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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Tochter Remusats und das Weib von Omar-Bathu?« frug der Kadi.
    »Ja. Der Vizekönig hat sie ermorden lassen!«
    Der Kadi faßte sich zuerst.
    »Das darfst Du noch nicht behaupten. Sie kann gestorben sein; sie kann sich selbst den Tod gegeben haben; sie kann auch noch leben. Wir müssen sie untersuchen. Lasse sie hinauf zu Deinem Weibe schaffen!«
    »Nein, denn Ayescha würde vor Entsetzen sterben. Gib mir ein stilles Zimmer, in welches ich sie tragen kann!«
    »So komm!«
    Katombo nahm die Leiche, welche ihre vollständigen Kleidungsstücke trug, auf den Arm. Der Kadi gebot dem Neger, zu schweigen und die Sänfte einstweilen zu entfernen. Dann gingen die Beiden nach einem abgelegenen Raume, den der Kadi mit eigener Hand erhellte und in welchem sie ungestört waren. Katombo legte die Todte auf einen Teppich.
    »Sie lebt nicht mehr, ihre Glieder sind vollständig kalt und steif.«
    Der Kadi ergriff eines der herabhängenden Händchen.
    »Todt. Aber diese Steife ist unnatürlich. Sie ist nicht zufällig gestorben!«
    Katombo brachte das Licht näher und betrachtete das Gesicht aufmerksam. Ein plötzlicher Gedanke schien ihn zu durchzucken.
    »Sieh diese Nase und – hier diesen Ring an ihrem Finger!«
    Die Nasenöffnungen waren ungewöhnlich weit geöffnet und sehr dunkel gefärbt.
    »Was meinst Du?« frug der Kadi.
    »Das ist der Ring des Mameluken. Er trug ihn stets und gab ihn niemals von sich. Er erzählte mir einst, daß der Ring ein feines Pulver enthalte, welches ihm ein weiser Magier angefertigt habe. Wer daran riecht, der muß sterben, bald oder später, je nachdem er viel oder wenig von dem tödtlichen Dufte eingeathmet hat. Ein Gegenmittel und also auch eine Rettung gibt es nicht.«
    »Wo soll das Pulver sein?«
    Katombo zog den Ring von dem Finger der Todten.
    »Sieh, er enthält nicht einen Stein, sondern das goldene Siegel des Mameluken, und unter demselben befindet sich eine hohle Kapsel, welche das Pulver verbirgt.«
    »Öffne sie!«
    »Das ist gefährlich. Verschließe Mund und Nase!«
    Sie banden sich Beide ein Tuch vor, und nun versuchte Katombo, die Kapsel zu öffnen. Es gelang. Sie enthielt ein feines bläuliches Pulver, und auf demselben lag, so klein auch die winzige Höhlung war, ein Stückchen Papier, auf welches deutlich das Wort »Haar« gekritzelt war.
    »Was soll dies heißen?« frug der Kadi.
    »Sie hat den Ring von Omars Hand genommen, als er todt neben ihr lag, das ist sicher. Sie wußte, daß ich das Geheimniß von diesem Gifte kenne und daß ich sofort die Art ihres Todes errathe, wenn ich den Ring an ihrem Finger sehe. Sie hat geahnt, daß ich ihn öffnen werde und den Zettel finden muß. Vielleicht hat sie vor ihrem Tode im Haar etwas verborgen, was uns Aufklärung geben kann. Laß uns suchen!«
    Sie lösten die Knoten des reichen Haares und fanden Katombos Vermuthung bestätigt: ein zusammengefaltetes Stück Papyros war zwischen den Locken verborgen. Katombo öffnete es und las:
    »An Katombo.
     
    Ich soll heut Abend das Weib des Mörders sein, und dann will er mich an Dich ausliefern. Aber mein Kind will er behalten, um es für seinen Harem zu erziehen. Ich kann ohne mein Kind und meine Ehre nicht leben und werde sterben. Er wird Dir meine Leiche senden, und Du wirst diese Worte finden. Küsse Ayescha; lebt wohl, und rächt meinen Tod und den meines Omar.
    Sobeïde.«
     
    Die Faust Katombos ballte sich, und seine Mienen zuckten in wildem Grimme.
    »Ich werde zu ihm gehen und ihn tödten!«
    »Aus Deinem Munde spricht der Zorn. Du vergissest, daß Du dieses Haus nicht verlassen darfst und daß ein Khedive nicht so leicht zu tödten ist wie ein Fellah oder ein Araber aus der Wüste!«
    »Warum nicht? Hat er mehrere Leben? Besitzt er ein Herz, in welches keine Kugel zu dringen vermag?«
    »Er ist so sterblich wie jeder Andere; aber die Rache wird auch Dir das Leben kosten. Denke an Dein Weib und an Dein Kind!«
    Die drohend erhobenen Arme Katombos sanken nieder.
    »Du hast Recht; aber dennoch wird er sterben, nicht an der Kugel, nicht an dem Schwerte oder meinem Dolche. Er soll desselben Todes sterben, den er der Tochter Remusats bereitet hat!«
    Er steckte den gefährlichen Ring an seinen Finger. Der Kadi legte ihm die Hand warnend auf den Arm.
    »Der Prophet sagt: ›Ehe Du ein Wort sagst, denke drei Stunden nach; ehe Du aber eine That beginnst, denke dreimal drei Jahre nach!‹ Du wirst nichts thun, ehe Deine Seele ihre Ruhe und Dein Auge seine Schärfe wieder gewonnen hat! Das

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