Scepter und Hammer
beinahe zu erwarten, daß man diesem Boten Hindernisse in den Weg legen wird.«
»Das ist wahrscheinlich. Gibt es kein Mittel dies zu verhüten?«
»Ich habe einen treuen Diener, auf den wir uns verlassen können. Natürlich aber darf er nicht der Ueberbringer Deiner Botschaft sein. Wem soll er sie übergeben?«
»Dem Großvezier, der mein Freund ist.«
»So schreibe schnell; das Andere werde ich besorgen, und Allah möge unsere Schritte segnen?«
»Erwähntest Du Sobeïde bei dem Vizekönige?«
»Ja.«
»Und was antwortete er?«
»Er sagte, daß wir noch heut Abend erfahren würden, was er über sie beschlossen habe.«
»Er wird sie in seinem Harem behalten, und ich kann nichts thun sie zu erlösen.«
»Seine Worte klangen doch so, als ob er vielleicht gesonnen sei, sie noch heut auszuliefern. Warte den Abend ab; der wird Dir die Entscheidung bringen!«
Der Kadi hatte Recht; der Abend brachte die Entscheidung.
Es war nach Mitternacht, und die Bewohner von Kairo lagen im Schlafe. Nur hier und da saß noch eine weiß verhüllte Gestalt auf der Plattform eines Hauses, um die erquickende Kühle der Nacht zu trinken. Da trabten vier Träger einer Sänfte durch die stillen Gassen, angeführt von einem Janitscharenoffizier. Vor dem Thore des Palastes, in welchem der Kadi-Baschi wohnte, gebot er Halt und klopfte an.
Ein kleines Guckloch wurde geöffnet, und das Gesicht eines Mohren erschien in demselben.
»Leïlka saaïde!« 30 grüßte der Janitschar. »Du bist der Wächter dieses Hauses?«
»Ja. Was wünschest Du, o Herr?«
»Ist Dein Gebieter, der Kadi-Baschi noch wach?«
»Er sitzt im Erker und arbeitet.«
»Ein Herr namens Nurwan-Pascha wohnt bei ihm?«
»Ja.«
»Auch er ist noch wach?«
»Ich weiß es nicht.«
»So wecke ihn und öffne!«
»Zu dieser späten Stunde? Das darf ich nicht. Mein Gebieter würde mir zürnen.«
»Ich will nicht eintreten, sondern Dir nur diese Sänfte übergeben.«
»Wer sitzt darin?«
»Eine Person, welche der Pascha erwartet.«
»Wer sendet sie?«
»Der Vizekönig.«
»So werde ich öffnen. Du aber trittst nicht ein, sondern nur die Träger, die sich dann sofort entfernen!«
»Ich werde meinen Fuß nicht über Deine Schwelle setzen, und Du darfst die Sänfte nicht eher öffnen, als bis Nurwan-Pascha selbst zugegen ist. Sage ihm nur, daß der Vizekönig ihm das schickt, was er von ihm gefordert hat.«
Das Thor öffnete sich; die vier Männer trugen die Sänfte in den Hof und entfernten sich schweigend, wobei ihnen der Janitschar wieder voranschritt.
Der Neger wagte nicht sich der Sänfte zu nahen. Er trat vielmehr in den Palast und begab sich nach dem Erker, in welchem sich der Kadi-Baschi befand. Dieser saß wirklich zwischen allerlei Büchern und schrieb emsig. Er hörte den Eintretenden und wandte sich ihm unwillig zu: »Was willst Du? Weißt Du nicht, daß ich jetzt nicht mehr gestört werden darf!«
Der Neger lag auf dem Boden; er wagte den Kopf nur ein klein wenig von der Erde zu erheben.
»Ich weiß es, Herr, und dennoch mußte ich Dich stören, denn der Vizekönig hat eine Sänfte geschickt.«
»Eine Sänfte? Eine leere? Für wen?«
»Für Nurwan-Pascha. Sie ist nicht leer.«
»Wer ist darin?«
»Ich weiß es nicht. Ein Janitscharenoffizier brachte sie und gebot mir, nicht nachzusehen, wer sich in ihr befindet. Ich soll sagen, daß der Vizekönig das schickt, was Nurwan-Pascha von ihm gefordert hat.«
Der Kadi stand überrascht auf.
»So gehe hinab und warte Deines Amtes weiter!«
Der Neger kroch rückwärts zur Thür hinaus, und der Kadi begab sich unverweilt nach den Räumen, in denen sich Katombo befand. Dieser saß noch neben seinem Weibe und sprach mit ihr über die Ereignisse der letzten Tage. Er hörte die Schritte, welche im Vorzimmer anhielten und trat hinaus.
»Du bist es?« frug er erstaunt, als er den Kadi erkannte.
»Ich bin es. Ich sehe, daß die Ruhe Deine Seele noch nicht umfangen hält. Komm mit mir in den Hof!«
»Was soll ich dort?«
»Eine Sänfte sehen, welche Dir der Vizekönig sendet.«
»Wer sitzt darin?«
»Das müssen wir erst sehen.«
Eine schwere Ahnung fiel auf Katombos Seele. Die beiden Männer begaben sich nach dem Hofe und öffneten den Tragsessel. Der Strahl des Mondes fiel in das Innere desselben, und sie sahen ein blasses, geisterbleiches Frauenangesicht, dessen weit geöffnete glanzlose Augen ihnen gespenstisch entgegenstarrten.
»Sobeïde!« rief Katombo, völlig starr vor Schreck.
»Sobeïde, die
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