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Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Titel: Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Baraldi
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in Lavinias dunkle Augen, die mich von oben herab ansehen. Neben ihr steht Sofia, die Tochter des Rektors, und etwas weiter weg Federica aus meiner Klasse. Doch die weicht meinem Blick aus und scheint sich für das, was hier geschieht, zu schämen. Aber was geschieht hier eigentlich?
    »Genau dich habe ich gesucht«, sagt Lavinia. Sie trägt beige Wildlederstiefel, Ton in Ton mit den Leggings. Goldener Lidschatten auf den Augen, die Lippen glitzern in Altrosa. Perfekt gestylt.
    »Was ist? Ich hab’s eilig.«
    »Habt ihr gehört? Sie hat’s eilig …« Ein mehrstimmiges schrilles Gelächter. »Also, normalerweise vermeide ich es ja, mich unter Leute zu mischen, die ich nicht kenne. Jedenfalls wenn es geht. Aber wenn so eine kleine Schmeißfliege mich belästigt, bin ich gezwungen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.«
    Ich ahne, dass mit dieser lästigen Schmeißfliege ich gemeint bin. Stumm und verlegen bleibe ich stehen. Sofia macht einen Schritt auf mich zu. »Wir wissen, dass du dich an die Jungs aus der Schule ranmachst. Und dass du mit einem flirtest, mit dem du das besser nicht tun solltest …« Sie spuckt die Worte förmlich aus, lässt sie zischen wie giftige Klapperschlangen. Ich suche Federicas Blick. Ganz bestimmt hat sie verraten, dass ich mich mit Umberto getroffen habe. Sie spielt verlegen mit einer ihrer Locken und weicht meinem Blick aus.
    »Ich habe mit niemandem geflirtet!«
    »Du solltest dich lieber nicht mit mir anlegen«, sagt Lavinia in drohendem Ton.
    »Alles in Ordnung bei dir, Scarlett?«, fragt Pietro mit rotem Gesicht. Er ist größer und breiter als jede von uns, und in seinen sonst so sanften Augen scheint etwas wie Wut zu liegen, aber vielleicht ist es auch Sorge.
    »Ja, alles in Ordnung.«
    »Noch so ein Hündchen, das gleich angelaufen kommt, um sie zu retten«, meint Sofia mit hämischem Kichern.
    Sie verziehen sich so rasch, wie sie gekommen sind. Pietro und ich wechseln stumm einen langen Blick.
    »Haben sie dich belästigt?«
    »Halb so schlimm. Aber ich bin froh, dass du gekommen bist!«, gebe ich zu.
    Später, in der Bibliothek, suche ich mir ein paar Bücher aus, um sie nach Hause mitzunehmen, und ein Werk über Kunstgeschichte, in dem ich gleich hier stöbern will. Ich verspüre das Bedürfnis, mir etwas Schönes anzusehen.
    Ich blättere und lese darin. Pietro beobachtet mich stumm. Ein seltsamer Junge. Er wirkt wie der gute Riese aus dem Märchen. Im Unterricht hängt er immer mit Lorenzo zusammen, der das genaue Gegenteil von ihm ist, denn der sieht gut aus und ist sich seiner Wirkung voll bewusst, er hat die typische Lässigkeit eines Sportlers. Wenn man die beiden beobachtet, hat man den Eindruck, dass immer bloß Lorenzo redet und Pietro ihm einfach zuhört.
    »Wo ist Lorenzo?«, frage ich Pietro.
    »Er ist nach Hause gegangen.«
    »Und warum bist du nicht bei ihm, wie sonst?«
    »Ich habe gesehen, dass Lavinia und ihre Freundinnen dir gefolgt sind, ich war halt besorgt. Stört dich das?«
    »Nein, ganz bestimmt nicht. Danke.« Ich hatte natürlich absolut nichts bemerkt. Wenn ich herumlaufe, neige ich dazu, mit meinem Kopf ganz woanders zu sein. Eigentlich bin ich immer mit dem Kopf ganz woanders.
    »Guten Tag, Mademoiselle.« Edoardo!
    »Ihnen auch einen guten Tag, äh, ich wollte sagen, dir auch.«
    »Wie ich sehe, hast du dir heute einen kleinen Büchervorrat zugelegt.«
    »Ja, ich konnte mich nicht zwischen Rot und Schwarz und Madame Bovary entscheiden.«
    » Madame Bovary , Flauberts erster Roman. Der Autor wurde sofort nach seinem Erscheinen wegen Verletzung der öffentlichen Moral angeklagt. Und später ist das Buch ein Bestseller geworden. Das Leben geht schon seltsame Wege, nicht?«, sagt er und rückt sich dabei die Brille auf der Nase zurecht.
    »Das Gleiche denke ich auch immer.«
    Edoardo dreht uns den Rücken zu. Er lässt seine Finger feierlich über die Buchrücken auf dem Regal neben uns gleiten. Es wirkt, als würde er den Schwingungen nachspüren, die sie aussenden, er sieht dabei aus wie ein Zauberer, der gleich seine Formel sprechen wird. Plötzlich hält er inne und nimmt ein Buch heraus, schlägt scheinbar zufällig eine Seite auf und liest vor: »Bücher entstehen aus der Suche nach Antworten.«
    Pietro sieht mich an und zuckt nur wortlos mit den Achseln. Ich wende mich wieder meinem Kunstbuch zu und blättere weiter darin.
    Bücher entstehen aus der Suche nach Antworten , wiederhole ich stumm für mich. Ich hätte jetzt so dringend

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