Scarred Heart (German Edition)
gemacht als ohnehin schon. Er war ja auch selbst schuld, sich Hoffnungen zu machen, nur weil Rafael behauptete, das Aussehen mache ihm nicht aus.
Er hatte sich während der Taxifahrt –den Schlapphut tief ins Gesicht gezogen und die behandschuhten Hände im Schoß verschränkt- so seine Gedanken gemacht. Er hatte erkannt, dass er trotz seiner Vorsätze doch Hoffnung gehabt hatte. Zuviel in Rafaels Verhalten hinein interpretiert hatte. Was ihm nun zu Verhängnis wurde.
„Marius, Essen ist fertig, willst du auch?“ , rief eine Frauenstimme. Er seufzte und fragte sich, ob er die richtige Wahl getroffen hatte. Vielleicht hätte er doch in die Berghütte flüchten sollen. Sein Verleger, der über seine Besonderheiten Bescheid wusste, hatte es ihm oft genug angeboten. Die Berghütte lag an einem See, weit entfernt von jeglicher Zivilisation.
Stattdessen war er hier. In seiner ganz persönlichen Hölle. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Nichts, wie es schien. Er seufzte und machte sich dann auf den Weg nach unten. In der Küche fand er seine Mutter, die gerade den Tisch deckte. Wie immer sah sie ihn nicht an.
„Da bist du ja. Hast du Hunger?“, fragte sie. Marius nickte und setzte sich. Seine Hände steckten weiterhin in den Handschuhen, weil er wusste, dass seine Mutter den Anblick nicht ertrug. Wortlos stellte sie ihm einen Teller mit Gulasch hin. Schweigend aß er.
Seine Mutter saß ihm schweigend gegenüber. Unbehaglich rutschte Marius auf dem Stuhl herum. Es war keine gute Idee gewesen, hierher zu kommen. Unbewusst hatte er gehofft, dass sich etwas geändert hätte.
Er aß zu Ende, brach dann das Schweigen. „Mama, danke fürs Essen. Aber ich glaube, es ist besser, wenn ich gehe.“
„Wenn du meinst.“, kam es nur von ihr. Kein Protest, nur eine vage Antwort. Es war niederschmetternd. Wieso hatte sie dann zugestimmt, als er sie anrief und fragte, ob er ein paar Tage bleiben kann? Schlechtes Gewissen?
Marius war es jetzt egal. Er ging ins Zimmer, schloss seine Tasche und ging mit dieser wieder nach unten. Niemand war zu sehen. Dafür stand ein Taxi vor der Tür. Noch deutlicher konnte seine Mutter es ihm nicht sagen, dass er nicht erwünscht war. Er stieg ein, nannte dem Fahrer den Bahnhof als Zielort. Er zog sein Handy aus der Tasche. Mehrere Anrufe in Abwesenheit. Es war auf lautlos gestellt. Auch mehrere SMS waren eingegangen. Marek und eine unbekannte Nummer. Wahrscheinlich Rafael. Er drückte alles weg, wollte sich damit jetzt nicht auseinandersetzen.
Er rief seinen Verleger an , bat ihn um die Adresse von der Hütte. Der lachte, verweigerte die Auskunft und sagte: „Ich fahr dich selbst hin, dann können wir unterwegs noch einkaufen. Dort ist weit und breit kein Laden oder sonstiges.“
Marius ließ sich breitschlagen und so wurde ein Treffpunkt am Bahnhof ausgemacht. Den Schlapphut tief ins Gesicht gezogen wartete Marius am vereinbarten Treffpunkt. Und wartete. Sein Verleger tauchte nicht auf. Ob er im Stau stand?
Eine Hand packte ihn an der Schulter und wirbelte ihn herum. Marius blickte mit weit aufgerissenen Augen in die von Marek, der wutschnaubend vor ihm stand. „Wie hast du mich gefunden?“, brachte er stotternd hervor.
Marek schnaubte wütend, packte seinen Bruder am Handgelenk und zog ihn wortlos hinter sich her, in Richtung Parkplatz. Dort angekommen öffnete sich die Autotür, und Rafael ragte über Marius auf. Der verfiel in Panik, versuchte das Handgelenk zu befreien, doch Marek kannte kein Erbarmen und schubste den Bruder auf die Rücksitzen, kletterte dann selbst hinterher, um Marius an der Flucht zu hindern.
Rafael stieg auf der Fahrerseite wieder ein, ließ den Motor an und gab Gas.
Marius sah seinen Bruder von der Seite an. „Was soll das? Ich hatte eine Verabredung!“ , schnauzte er. Marek zuckte mit den Schultern: „Dein Verleger hat bei mir angerufen. Er fand es komisch, das du plötzlich an einem belebten Bahnhof wartest und in die Hütte willst. Ich habe ihm gesagt, dass ich dich abhole und er sich keine Mühe machen soll.“
Geschockt sah Marius seinen Bruder an. „Was hast du?“ , schrie er ihn dann an. Marek ließ sich nicht beirren, und schwieg. Sie würden das zu Hause klären. Ob der Kleine das nun wollte oder nicht.
Rafael schwieg ebenfalls. Sie hatten sich stundenlang Sorgen gemacht, die Gegend durchforstet. Ein Anruf bei Mareks Eltern hatte gezeigt, dass Marius kurz dort gewesen, aber schnell wieder gegangen war. Erst der Anruf des Verlegers hatte
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