Scepter und Hammer
Dir, und ich stehe im Begriffe, Dir einen Beweis meines Vertrauens zu geben, wie Du größer ihn niemals erlangen kannst.«
»Sprich, Sihdi! Ich werde hören und gehorchen.«
»Ich werde Dir eine Aufgabe ertheilen, welche Du vielleicht nur dann erfüllen kannst, wenn Du Dein Leben wagst. Soll ich weiter sprechen?«
»Ich lausche Deiner Rede, Sihdi. Mein Herz und meine Liebe gehören Dir, folglich auch mein Leben.«
»Du weißt, daß kein wahrer Moslemin zu einem andern Manne von seinen Frauen spricht. Wenn ich diesen guten und löblichen Gebrauch übertrete, so wirst Du erkennen, daß auch ich Dich lieb habe und Dir mein ganzes Vertrauen schenke. Ich habe keinen Harem wie andere Gläubige. Der Tod hat das Weib meiner Seele von mir gerissen; mein Herz ist ihr treu geblieben bis auf den heutigen Tag, und weder eine Frau noch eine Sklavin hat es vermocht, die Trauer um sie von mir wegzunehmen. Als sie von mir schied, hinterließ sie mir die zwei größten Kleinode meines Lebens, meine beiden Töchter. Du hast sie noch niemals gesehen, obgleich Du bereits drei Jahre in meinem Hause weilst. Sie sind schön wie die Huris des Paradieses, lieblich wie die Fittiche der Schwalbe und gut und folgsam wie Roath (Ruth), von der die Schriften der Kalifen und die Bücher der Juden und Christen erzählen. Sie waren meine Freude des Morgens, meine Wonne des Abends, und all meine Sorge bei Tag und bei Nacht hatte nur ihr Glück im Auge. Jetzt ist die Freude in Leid verwandelt, und die Wonne hat sich in Schmerz und Gram verkehrt, denn Sobeïde, die ältere von ihnen, ist verschwunden, und weder ich noch einer meiner Diener hat vermocht, eine Spur von ihr aufzufinden.«
Er schwieg. Sein Antlitz hatte sich wieder verdüstert, und in seinem dunklen Auge stand eine Thräne. Katombo hielt den Blick zu Boden gesenkt; er schien nachzusinnen. Dann erhob er ihn zu seinem Herrn.
»Darf ich sprechen, Sihdi?«
»Sprich!«
»Du sagtest selbst, daß ein ächter Moslem nicht von Frauen reden darf –«
»Der Mann darf von seinem Weibe und der Bruder von seiner Schwester reden. Sprich zu mir, wie der Sohn zu seinem Vater; sprich von Sobeïde, wie der Bruder von seiner Schwester; frage mich nach Allem was Du willst, ich werde Dir gern antworten!«
»Seit wann ist Sobeïde verschwunden?«
»Morgen werden es drei Wochen.«
»Am Tage oder des Nachts?«
»Des Abends.«
»War sie allein?«
»Ja. Sie war in den Kiosk gegangen, welcher an die Mauerecke des Gartens gebaut ist. Sie hatte dies niemals allein, sondern stets in Begleitung ihrer Schwester gethan; sie ist also entflohen, und dies verdoppelt meinen Schmerz.«
»Hatte sie gesagt, daß sie nach dem Kiosk gehe?«
»Ja.«
»Hatte sie ihre Schwester nicht aufgefordert, sie zu begleiten?«
»Nein.«
»Wo war die Schwester, als Sobeïde ging?«
»Bei mir. Wir spielten Schach. Sobeïde saß dabei; sie erhob sich und ging, ohne ein Wort zu sagen.«
»Spielte sie auch Schach?«
»Nicht gern und nicht gut.«
»Hat sie erst ihr Harem aufgesucht, ehe sie nach dem Kiosk ging? Erinnere Dich genau, Sihdi!«
»Nein, denn sie ging hier die Stufen hinab in den Hof und von da aus nach dem Garten. Selim, der Verschnittene, war im Hofe und hat es gesehen.«
»Welches Gewand trug sie?«
»Das, welches sie gewöhnlich trug.«
»Vermissest Du etwas von ihren andern Gewändern, von ihrer Wäsche, ihrem Schmucke und ihrem oder Deinem Gelde?«
»Nicht das Geringste. Ich selbst habe nachgeforscht und auch Ayescha nachsuchen lassen.«
»So freue Dich, Sihdi, denn Deine Tochter ist nicht freiwillig von Dir gegangen; sie ist nicht entflohen.«
»Nicht entflohen? Was sonst?«
»Sie ist geraubt, sie ist entführt worden.«
»Allah akbar, Gott ist groß! Du träufelst mir Balsam in die Wunde meines Herzens, die aber dennoch nicht genesen wird, denn sie ist mir doch verloren!«
»Allah akbar, Gott ist groß, sagst Du; er nimmt, und er gibt wieder; aber er steigt nicht vom Himmel herab, um Dir Deine Tochter selbst wiederzubringen, sondern er gab Dir einen klugen Sinn, einen starken Arm und treue Diener, damit Du Dir wieder holen sollst, was Dir geraubt wurde.«
»Mein kluger Sinn ist zu Ende mit seinen Plänen; mein starker Arm ist ermattet vom Kummer, und meine Diener, die ich aussandte, sind entweder noch gar nicht zurückgekehrt, oder sie kamen ohne die, welche sie mir wiederbringen sollten. Ich habe nur noch Dich, Katombo. Willst Du gehen und Sobeïde suchen?«
»Ich will, Sihdi. Als Du mich mit
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