Schach mit einem Vampir
dumm, wie du glaubst. Einer wird kommen und dir dein Maul stopfen! Dir dein verdammtes Herz herausschneiden … So, wie du es mit unzähligen Unschuldigen getan hast!“ Der Vampir trat gelassen ein paar Schritte um den Tisch herum.
„Mein lieber Mister Fraizer, Sie vergessen sich. Vielleicht habe ich mich nur falsch ausgedrückt. Die Menschen mögen nicht dumm sein, aber sie sind sehr naiv. Sie glauben nur an das, was sie mit eigenen Augen sehen. War dieses Verhalten, bis vor wenigen Momenten, nicht auch noch beiIhnen zu beobachten gewesen? Wer von Ihrer Rasse glaubt denn schon an die Existenz von Vampiren? Eine Handvoll? Und werden diese Menschen nicht für ihren Glauben an das Unwahrscheinliche für verrückt erklärt?“ Fraizer sah beschämt zu Boden, als er darüber nachdachte. Hatte er nicht auch Professor Ashwill als verwirrten alten Mann abgetan? Er hatte sogar an einen Scherz geglaubt, den der Professor und Dr. Goldstein für ihn ausgeheckt hatten. „Glauben Sie mir, Mister Fraizer. Wenn man eine Zeit lang nichts mehr von dem Schachspieler hören wird, dann geraten seine Taten schnell in Vergessenheit. Die Menschheit konzentriert sich wieder auf andere spektakuläre Schlagzeilen in den Nachrichten. Der Täter steht fest: Er ist ein Mensch und nichts anderes. Sie sind es! Ihr Name kommt auf die Fahndungsliste. Aber ob man Sie erwischt oder nicht, ist nicht von Interesse. Wenn Sie verschwunden bleiben, wen kümmert es? Ja, man wird weiter nach Ihnen Ausschau halten, aber es wird dem Zufall überlassen sein, ob man Sie fängt oder nicht. Genauso ist es auch schon in der Vergangenheit bei vielen anderen Fällen geschehen. Und so geschieht es auch heute wieder, beim Fall um den Schachspieler . Und die Polizei und das FBI? Diese Behörden suchen Spuren. Wenn sie keine für sie Verwertbaren finden, kommen sie mit ihren Ermittlungen nicht weiter. Auch bei den Behörden läuft viel nach dem Zufallsprinzip. Ja, es gab und gibt auch dort hartnäckige Menschen, die versuchen, über den Tellerrand ihrer vorgegebenen Welteinstellung zu schauen und neue Wege, neue Möglichkeiten, zu finden. Doch was bringt es diesen Sonderlingen schon ein? Zum Beispiel in dem Fall von FBI Special Agent Josef Harris den Tod! Letztendlich war er nur ein nützliches Hilfsmittel um die Schuld auf Sie zu lenken.“ Fraizer war noch immer wie benommen und konnte nur eingeschränkt nachdenken.
„Wer … wer waren Sie in der Vergangenheit? Sie waren doch auch einmal ein Mensch, nicht immer dieses gefühllose Monstrum, stimmt es? Tun Ihnen Ihre Opfer nicht leid und wieso schneiden Sie Ihnen die Herzen aus den Leibern? Oder sind Sie ohne jegliches Mitgefühl geboren worden?“
Der Vampir schritt nun ganz um den Tisch herum und sah Fraizer durchdringend an.
„Wenn man so lange existiert wie ich, dann gerät die Vergangenheit leicht in Vergessenheit. Sie existiert für mich nicht mehr. Ja, ich war einst wohl auch einmal ein Mensch, doch daran vermag ich mich kaum noch zu erinnern. Ich weiß nur noch, dass meine Existenz in Ungarn ihren Ursprung nahm. Aber das ist auch schon alles, was ich noch darüber weiß. Es spielt auch keine Rolle mehr, ob ich mich erinnere. Es zählt nur, was ich jetzt bin und in Zukunft sein werde. Aber, Mister Fraizer, so ganz ohne Gefühle, wie Sie bestimmt annehmen, bin auch ich nicht. Als ich dieses wunderbare Wesen dort vorn am Boden auf einem Foto in der Wohnung ihres Bruders erblickte, habe ich mich sofort in sie verliebt. Ein Gefühl, das ich in den Jahrhunderten verloren glaubte, blühte in mir auf. Es war, als ob der Frühling den langen, kalten Winter vertreibt. Und warum ich den Toten die Herzen herausschneide, wollen Sie erfahren? Nun, das mache ich einzig und allein darum, damit die Gebissenen nicht ebenfalls als Vampire auf der Erde wandeln. Zu Anfang nahm ich Holzpflöcke und rammte sie in ihre Leiber. Doch manchmal verfehlte ich das Herz und der Ausgesaugte erhob sich ebenfalls als Nachtwandler. Es war dann wesentlich schwieriger den neuen Vampir auszuschalten, als ihn in der Phase der Transformation zu töten. Stellen Sie sich doch nur einmal vor, ich würde alle wiederkehren lassen, die ich gebissen hätte? Bald gäbe es keine Menschen mehr, keine Nahrung für mich. Also entschied ich mich für die etwas, zugegebenermaßen, abstoßende, radikale Variante. Aber nur deshalb, um hundertprozentige Gewissheit zu haben ...“
„Sie wollen mit Ihrem Handeln also nur Ihre Nahrungsreserven schonen? Habe ich
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