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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nachhängen zu können nach dem hintersten Theile desselben, und war kaum dort angelangt, so vernahm er seitwärts ein Geräusch, welches ihn emporblicken ließ.
    Auf der hohen Mauer ritt ein Mann, welcher ihm grüßend zunickte und dann mit einem Sprunge vor ihm stand.
    »Was willst Du? Wer hat Dir erlaubt, auf eine so ungewöhnliche Weise hier Zutritt zu nehmen?«
    »Zarba!«
    Der Mann sprach nur dies eine Wort aus; aber es hatte eine sehr in die Augen fallende Wirkung.
    »Zarba?« rief Arthur. »Kennst Du sie? Wo ist sie? Schickt sie vielleicht Dich hierher?«
    Der Mann lächelte. Er war beinahe in Lumpen gekleidet, und sein Gesicht, der lang herabhängende Schnurrbart und die nackten, schmutzigen Füße ließen in ihm einen Zigeuner erkennen.
    »Zu Euch, dem Prinzen nicht!« antwortete er.
    »Du kennst mich?«
    »Ich kenne Euch und liebe Euch, denn Ihr seid ein Freund von meiner Herrin, welche mächtig und groß ist unter dem Volke der Weissagung.«
    »Wer ist Deine Herrin?«
    »Zarba.«
    »Und sie sendet Dich nicht zu mir?«
    »Nein.«
    »Aber Du kommst doch nach Schloß Sternburg. Was sollst Du hier?«
    »Es ist ein großer Mann hier anwesend, welcher aus dem Morgenlande stammt und vom Fürsten geschickt wurde?«
    »Ja,« antwortete Arthur erstaunt. »Wer hat Dir davon erzählt?«
    »Zarba weiß Alles. Ich muß mit diesem Manne sprechen.«
    »Was?«
    »Nichts. Ich habe ihm nur ein Schreiben zu geben.«
    »Er ist jetzt nicht allein; er hat Besuch. Du mußt also warten!«
    »Ich kann nicht warten. Wollt Ihr dieses Papier ihm übergeben?«
    »Ja.«
    »Ich komme wieder, um mir die Antwort zu holen.«
    Er wandte sich wieder nach der Mauer.
    »Halt!« gebot Arthur. »Du wirst mir einige Fragen beantworten, ehe Du von hier gehst!«
    »Welche?«
    »Wo ist Zarba?«
    »Das darf ich nicht sagen.«
    »Und wenn ich Dich zwinge?«
    »Der Zigeuner ist frei. Ihn zwingt Niemand. Und wenn ihn die Gewalt besiegt, so stirbt er, aber sein Mund schweigt.«
    »Aber wenn ich Dich bitte?«
    »Dann werde ich Euch Auskunft geben.«
    »Nun?«
    »Zarba wußte, daß Ihr nach ihr fragen würdet, und gebot mir, Euch zu sagen, daß ihr Geist stets neben Euch wandelt, ihr Auge alles sieht, was Ihr thut und ihrem Ohre kein Laut Eures Mundes entgeht. Sie muß verborgen bleiben noch eine kleine Weile; ist aber die Zeit gekommen, so wird sie erscheinen, auch ohne daß Ihr sie ruft.«
    »Ist sie weit von hier?«
    »Ich sagte, daß mein Mund schweigen und mein Fuß eilen muß. Ich habe den Mann zu verfolgen, welcher mit Euch draußen am Thore sprach.«
    »Wer ist er?«
    »Eine Viper, welche Euch sticht, sobald Ihr sie berührt. Seid gegrüßt von Zarba, der Königin ihres Volkes, und lebt wohl!«
    Einen nahe an der Mauer stehenden Baum benutzend, kletterte er auf dieselbe empor und war in der nächsten Minute auf der andern Seite verschwunden.
    Arthur hielt das kleine, zusammengefaltete und mit einem höchst eigenthümlichen Siegel versehene Billet in der Hand. Jetzt hatte er Gelegenheit gehabt, den Wunsch des Vaters zu befolgen und sich über Zarba vollständige Gewißheit zu verschaffen, doch war ihm der Bote mit der Glattheit eines Aals entschlüpft. Aber er mußte ja wiederkommen, um sich die Antwort zu holen, und dann gab es vielleicht Gelegenheit, die jetzt erfolglose Erkundigung mit besserer Wirkung zu erneuern.
    Er schritt langsam wieder dem Schlosse zu, da hörte er leichte Schritte, welche ihm entgegenkamen, und blieb halten. Es war Almah. Der Weg hier war schmal und wurde zu beiden Seiten von Buschwerk begrenzt. Er machte Miene, sich in das Letztere einzudrücken, um den Weg freizugeben, sie aber hielt ihn mit einer Bewegung ihrer Hand davon ab.
    »Bill – nicht wahr, so heißest Du –?«
    »Ja.«
    »Papa hat Dir wehe gethan. Sei ihm nicht gram dafür!«
    Er blickte ihr in die Augen, und dann mußte er die seinigen schließen, denn er fühlte, welche Gluth seinem Herzen entstieg, um sich in den Blick zu drängen.
    »Almah – nicht wahr, so heißen Sie?«
    »Ja.«
    »Und wissen Sie, was dieses Wort bedeutet?«
    »Nein.«
    »Almah heißt Seele, und – ohne Seele gibt es kein Leben, gibt es nur Tod. Erhalten Sie dem das Leben, welcher ohne Sie sterben müßte!«
    Er theilte das Gebüsch mit den Armen und zwängte sich hindurch. Er fühlte, daß er zuviel gesagt habe, aber bei dem Anblick dieses herrlichen Geschöpfes hatte sich die Liebe in ihm aufgebäumt, so daß ihm die Worte wider Willen und gegen alle Absicht entfahren waren.
    Er

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