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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sicher sei!«
    Er entriß ihm den Degen, zertrat denselben mit dem Fuße und schleuderte ihm das Gefäß mit solcher Kraft in das Gesicht, daß ein rother Blutstrahl aufspritzte. Vor Wuth und Schmerz laut heulend, stürzte sich der Getroffene auf ihn, fühlte sich aber sofort mit unwiderstehlicher Kraft gepackt und zu Boden geworfen. Dann riß der starke Seemann eine Ruthe vom nächsten Busche und zog ihm dieselbe wiederholt über das Angesicht.
    »So, an diesem Zeichen soll man Dich erkennen, und der gestrige Tag soll der letzte sein, an dem es Dir gelingt, ein Mädchen zu bethören!«
    Ein mächtiger Faustschlag vollendete den Sieg; der Prinz lag entehrt und besinnungslos am Boden. Als sich Arthur erhob war Almah entflohen. – – –

Zehntes Kapitel
Vor Jahren
    Früher stieg der dichte Wald viel weiter von den Bergen herab als jetzt, und erstreckte einen seiner Ausläufer sogar bis auf einige Meilen von der Hauptstadt hernieder. Eine weit in diese Forstzunge eindringende Umfriedung schloß ein Wildgehege ab, in welches einzudringen Jedermann außer dem Forstpersonale verboten war. Dennoch befanden sich eines Tages innerhalb der Umzäunung Personen, deren Habitus man sehr leicht ansehen konnte, daß sie weder zu diesem Personale noch zu sonst irgend welchen Berechtigten zählten.
    Zwischen zwei hohen Eichen, die wohl an die tausend Jahre zählen mochten und ihre stammesdicken Aeste weit in die Luft hinausstreckten, stand ein altersschwacher vierrädriger Karren. Der Gaul, welcher ihn gezogen haben mochte, weidete im hohen Grase, dessen saftige Stengel zwischen Moos und allerlei Grün hervorragten. Am Stamme des einen Baumes loderte ein helles Feuer, an welchem, über zwei Astgabeln gelegt, ein Rehrücken briet, den ein kaum zehnjähriger Junge mit einer Miene drehte, die ebensoviel Kennerschaft wie inneres Behagen ausdrückte.
    Der Knabe war nur halb bekleidet, und ebenso mangelhaft oder defekt zeigte sich die Umhüllung der andern Personen, welche in mancherlei Stellungen um das Feuer saßen oder lagen, um der Zubereitung des leckern Bratens zuzuschauen. Sie alle zeigten jene unverkennbaren Züge, welche der Physiognomie des Zigeuners eigenthümlich sind, schienen jedoch trotz ihres mehr als anspruchslosen Aeußeren nicht jenen nomadisirenden Horden anzugehören, welche Raub und Diebstahl als ihr eigentliches und einträglichstes Gewerbe betreiben.
    Auf dem Wagen saß auf einigen alten Betten – gewiß ein sehr ungewöhnlicher Luxus bei einer fahrenden Zigeunerbande – eine uralt scheinende Frau, jedenfalls die Vajdzina, und war beschäftigt, aus einigen verschossenen und farblosen Fetzen irgend ein Kleidungsstück herzustellen, dessen Art und Zweck jedoch nicht zu erkennen war. Auf der Deichselgabel ruhte der Vajdzina, bald einen Blick auf die Alte werfend, bald die immer dunkler werdende Farbe des Rehrückens musternd und dabei aus einem kurzen Pfeifenstummel den Rauch eines Krautes ziehend, dessen Geruch eine Verwandtschaft mit der Kartoffel als sehr wahrscheinlich erscheinen ließ. Auch die Zigeunermutter rauchte, aber der Geruch ihres Tabaks war ein anderer. Es wäre vielleicht möglich gewesen, daß der feinste Kenner das Aroma dieser Sorte bewundert hätte.
    Bei der Stille, welche ringsum herrschte, waren ferne Laute zu vernehmen, welche als gedämpfter Schall eines Gespräches durch die Büsche drangen und von zwei Personen herrührten, die sich von der Gesellschaft zurückgezogen hatten und einige hundert Schritte vom Wagen entfernt einander sich gegenüber befanden.
    Die eine von ihnen war ein Mädchen.
    Sie mochte kaum siebzehn Jahre zählen, aber ihre Formen waren beinahe diejenigen eines vollendeten Weibes, schwellend und üppig und doch dabei so fein und zart, als hätte eine einzige Stunde einem kindlichen Körper die Vollkommenheiten der entwickelten Jungfrau verliehen. Ihr kleines Köpfchen vermochte kaum die Fülle des reichen Haares zu tragen, welches ihr in einem langen, dichten, blauschwarz schimmernden Strome über den Nacken herniederfloß; die ideale Stirn, etwas egyptisch vorstehend, das feine, kleine Näschen mit den leicht beweglichen, trotz der dunklen Gesichtsfarbe rosa angehauchten Nasenflügeln, der schwellende, kleine Mund, zwischen dessen Lippen zuweilen zwei Reihen blendender schmaler Zähnchen zu bemerken waren, das mit einem liebenswürdigen Grübchen versehene Kinn, alle diese Einzelheiten gaben ihrem Antlitze einen Ausdruck, welcher den Kenner weiblicher Schönheit

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