Ließ der Tart den Springer jedoch stehen, würde er ihn verlieren und sich im übernächsten Zug einem Angriff des schwarzen Turmes ausgesetzt sehen.
Doevelynk schien seiner Sache ziemlich sicher zu sein. Er bewegte seine Dame erneut.
Mit dem nächsten Zug wird er mich matt setzen – wenn ich ihm Gelegenheit dazu lasse, dachte Mallagan. Er zog den Läufer.
»Schach!«, sagte er unwillkürlich, obwohl er sicher war, dass Doevelynk ihn nicht hören konnte. Aber der Tart hätte dieses Wort sowieso nicht verstanden.
Doevelynk handelte so, wie Mallagan es erwartet hatte. Er brachte seinen bedrohten Springer zwischen sich und den angreifenden Läufer.
Mallagan wechselte in eine andere Kammer hinüber. »Schach!«, sagte er abermals und gleich darauf: »Schach matt!«
Bei allen Geistern der SOL!, dachte er ungläubig. Ich habe das Spiel tatsächlich gewonnen.
Doevelynk sah sich plötzlich von schwarzen Figuren umringt, die ihn alle direkt bedrohten. Er konnte den letzten, alles entscheidenden Angriffszug nicht durchführen, weil er sich selbst in Sicherheit bringen musste. Keine seiner Figuren war jedoch so günstig postiert, dass er sie zwischen Mallagan und sich bringen konnte.
Ich muss mich selbst in Sicherheit bringen!, erkannte er. Aber es gab nur eine Kammer, die er aus seiner aktuellen Position erreichen konnte. Alles Blut wich ihm aus dem Gesicht. Das konnte nicht sein! Es musste einen Ausweg geben. Er bebte regelrecht.
Die Niederlage, die er bisher kaum in Erwägung gezogen hatte,
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