Scarpetta Factor
vergleichen.«
»Wir gehen nach Suchbegriffen oder Kategorien vor, nicht nach Bildern. Eines Tages vielleicht«, erwiderte Petrowski.
»Wie schaffen Sie es dann, die Bilder oder Fotos, die Sie brauchen, zu googeln und sie herunterzuladen?«, fragte Marino.
Er konnte den Blick nicht von dem Selbstmordkandidaten abwenden. Es stimmte. Offenbar hatte er wirklich seine Meinung geändert. Aber warum? Höhenangst? Oder ging es ihm wirklich nur um die gottverdammte Aufmerksamkeit? Herr im Himmel! Hubschrauber, Polizisten und eine Live-Übertragung im Fernsehen. Vielleicht hatte der Mann ja beschlossen, weiterzumachen und auf die Titelseite von People zu kommen.
»Indem man nach Begriffen, nicht nach dem tatsächlichen Bild sucht«, erklärte Petrowski geduldig. »Die Suche nach einem Bild erfordert die Eingabe eines oder mehrerer Begriffe. Sehen Sie unser Logo da drüben an der Wand? Sie tippen den Begriff RTCC Logo oder Emblem ein, und dann findet die Software das Bild oder die Bilder, die zu diesen Suchbegriffen passen – und sogar den dazugehörigen Ort.«
»Die Wand?« Verdattert betrachtete Marino die Wand, an der das Logo, ein Adler und amerikanische Flaggen, prangte.
»Nein, der Ort ist nicht die Wand, sondern eine Datenbank, in unserem Fall ein Datenlager, weil das System ziemlich umfassend und vernetzt geworden ist, seit wir begonnen haben, die Informationen zentral zu speichern. Jeder Haftbefehl, jede Straftat, jeder Bericht, jede Waffe, jede Landkarte, jede Festnahme, jede Beschwerde, jede Vorladung, jedes angehaltene Auto, jede Befragung, jede Leibesvisitation, jeder jugendliche Straftäter, also alles, was Sie wollen. Es handelt sich um die gleiche Analyse von Verknüpfungen, wie wir sie auch in der Terrorismusbekämpfung anwenden«, erläuterte Petrowski.
»Gut, und wenn Sie Bilder verknüpfen könnten«, meinte Marino, »hätten Sie die Möglichkeit, Terroristen zu identifizieren. Ein anderer Name, aber dasselbe Gesicht. Warum also machen wir es nicht? Mann, fast hätten sie ihn erwischt! Mein Gott. Weshalb müssen wir uns wegen so einem Verlierer von einer Brücke abseilen?«
Polizisten vom Notfalleinsatzkommando, mit Brustgurten und an Seilen hängend, näherten sich von drei Seiten.
»Weil uns noch die technischen Voraussetzungen fehlen. Irgendwann vielleicht«, antwortete Petrowski, völlig uninteressiert an dem Selbstmordkandidaten und seinem Überleben. »Wir verknüpfen amtliche Informationen wie Adressen, Örtlichkeiten, Gegenstände oder andere große Datensammlungen, aber keine Fotos von Gesichtern. Wenn Sie etwas finden, dann wegen des richtigen Suchbegriffs, nicht wegen der Abbildung der Tätowierung. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill? Ich habe nämlich den Eindruck, dass Sie mir nicht ganz folgen können. Vielleicht sollten Sie sich auf mich und die Vorgänge in diesem Raum konzentrieren anstatt auf die George Washington Bridge.«
»Ich wünschte, ich könnte sein Gesicht besser sehen«, sagte Marino in Richtung des Flachbildschirms, der den Selbstmordkandidaten zeigte. »Etwas an ihm kommt mir bekannt vor. Als ob ich ihm schon mal irgendwo begegnet wäre.«
»Sie können ihm überall und nirgendwo über den Weg gelaufen sein. Heutzutage nimmt es immer mehr überhand. Ich finde das einfach nur egoistisch. Wenn man Schluss machen will, nimmt man keine anderen Leute mit, bringt nicht seine Mitmenschen in Gefahr und verursacht dem Steuerzahler Kosten. Die heutige Nacht wird er wohl im Bellevue verbringen. Und morgen erfahren wir dann, dass er an irgendeinem krummen Deal beteiligt war. Wir hatten gerade eine Mittelkürzung von einhundert Millionen Dollar und verschwenden trotzdem unser Geld, um seinen Arsch von dieser Brücke zu holen. Und in einer Woche fällt ihm bestimmt eine andere Methode ein, sich umzubringen.«
»Nein, er tritt in der Late Show von David Letterman auf«, erwiderte Marino.
»So etwas macht mich stinksauer.«
»Schalten Sie noch mal zurück zu der Tätowierung dieses Penners, die mit dem Mount Rushmore«, sagte Marino und griff nach seiner Kaffeetasse, während die Kollegen vom Notfalleinsatzkommando ihr Leben aufs Spiel setzten, um jemanden zu retten, der es nicht wert war. Typen wie ihn gab es hundertfach. Inzwischen hätte er längst springen sollen, damit die Küstenwache ihn aufsammeln und in die Gerichtsmedizin bringen konnte.
Petrowski öffnete noch einmal die Datei auf dem Bildschirm eines Laptops und zog das Bild mit der Maus auf eine große,
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