Scarred Heart (German Edition)
Geschichte. Daraufhin hatte sein großer Bruder ein Haus gekauft, ihn kurzerhand eingepackt und mitgenommen.
Marius war ihm heute noch dankbar. Hier musste er sich nicht verstecken, konnte seinen Alltag so gestalten, wie es ihm gefiel. Bisher zumindest.
Mit R afael änderte sich alles. Er weckte Sehnsüchte und Hoffnungen, die Marius begraben geglaubt hatte. Er sehnte sich mehr denn je nach einem Menschen, der sein Leben mit ihm verbringen würde, der ihn anfasste ohne Ekel oder Mitleid. Der ihn so nahm, wie er war. Sein blutendes Herz wollte Rafael. Sein Verstand sagte NEIN!
Marius rollte sich auf der Seite zusammen, das Kissen immer noch an sich gedrückt. Was sollte er tun? Sollte er überhaupt etwas machen? Er wusste es nicht.
Als es an seiner Tür klopfte, schrak er hoch. Verwirrt blinzelte er, sah sich um. Wieder klopfte es. „Ari, mach auf. Bitte. Du hast den ganzen Tag noch nichts gegessen. Komm schon, es ist auch keiner da!“
Marius Blick fiel auf den Digitalwecker auf seinem Nachttisch. Acht Uhr am Abend! Er hatte fast den ganzen Tag geschlafen. Hastig stand er auf, schloss die Tür auf und öffnete seinem Bruder. Der sah mit einem Blick, was los war und schmunzelte. „Na, du Murmeltier, auch mal aus dem Bett gefallen?“
Marius nickte, gähnte und warf sich dann Marek in die Arme. Überrumpelt zog der ihn an sich, drückte seinen Bruder fest an die Brust. „Hey, was ist den los? Hast du schlecht geträumt?“, fragte er. Marius schüttelte den Kopf, presste sein Gesicht in Mareks Brust. Er brauchte jetzt einfach jemanden, der ihn fest hielt. Der ihn so nahm, wie er war. Der ihm Nähe gab.
So standen die Brüder minutenlang da, schweigend. Worte waren zwischen ihnen nicht nötig. Schließlich löste sich Marius aus der Umarmung und sagte: „Ich hab Hunger!“, packte seinen Bruder am Handgelenk und zog ihn in die Küche. Überrumpelt ließ Marek das mit sich machen, lachte leise in sich hinein. Irgendetwas hatte dem Kleinen neuen Schwung gegeben. Oder jemand. Marek war sich fast sicher, wer dieser jemand war. Kannte er doch das Beuteschema seines Bruders.
Eintr ächtig saßen sie am Küchentisch und aßen die bestellte Pizza. Beide verloren sie kein Wort über den Ausraster am Morgen oder das von gestern Abend. Warum auch? Es war passiert und konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Marius überlegte, ob Rafael es wirklich ernst gemeint hatte. Er hatte seine Narben gesehen -zwar nicht alle, aber die schlimmsten- und hatte sich nicht mit Ekel im Gesicht abgewandt oder war schreiend davon gelaufen.
Nachdenklich starrte er auf die Pizza in der Hand. Rafael war der erste seit langem, der normal mit ihm umgegangen war. Sein Herz zog sich zusammen. Durfte er wirklich Hoffnung haben?
Er wusste es nicht und beschloss für sich, es abzuwarten. Was anderes konnte er auch nicht machen. Selbst wenn Rafael nichts von ihm wollte, so hoffte Marius wenigstens auf Freundschaft. Die Hand fing zu zittern an. Er hoffte. Er hatte seit sehr langer Zeit jede Hoffnung aufgegeben, und nun hoffte er.
Eine warme Hand legte sich über die zitternde. Marius blickte auf und sah seinem Bruder direkt in die Augen. Dieser lächelte ihn warm an, drückte kurz seine Hand. Marius lächelte zurück. Selbst wenn alle Stricke reißen sollten, war sein Bruder für ihn da.
Mit dieser Gewissheit zog er sich später in sein Arbeitszimmer zurück und setzte sich mit neuem Elan an den fast fertigen Roman.
Marek stand in der Tür zum Arbeitszimmer, sah seinen Bruder an und lächelte. Endlich schien der Kleine etwas aus seiner Isolation heraus zu kommen. Viel zu lange schon lebte er ein Leben in den Schatten, litt stumm und leise vor sich hin. Marius hatte versucht, es vor seinem Bruder zu verbergen, aber dieser kannte ihn einfach zu gut.
Marek drehte sich um und ging in sein Zimmer. Er musste noch einmal mit Rafael reden, ihn auf die Besonderheiten hinweisen. Ihn darum bitten, dass er sanft mit Marius umging, bis dieser sicherer war. Denn er hatte es in den Augen seines Freundes gesehen: Er hatte sich in Marius verliebt, war sich dessen aber noch nicht richtig bewusst.
Marek hoffte nur, dass alles gut ging. Beide hatten keine Ahnung, wie der andere fühlte. Zudem würde der Alltag, sollten die beiden es schaffen, eine harte Herausforderung werden. Lächelnd legte er sich schlafen.
Marius dagegen saß an seinem PC und haute mit ungeahntem Elan in die Tasten. Während er seinen Roman der Vollendung zuführte, stand ihm die
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