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Scarpetta Factor

Scarpetta Factor

Titel: Scarpetta Factor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Daniels Cornwell
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alles Menschenmögliche tun, um hineinzugelangen und sie zu finden. Heimlich steckte sie ein hydraulisches Werkzeug in die Tasche und packte dann in aller Seelenruhe das Thermal-Imaging-Fernrohr, eigentlich ein tragbares FLIR, ein, das sie Marino zum letzten Geburtstag geschenkt hatte. Sie hatte das gleiche Gerät in ihrem Helikopter.
    »Eigentlich bin ich ja keine Freundin von politischen Feinheiten«, sagte Lanier.
    »Der Einwand hat jedoch etwas für sich«, entgegnete Benton mit vor Ungeduld angespannter Stimme. Er klang besorgt und ratlos. »Was, wenn wir die Tür eintreten und sie gemütlich beim Kaffee zusammensitzen? Allerdings ist meine größere Befürchtung, dass wir es mit einer Geiselnahme zu tun haben, die durch unser Eingreifen eskalieren könnte. Außerdem bin ich unbewaffnet«, wandte er sich vorwurfsvoll an Marino.
    »Du weißt, was ich dabeihabe«, sagte Marino zu Lucy. Eine unausgesprochene Anweisung. Lucy griff nach einer schwarzen Hülle, etwa so groß wie ein Tennisschläger, allerdings mit der eingestickten Aufschrift Beretta CX4 versehen, die sie Benton reichte. Er schulterte sie, und Lucy klappte den Kofferraum zu. Sie wussten nicht, wer sich im Gebäude oder der näheren Umgebung aufhielt, rechneten aber mit Jean-Baptiste Chandonne. Es konnte durchaus sein, dass er sich als Bobby Fuller oder als ein anderer ausgab. Er arbeitete mit Helfershelfern zusammen, die alle seine Befehle ausführten. Üble Gestalten, die bereit waren, so tief zu sinken wie er. Falls Benton ihm in die Arme lief, wollte er nicht gezwungen sein, sich mit bloßen Händen zu verteidigen. Er verließ sich lieber auf seinen kompakten Beretta-Karabiner.
    »Ich würde vorschlagen, dass wir das Sondereinsatzkommando anrufen und eine Einheit herbeordern, die das Gebäude stürmt.« Lanier hielt sich zurück, da sie dem NYPD nicht ins Handwerk pfuschen wollte.
    Marino antwortete nicht, sondern betrachtete das Haus. »Wann war das?«, fragte er Lucy. »Wann hast du den Störsender zuletzt gesehen?«
    »Vor einigen Jahren«, erwiderte sie. »Er hatte ihn mindestens seit den frühen Neunzigern. Es ist ein starker Störsender, der Frequenzen zwischen zwanzig und dreitausend Megahertz lahmlegen kann. Die Funkgeräte der New Yorker Polizei haben achthundert Megahertz und würden uns da drin einen Dreck nützen. Das Gleiche gilt für Mobiltelefone. Wollt ihr einen kleinen taktischen Tipp hören? Ich stimme zu.« Sie sah Lanier an. »Holt eine Mannschaft des Sondereinsatzkommandos her. Die Tür aufzubrechen ist nämlich nicht das Problem. Die Frage ist vielmehr, was wir tun, falls wir auf Widerstand stoßen, denn wir haben keine Ahnung, wer zum Teufel im Haus ist. Wer allein eindringt, riskiert, dass er entweder abgeknallt oder von IBM gekreuzigt wird. Ihr könnt es euch aussuchen.«
    Äußerlich wirkte Lucy ganz ruhig, obwohl sie sich kaum noch beherrschen konnte und keine Lust hatte, auf jemanden zu warten.
    »Auf welcher Funkfrequenz bist du, falls ich jemandem begegne?«, fragte sie Marino.
    »Eins«, erwiderte er.
    Lucy eilte in Richtung Central Park South, bog um die Ecke und rannte los. Auf der Rückseite der Villa führte ein gepflasterter Weg zu einer Garage aus Holz, deren schwarz gestrichene Schwingtür sich nach links öffnete. Ganz in der Nähe stand ein uniformierter Polizist, den Lucy schon zuvor getroffen hatte. Er leuchtete das Gebüsch mit seiner Taschenlampe ab. Die vier Fenster über ihm waren dunkel. Nirgendwo brannte Licht.
    »Ich sage Ihnen was«, meinte Lucy, öffnete die Tasche und holte das Thermal-Fernrohr heraus. »Ich bleibe hier und taste die Fenster nach Wärme ab. Vielleicht könnten Sie zur Vorderseite gehen. Sie überlegen, ob sie die Tür eintreten sollen.«
    »Mir hat niemand Bescheid gegeben.« Als der Polizist ihr das Gesicht zuwandte, konnte sie seine Züge im Dämmerschein der Straßenlaterne nicht ausmachen. Offenbar wollte er Bergers kleinem Computergenie auf freundliche Weise mitteilen, es solle sich zum Teufel scheren.
    »Das A-Team ist unterwegs. Niemand wird Sie anfunken. Sie können ja Marino kontaktieren. Er ist auf Frequenz eins.« Lucy schaltete das Thermal-Fernrohr ein und richtete es auf die Fenster über ihnen. Im Infrarotlicht wirkten sie gräulich grün. Die zugezogenen Vorhänge waren schmutzig weiße Flecken. »Vielleicht abstrahlende Hitze von den Fluren«, stellte sie fest. Der Polizist entfernte sich.
    Endlich war er verschwunden. Unterwegs zu einer Erstürmung des Hauses, die

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