Scepter und Hammer
Leben eines Herrschers ist heilig und unantastbar.«
»Nicht heiliger und unantastbarer als jedes andere Leben. Aber sorge Dich nicht um mich. Nurwan-Pascha wird nichts thun, was er sich nicht zuvor reiflich überlegt hat. Aber wie kann ich das Kind erhalten?«
»Sie wird es mit getödtet haben.«
»Nein; eine Mutter tödtet nicht so leicht das einzige Wesen, dem sie erst das Leben gegeben hat. Hätte sie dies dennoch gethan, so würde die Leiche des Kindes mit in der Sänfte gelegen haben.«
»Ich gebe Dir Recht. Ich gebe zu, daß ihm das Kind nicht gehört; aber wie willst Du ihn zwingen es Dir auszuliefern? Wenn es so schön ist wie Deine Tochter, so wird es nach wenigen Jahren die Zierde seines Harems werden.«
»Es ist so schön. Ich muß warten, bis der Bescheid des Sultans eingetroffen ist.«
»Dann wirst Du Gelegenheit haben, Dich in Geduld zu üben. Wirst Du Deinem Weibe sagen, daß ihre Schwester gestorben ist?«
»Ja.«
»Ist es nicht besser, wenn Du es noch verschweigest?«
»Nein. Die Todte hat ein Recht auf das Beileid der Ihrigen und ich weiß, daß Ayescha ihre Schwester lieber todt als in den Armen dessen weiß, der ihren Vater tödtete. Komm, laß mich zu ihr gehen! Leïlka saaïde; Allah segne Deine Nacht!«
Mit schwerem Herzen verließ er die Todte, um die Lebende auf den Schmerz vorzubereiten, der ihrer bei der Nachricht von dem Geschehenen wartete.
Eine lange Zeit verging, ohne daß die Einsamkeit Katombo’s durch ein neues Ereigniß unterbrochen worden wäre, und erst nach einigen Monaten ließ sich das Ergebniß der Botschaft erfahren, welche sowohl er als auch der Vizekönig nach Konstantinopel gesandt hatte. Er saß eben beim Kef, 31 als einer der Diener eintrat und eine Meldung machte: »Effendina, es ist ein Mann draußen, der mit Dir reden will.«
»Wer ist es?«
»Ein Kapudan 32 aus Istambul.«
»Wie heißt er?«
»Fezzar Achmed.«
Das Gesicht Katombo’s verdüsterte sich. Fezzar Achmed war ein renitenter Untergebener gewesen, den er einige Male die Schärfe einer strengen Gerechtigkeit hatte fühlen lassen. Es war jedenfalls kein gutes Zeichen, daß der Sultan grad diesen Mann ausersehen hatte, den großherrlichen Bescheid zu überbringen.
»Laß ihn hereintreten!«
Der Diener folgte dem Gebote, und es erschien ein Mann, dessen wildes, von einem dichten Barte eingerahmtes Gesicht nicht eben ein Vertrauen erweckendes war. Statt der tiefen Verbeugung, welche er dem Range eines Kapudan-Pascha schuldig war, hob er einfach die Rechte bis in die Gegend des Herzens, trat einige Schritte vor und blieb dann in gerader, beinahe herausfordernder Haltung stehen.
»Fezzar Achmed, wer sendet Dich?« frug Katombo.
»Beide, der Großherr, den Allah seinen Liebling nennt, und der Kapudan-Pascha, der ein Held ist, wie Keiner je zuvor.«
»Der Kapudan-Pascha? Dieser bin ich!«
»Dieser warst Du, jetzt aber ist es Rumid-Pascha, der um Deinetwillen nach Smyrna verbannt wurde.«
»Ah! Allah ist groß, aber Du und der Sultan sind noch größer. Welches sind die Botschaften, die Du mir zu bringen hast?«
Der Kapudan langte in die Tasche und zog ein kleines Etui hervor, welches mit dem feinsten Saffianleder überzogen und an den Ecken mit Gold beschlagen war.
»Der Beherrscher aller Gläubigen sendet Dir durch mich für Deine früheren Verdienste und das, was er jetzt von Dir vernommen, diesen Schmuck. Er läßt Dir gebieten, ihn in meiner Gegenwart anzulegen, damit ich bestätigen kann, daß Du ihn wirklich getragen hast.«
Katombo nahm das Etui und öffnete es. Dasselbe enthielt den gefährlichen Schmuck, welchen zu vergeben das alleinige Recht des Sultans ist – die gelbseidene Schnur, an der sich Jeder aufzuhängen hat, der sie bekommt. Katombo ließ sein Auge lange auf ihr verweilen und meinte dann ruhig: »Zeige mir Deinen Biuruldu!«
»Du glaubst mir nicht?«
»Soll ich mich tödten auf das Wort eines Mannes, der mein Vertrauen nicht besitzt? Legitimire Dich!«
Ein Lächeln des Hohnes ging über das Gesicht des Kapudan. Er zog ein Pergament hervor und zeigte es dem Kapudan-Pascha.
»Hier hast Du die Vollmacht des Großherrn!«
»Sie ist ächt. Der Beherrscher aller Moslemin besitzt eine wunderbare und wahrhaft königliche Dankbarkeit. Allah möge ihn segnen! Welche Botschaft hast Du mir von dem neuen Kapudan-Pascha zu überbringen?«
»Ich habe Dir zu sagen, daß drei Männer sich Mühe gegeben haben, Dir dieses kostbare Geschenk auszuwirken.«
»Wer sind sie?«
»Der
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