Scepter und Hammer
welche er rauchte, war sicher aus einem Stücke Meerschaum von seltener Größe geschnitten, das Rosenholzrohr zeigte eine massive Golddrahtumwindung, zwischen welchen zahlreiche ächte Perlen hindurchblickten; die Spitze bestand aus einem großen Stücke jenes halbdurchsichtigen Bernsteines, welcher im Oriente theurer bezahlt wird als der wasserhelle, und der kristallene Kondensirknauf schimmerte von Brillanten, Smaragden und Rubinen, welche an sich schon ein Vermögen repräsentirten.
Zu seinen Füßen hockten zwei schwarze Sklaven; der Eine war beschäftigt, die Pfeife in stetem Gang zu erhalten, und der Andere kredenzte in kleinen, kaum mehr als fingerhutgroßen Tassen den schwarzen Trank des Mocca, der vollständig rein, ganz ohne Zucker und Sahne genossen wurde.
Da öffnete sich eine Seitenthür und eine verhüllte Frauengestalt trat ein. Sie näherte sich dem Manne, hob den Schleier ein wenig und küßte ihn auf die Stirn; dann strich sie ihm mit der kleinen, weißen Kinderhand über dieselbe und meinte mit halblauter und doch goldig reiner Stimme:
»Wieder lagern Wolken um Dein Haupt, und Schatten ziehen durch Dein Herz. Die Geschicke der Sterblichen stehen geschrieben und verzeichnet im Buche des Schicksals, und keine Hand kann wider Allahs Willen.«
»Du sagst recht, Ayescha; aber doch thut der Wille Allahs wehe, wenn er das Herz zerreißt. Allah lenkt die Geschicke wie Wasserbäche, doch gibt er dem Manne Spielraum, seine Kraft zu erproben und zu entfalten. Mein Leben war ein schwerer Kampf; das Kismet (Vorherbestimmung) ist mir gütig gewesen; jetzt aber hat es mich getroffen mit dem Schlage einer Keule, die mein Leben zerschmettern kann. Ich kämpfe und ringe dagegen, doch all mein Reichthum, all meine Macht bringt mir keine Hilfe. Ich werfe mit Gold um mich, als besäße ich die Schätze der tausend und einen Nacht; ich schicke meine Freunde, meine Diener und meine Sklaven aus, aber Keiner will kommen, um mir die Kunde zu bringen, nach welcher ich mich sehne, wie die Nacht nach dem Lichte des Tages, wie die Wüste nach Thau und Regen und wie der Nil nach der gnadenreichen Leïlet en Nuktha. 1 «
»Vater, es gibt nur Einen, welcher klug und tapfer genug ist, das Geheimniß zu enthüllen und Dir die ersehnte Kunde zu bringen; aber dieser ist nicht da.«
»Wer?«
»Katombo.«
Der Mann erhob forschend seinen Blick.
»Kennst Du ihn so genau, daß Du dies behaupten kannst?«
Sie schwieg einige Sekunden in halber Verlegenheit; dann antwortete sie:
»Hast Du mir nicht so viel von ihm erzählt?«
»Ja, das habe ich und Du hast das Richtige getroffen. Wäre er nicht so fern, sondern hier gewesen, so hätte er mir längst des Herzens Muth und Freude zurückgegeben, denn keiner von Denen, welche ich aussandte, Sobeïde zu suchen, wird sie finden und mir wiederbringen.«
»Allah ist groß; er kann helfen, wenn er will, und oft erscheint seine Hilfe zu einer Zeit, in welcher wir sie am wenigsten erwarten. Ich stand soeben auf dem Dache, um die feuchte Luft des Stromes zu athmen, und sah ein Boot auf dem Wasser schwimmen. Es hatte unsere Farben und wurde von einem Manne gerudert, der nach dem Hafen zuhielt. Ich kam sofort, um es Dir zu verkünden. Sollte es einer Deiner Boten sein?«
»Kam er stromab oder stromauf?«
»Stromab.«
»So muß er das Ufer bereits erreicht haben und augenblicklich hier sein. Hörst Du?«
Man konnte deutliche Schritte vernehmen, deren Schall vom Hofe heraufdrang. Sie kamen die Stufen empor, und dann wurde der Eingang geöffnet. Ein Diener trat ein und verbeugte sich bis zur Erde.
»Hoher Scheik, ein Schiffer verlangt Dich zu sprechen.«
»Laß ihn herein!«
Der Diener verbeugte sich nochmals, trat ab und ließ den Mann ein, den er angemeldet hatte. Dieser trug die gewöhnliche Tracht der Nilbarkenleute und schwitzte aus allen Poren.
»Was willst Du?«
»Bist Du Manu-Remusat, der große und berühmte Abu-el-Reïsahn (Vater der Schiffsführer)?«
»Ich bin es.«
»Mich sendet Katombo, Dein Kapitän.«
»Katombo?!«
Er machte eine Bewegung zum Aufspringen, überwand sich aber; eine solche Erregung paßte nicht zu der charakteristischen Ruhe, welcher der Orientale als Zeichen der Würde sich zu befleißigen strebt.
»Katombo,« antwortete der Gefragte, sich als Zeichen der Zustimmung tief verneigend; »er sendet mich, um Dir seine Ankunft zu melden.«
»Wo ist er?«
»So nahe, daß er in wenigen Minuten eintreffen wird. Ich mußte sehr schnell rudern, um Dich eher
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