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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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den Kopf und runzelte die Stirn. »Wohin gehen wir?«, fragte sie.
    Sie machten sich wieder auf den Weg, aber Molly fiel immer mehr zurück. Sie hustete und ihre Augen hatten einen unsteten Blick. Ihre Lippen waren aufgesprungen und bluteten. Hannah nahm sie an die Hand. Sie fühlte sich heiß und feucht an.
    Am Himmel zogen Wolken auf und die Baumwipfel raschelten und schwankten im stärker werdenden Wind. Hannah zitterte. Auf einmal blieb Molly stehen.
    »Komm weiter, Molly«, drängte Hannah sie.
    »Rubine. Ich habe Rubine gefunden«, sagte Molly unbeteiligt.
    »Nur noch ein kleines Stückchen«, entgegnete Hannah, »und dann machen wir eine Pause. Versprochen.«
    Sie spürte, dass Thomas nicht mehr weit sein konnte. Sie war sich ganz sicher, sie mussten es bald geschafft haben. Zu essen hatten sie nichts mehr und wenn sie nicht bald da waren, würden sie es nie mehr schaffen. Doch Molly rührte sich nicht, sondern starrte auf den vor ihr stehenden Baum.
    »Sieh nur, Hannah«, murmelte sie undeutlich. »Rubine!«
    Hannah seufzte und schaute sich den Baum genauer an. Und wirklich, aus der rauen braunen Rinde wölbte sich ein glänzender roter Stein. Ein unebenes, klumpiges Gebilde, das wie geschmolzenes Wachs aussah. Hannah streckte die Hand aus und berührte es. Der Baum erinnerte sie an etwas.
    Ein juwelenbesetzter Baum … war das nicht aus einer von Thomas’ Geschichten? Hannah strich mit den Fingern über den glatten, harten Stein.
    »Wunderschön«, flüsterte Molly verträumt.
    »Ja«, sagte Hannah und tastete nach der Stelle, wo der Stein mit der Rinde verbunden war. Was bedeutete das? Eine Erinnerung schlummerte in ihrem Gedächtnis, wollte aber nicht zum Vorschein kommen. Sie blickte den Stein stirnrunzelnd an. Da brach er ab und fiel in ihre Hand.
    Sie hielt ihn gegen das Licht. Es war kein Stein. Innen war es weich wie ein Bonbon.
    »Hannah, was hast du getan?«, rief Molly und wankte.
    Verwundert sah Hannah wieder auf den Baumstamm.
    Er blutete. Dickliches dunkelrotes Blut sickerte hervor.
    Voller Entsetzen ließ sie den Stein auf den Boden fallen und starrte auf den blutenden Baum.
    »Wir müssen gehen«, sagte sie eilig und packte Mollys Hand. »Wir müssen Thomas finden.«
    Molly setzte sich wieder in Bewegung, aber Hannah musste sie fast durch das Unterholz schleifen.
    Die Wolken zogen sich immer dichter zusammen. Donner grollte in der Ferne. Hannah beschleunigte ihre Schritte und Molly stolperte hinter ihr her. Als die ersten schweren Tropfen fielen, wollte Hannah fast verzweifeln. Aber sie riss sich zusammen und ging weiter.
    »Nur noch bis zur nächsten Anhöhe«, murmelte sie. »Dort wird er auf uns warten.«
    Aber er war nicht da. Jetzt fiel der Regen in dicken Tropfen, ein Schleier aus eiskaltem Wasser. Der Boden unter ihren Füßen wurde gefährlich rutschig.
    Sie liefen weiter. Thomas wartete auch nicht hinter der nächsten Anhöhe und auch nicht hinter der übernächsten. Die drei Felsspitzen waren jetzt nicht mehr zu sehen. Hannahs Hände und ihr Kleid waren nass und lehmverschmiert. Mit Molly im Schlepptau rutschte und stolperte sie durch den Wald. Molly sagte kein Wort mehr.
    Die Dämmerung brach ein und es regnete immer noch. Kein Mond erhellte den Wald und Hannah kam es vor, als würde sie erblinden. Die Bäume ragten wie finstere Gestalten um sie herum auf. Hannahs Hände und Füße fühlten sich taub an.
    Aber sie gingen weiter.
    Schließlich war es vollständig Nacht geworden. Sie stolperten in eine höhlenartige Vertiefung und brachen auf dem lehmigen Boden erschöpft zusammen.
    Molly keuchte stoßartig. Hannah berührte sie an der Stirn, zuckte aber gleich wieder zurück. Molly glühte.
    »Mama, bist du das?«, fragte Molly.
    Hannah setzte sich neben sie und war über sich selbst erschrocken. Molly war ernsthaft krank. Hannah hatte sie seit Tagen vorwärtsgetrieben.
    Molly fror und glühte zugleich, sie redete wirres Zeug und starrte Hannah mit leerem Blick an. Hannah flößte ihr ein wenig Wasser ein, aber sie musste gleich wieder husten und würgte stinkende gelbgrüne Galle hervor.
    »Ein paar Sechser, Miss«, murmelte Molly.
    »Pst«, machte Hannah, »versuch zu schlafen.«
    Das Mädchen warf sich stöhnend hin und her. »Molly, setzt den Kessel auf«, murmelte es.
    »Es tut mir so leid«, flüsterte Hannah. »Wir hätten nie hierherkommen dürfen.«
    Später fiel Molly in einen unruhigen Schlaf. Hannah saß neben ihr und tupfte ihr mit Thomas’ Taschentuch den Schweiß von

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