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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Befehle, die Bashar ausführen soll. Ein Satellit rotiert um seine Achse und visiert ein Ziel in den Cascades an.
    Kinder rennen durch das Bärengras und schreien die Blüten an. Stadtbaupläne werden in Quantenmatrizes gespeichert, die in kleine Flusskiesel eingebettet sind, die in einer Handfläche Platz haben. Die Stille in den hochgelegenen Wäldern erinnert an die Zeiten, noch bevor die ersten Stammesverbände auf schwieligen Füßen hier durchzogen.
    Die Welt geht den Bach runter, aber sie wird immer aufs Neue wiedergeboren. Küstenlinien verändern sich und bilden neue Strände. Überflutungen ziehen sich zurück, und eine Taube sitzt auf einem ertränkten Olivenzweig. Imperien gehen unter, aber die Menschen brechen weiter den Boden auf, um Getreide zu säen, und ihre Enkelkinder fertigen Aufzeichnungen an, und alles beginnt von neuem.
    Kapital, Rebellion, Chaos, Klimawandel. Das alles kommt zusammen, damit alles noch einmal auseinandergenommen werden kann.
    Wir fragen uns, ob es eine Rolle spielt, wie er starb. Der Mord an der Stadt wird früh genug kommen – noch heute, in den nächsten Monaten oder erst in zehn Jahren. Letztlich macht es keinen Unterschied.
    Tygres Eintopf, sein Gesang, wie er diese grüne Stadtlandschaft in einen einfachen Geschmack und ein paar Worte gebannt hat – das ist der Wind, der die Saat zerstreuen wird. Andere Berge, andere Wiesen, Flussmündungen, die nie einen in den Himmel aufragenden Vulkan sahen. Es spielt keine Rolle. Die Stadt wird geboren und wiedergeboren, und jede Vernichtung wird wie das Zertreten von Regenwürmern nach einem Gewitter sein.
    Und diesmal haben das Kapital, die Rebellion und die uralte Gelehrsamkeit gemeinsam dafür gesorgt, dass es einen künftigen Neubeginn gibt, ohne dass sämtliche Lektionen der Vergangenheit wiederholt werden müssen. Wir überschreiten eine Schwelle, wir schütteln die Große Wissenschaft und die Große Industrie ab, um uns den kleinen Dingen zu widmen, die sich in der Tasche herumtragen lassen und eine Generation überdauern.
    Ideen, Ideale und eine ganze Menge Liebe in einer grausamen und sterbenden Welt.

    Bashar sitzt bei Anna Chao, als sie den Grabstein graviert. Diese Feinarbeit passt eigentlich nicht zu ihrer Art, wie sie Stein formt. Mit Quadern und Platten kann sie besser umgehen. Trotzdem muss es irgendjemand tun, und zwar bei Tageslicht, denn für diese feinen Gravuren ist dunkler Schatten ungeeignet.
    Anna graviert eine Flamme, obwohl die Stadt noch nicht gebrannt hat. Die Menschen verlassen sie ohnehin. Sie suchen nicht überstürzt Zuflucht, sondern brechen in Zweier- oder Zehnergruppen auf. Die Geheimgesellschaften von Paaren und das Stammesprinzip von Arbeitergruppen.
    Alle haben Steine dabei, und jeder dieser Steine ist voller Daten. Die meisten nehmen auch Werkzeug mit, genügend einfache Keile und Hämmer und Schmelztiegel, um innerhalb eines Jahres an einem anderen Ort in der Wildnis wieder in Gang zu kommen.
    Das Grab enthält drei Leichen. Tygre liegt in den Armen zweier Frauen, die sich gar nicht kannten. Am Ende ist es Bashar, der ihr Blut an den Händen hat. Das ist seine Bestimmung – den einzigen Mann zu töten, den er jemals geliebt hat, und Augenblicke später die zornigen Assassinen zur Strecke zu bringen.
    Auch seine Tage sind gezählt. Die Pfeile, die seinen Arm aufrissen, haben eine Lähmung hinterlassen, die sich für seine Arbeit als fatal erweisen wird. Doch Bashar bekümmert es nicht sonderlich. Er will nur ein paar Dinge in Ordnung bringen, bevor er allein loszieht. »Es könnte etwas länger dauern«, wird auf seinem Grabstein stehen, ein Satz aus einer fast vergessenen Geschichte, in der jedoch immer noch eine tiefe Wahrheit steckt.
    Ein Fremder nähert sich durch die Wälder, ein Mann, der es offensichtlich nicht gewohnt ist, Straßen entlangzurennen. Bashar blickt dem Neuankömmling in die Augen, eine alte, aber funktionsfähige Pistole in der gesunden linken Hand.
    »Die brauchen Sie nicht«, sagt William Silas Crown. »Ich wollte es nur mit eigenen Augen sehen.« Er deutet auf das Grab.
    Bashar weiß, dass es keinen Sinn hat, nach dem Wie zu fragen. Tygres Flamme war viel zu gut sichtbar in den nachtdunklen Wäldern von Cascadiopolis. Doch eine Frage hat er. »Haben Sie ihn geschickt?«, will Bashar von Crown wissen.
    »Ich dachte es«, antwortet Crown langsam. »Aber letztlich wurden wir beide benutzt, Sie und ich.«
    Bashar, Anna und Crown bleiben bis zum Abend am Grab und

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