Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
er, als die beiden vor ihm stehen blieben. »Die Nightscreamer haben den alten Konrad umgebracht und ich konnte nichts tun. Ich hatte mich versteckt, aber sie haben mich gefunden.«
»Sie haben ihn ermordet ?« Mats stieß scharf den Atem aus. Kein Wunder, dass der Feary sich gesträubt hatte, darüber zu reden. »Was ist geschehen?«
»Sie wollten dieses Buch. Konrad hat sich geweigert, es ihnen zu geben, da ist ihr Anführer ausgerastet.« Tic zog die Nase hoch. »So einfach ist das. So einfach und so verdammt feige!« Er sprang auf. Zorn funkelte in seinen Augen. »Er war ein alter Mann und hatte keine Chance gegen diese Schweine.«
»Diese Feiglinge!«, zischte Mats.
»Wie recht du hast!« Tic schlug sich mit der Faust in die Hand. »Eines Tages werden sie dafür bezahlen. Das schwöre ich!«
Lucy nickte und setzte sich auf einen der Hocker. »Haben sie denn das Buch bekommen?«
»Keine Ahnung.« Tic wischte sich mit dem Ärmel seines Anzugs die Träne fort und wandte ihr dann das Gesicht zu. »Die Nightscreamer haben den ganzen Laden durchsucht, aber da steckte ich bereits in dem Sack. Ich habe gehört, wie Bücher zu Boden flogen und Glas zerschlagen wurde. Aber keiner von ihnen verlor in meiner Gegenwart ein weiteres Wort über das Buch.« Nun legte er eine seiner kleinen Hände auf seine linke Brust. »Ich schwöre, das ist alles.«
Mats musterte den winzigen Feenmann eindringlich. In dessen Augen blitzte weder Schalk noch List. Nur unendliche Traurigkeit lag darin. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, dass Tic ganz und gar offen zu ihnen war.
»Magst du noch ein bisschen Zucker?«, fragte Mats, der plötzlich ein schlechtes Gewissen hatte, weil er den Feary zuvor so angefahren hatte.
Tic schüttelte den Kopf.
»Es ... es tut mir sehr leid, was mit deinem Freund passiert ist«, sagte Lucy und presste die Lippen zusammen. »Aber wenn wir wissen wollen, was dieser Vlad plant, müssen wir als Erstes herausfinden, was es mit diesem Buch auf sich hat.« Sie zögerte. »Und das geht nur, wenn wir in den Laden des alten Konrads gehen und dort danach suchen. Vielleicht haben die Nightscreamer es ja nicht gefunden.«
Tic schluckte. »Ich weiß. Es ist unsere einzige Möglichkeit.«
Morczane
»Dann bringst du uns hin?«, fragte Mats.
Der Feary erhob sich und ein entschlossener Ausdruck trat auf sein Gesicht. »Ich würde alles tun, um es diesen Nightscreamern heimzuzahlen. Wirklich alles!«
»Gut, dann ziehe ich mich noch rasch um. Ihr zwei wartet solange draußen.«
»Oh, du trägst ja noch immer deine Uniform«, stellte Lucy fest. »Sag bloß, du hast darin geschlafen?«
Mats zuckte die Achseln.
Während er in frische Klamotten schlüpfte, überlegte er, ob sie nicht lieber zur Polizei gehen sollten. Immerhin ging es ja um Mord. Aber wie sollten sie erklären, dass der einzige Zeuge ein Feary war? Ein Winzling in einem koboldgrünen Anzug und mit zitronengelben Schmetterlingsflügeln, ein Wesen, das es eigentlich nur in Büchern gab. Entweder würden die Polizisten sie sofort rauswerfen oder, wenn Mats ihnen den Feenmann präsentierte, diesen sofort einkassieren, um ihn ans nächste Forschungslabor auszuliefern. Mats schnaubte. Tja, es sah ganz so aus, als wären sie vorerst auf sich gestellt.
Auf Tics Anweisung fuhren sie mit der Bahn in den Osten Berlins, nach Marzahn. Die Fahrt über verbarg der Feary sich in dem Rucksack, den Mats mitgenommen hatte und der zwischen ihm und Lucy auf der Sitzbank stand. Der Reißverschluss war nicht ganz geschlossen, sodass Tic weiterhin mit ihnen reden konnte.
»Ich muss euch warnen«, sagte dieser. »Die Gegend, in der der Buchladen liegt, ist nicht ganz ungefährlich. Jedenfalls für euch Menschen. Sie ist nämlich ein Anziehungspunkt für verschiedene Schattengänger.«
Mats beugte sich vor. »Was heißt das schon wieder?«
»Dass ich nur nett sein und euch vorwarnen wollte.«
»Ich meine: Warum ist sie gefährlich?«
»Ach so«, sagte Tic und grinste aus der Tiefe des Rucksacks zu ihm hinauf. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
Mats verdrehte die Augen.
»Nun, es hat etwas mit der Geschichte dieses Stadtteils zu tun«, fuhr der Feary fort. »Marzahn wurde vor über tausend Jahren als ein Dorf der Menschen gegründet. Damals hieß es jedoch noch Morczane, benannt nach dem Anführer einer Dämonenhorde, der dort besiegt wurde. Ein ganz übler Typ, der seine Opfer – vorwiegend Kinder – lebendig aufgefressen hat.
Weitere Kostenlose Bücher