Schabernackel
würde sie gleich erleben, wie ihr Wortsalat den Gästen schmeckt. Hoho, das wäre ein Spaß!“ Er schaute über den Rand der Wolke nach unten, um das Haus mit der Nummer vier nicht zu verfehlen. Da sah er! rau Gernlich in einem himmelblauen Kleid und mit einer rotledernen Handtasche über dem Arm die Lindenstraße entlanggehen.
„Sieh an, sieh an“, sagte er leise, „die Frau Gernlich! Wen will die denn besuchen? Doch nicht etwa... Tatsächlich, sie klingelt an Frau Schnatters Haustür! Das trifft sich ja großartig!“
Er senkte den linken Fuß, so daß die Wolke stehenblieb und er in Ruhe beobachten konnte, was da unten geschah. Schon öffnete Frau Schnatter die Tür und kam heraus.
„Ah, da sind Sie ja, liebe Frau Gernlich!“ rief sie. „Nett, daß sie so zeitig kommen! Treten Sie bitte ein, der Kaffee ist schon fertig. Ich habe Ihnen eine Unmenge zu erzählen, und darum wollen wir keine Zeit verlieren.“
Klapp, fiel die Haustür ins Schloß.
Schabernackel, der alles mit angehört hatte, lenkte die Wolke über den Schornstein hinweg in den Garten. Dort schwebte er langsam hinab und landete zwischen einem lila und einem rot blühenden Rhododendron. Das ist ein gutes Versteck, dachte er, hier kann niemand meine Wolke sehen. Er stieg aus und schob sie ganz in die Büsche hinein. Dann drehte er den Ring, den er am kleinen Finger der linken Hand trug, zweimal herum. Und da geschah etwas Merkwürdiges. Er wurde erst ganz blaß, dann weiß wie seine Wolke, dann durchsichtig wie Glas und war auf einmal unsichtbar! Auch die Flasche mit der grüngelben Flüssigkeit, die er in der Hand trug, war verschwunden. Er lachte leise, und das konnte man hören, denn unhörbar war er nicht.
Vorsichtig tappte er an den Stachelbeerbüschen vorbei auf das Haus zu. Weil die Hintertür verschlossen war, ging er einfach nach vorn zur Haustür und drückte auf den Klingelknopf.
„Oh, da kommt noch jemand!“ hörte er Frau Schnatter sagen. „Entschuldigen Sie, Frau Gernlich, ich seh nur mal rasch nach, wer es ist.“
Schabernackel kicherte.
„Da kannst du aber gucken, bis dir die Augen aus dem Kopf fallen“, flüsterte er. „Mich wirst du nicht erblicken!“
Als Frau Schnatter die Tür öffnete und sich suchend umschaute, schlüpfte er schnell an ihr vorbei und weiter ins Wohnzimmer. Dort war der Tisch festlich gedeckt. Der Kaffee dampfte in der Kanne. Schabernackel sah auf den ersten Blick, welche Tasse Frau Schnatter gehörte. Ohne zu zögern, drehte er den Stöpsel aus der Flasche und träufelte drei Tropfen hinein. Dann kletterte er auf einen Stuhl, von dort auf die Anrichte und hopp! auf den Wohnzimmerschrank. Schon kam Frau Schnatter wieder ins Zimmer. „Merkwürdig“, sagte sie, „ich habe es doch klingeln hören! Sollte ich mich so getäuscht haben? Es war niemand an der Tür!“ Kopfschüttelnd setzte sie sich auf ihren Stuhl.
„Vielleicht waren es Kinder, die Ihnen einen Streich spielen wollten“, vermutete Frau Gernlich. „Die haben ja heutzutage nur Dummheiten im Kopf. Machen Sie sich man keine Gedanken darüber, trinken Sie lieber von Ihrem köstlichen Kaffee, der ist nämlich ganz ausgezeichnet.“
„Das will ich meinen!“ bestätigte Frau Schnatter. „Sie sind ja hier nicht bei armen Leuten! Trinken Sie auch, bitte! Wenn die Kanne leer ist, koche ich gerne noch eine nach. Sie sollen sehen, wie frisch Sie davon werden!“
Nach diesen Worten setzte sie ihre Tasse an den Mund und trank sie in einem Zug leer. Und während sie die Kanne aufnahm und nachschenkte, sagte sie: „So eine Tasse Abend am Kaffee ist das Beste, was man haben kann. Ich tasse gern zwei, drei Trinken. Da spürt man so richtig, wie einem der Körper heiß durch das ganze Blut fließt.“
Schabernackel kicherte.
Der Spaß fängt an, dachte er, die Tropfen wirken schon. Frau Gernlich lachte, als sie den verdrehten Satz hörte. „Recht so, Frau Schnatter“, rief sie, „recht so! Machen Sie mal einen Spaß, dann läßt sich alles leichter ertragen. Ich mag Menschen, die fröhlich sind.“
„Ich auch, Frau Gernlich, ich auch“, stimmte Frau Schnatter zu. „Darum ist mir die aufgeblasene Frau Kück ja auch ein Auge im Dorn. Schon wenn sie morgens mit der Hand im Besen aus der Treppe kommt und die Tür fegt, möchte ich ihr am liebsten einen Eimer Kopf über das Wasser gießen.“
„Oh“, lachte Frau Gernlich, „jetzt haben Sie aber alles ein bißchen sehr durcheinandergebracht, Frau Schnatter. Das habe ich gar nicht
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