Schach mit einem Vampir
Detektiv, mit was für einem gefährlichen Psychopathen er es hier zu tun hatte. Und wo hatte er sich zuvor eigentlich aufgehalten? Hatte er seine Komplizen über seinen Gefangenen informiert? Würden die restlichen Mitglieder zu Fraizers Hinrichtung auch gleich erscheinen und ihre fürchterlichen Praktiken an ihm zelebrieren? Der Detektiv konnte noch immer nicht daran glauben, dass es nur mit einem Einzeltäter zu tun hatte. Und schon gar nicht akzeptierte er den Gedanken, dass es sich wirklich etwa um einen Vampir handeln könnte. Fraizer wollte den Irren nicht unnötig reizen, sondern auf seine Chance warten, den Wahnsinnigen zu überwältigen. Deshalb setzte er sich widerwillig zurück an den Tisch. Vielleicht konnte er seinem Gegenüber in einem Gespräch noch ein paar Geheimnisse entlocken, die, falls er entkommen sollte, weitere Erkenntnisse zu den vielen Morden und deren Hintergründe bringen konnten. Und ein Gespräch mit dem Schachspieler würde ihm wertvolle Zeit verschaffen. Zeit, die er benötigte, um sich einen Plan zurechtzulegen, um diesen Psychopathen auszuschalten. Er sondierte die Möglichkeiten.
„Sie haben die weißen Spielfiguren, Mister Fraizer. Also eröffnen Sie die Partie“, forderte der Fremde mit den unergründlichen Augen ihn auf, eine Figur zu setzen. Der Schachspieler stand vor dem Tisch. Zwar gab es einen weiteren Stuhl in diesem merkwürdigen Raum, doch dieser stand in dem hintersten Winkel und der Stehende machte keine Anstalten, ihn sich zu holen. Auf Fraizers Stirn bildeten sich vor Anspannung kleine Schweißperlen.
„Warum haben Sie Miss Meyers getötet? War das wirklich notwendig? Was hat Sie Ihnen denn getan?“ Ein kurzer, sondierender Blick auf Fraizer, dann glitten die Pupillen des Schachspielers wieder zurück auf das Spielbrett. Er setzte einen Bauern und antwortete scheinbar beiläufig, als wäre nur das Spiel von Wichtigkeit.
„Das sehen Sie vollkommen falsch, Steve. Sie scheint nur tot zu sein. Doch sie wird wiederkehren. Und dann wird sie Sie und auch noch viele andere Generationen der Menschheit überdauern. Gemeinsam mit mir! Ihre Sorge ist also nicht gerechtfertigt.“ Fraizer schob einen weiteren Bauern ins Feld vor.
„Moment mal! Sie wollen mir damit doch sicher sagen, dass Sie ihr Drogen verabreicht haben und sie sich nur in einem todesähnlichen Zustand befindet? Und Sie wollen sie dann in Zukunft hier unten wie ein Tier gefangen halten und mit ihr widerwärtige Dinge veranstalten? Aber Sie haben eine Sache vergessen, Sie kranker Mistkerl. Ein Körper funktioniert nur, wenn sich genügend Blut in ihm befindet.“ Nicht nur in Fraizer stieg der Zorn auf. Auch der Unheimliche zeigte langsam Ungemach.
„Sie haben es immer noch nicht verstanden, Mister Fraizer. Das, was ich Miss Meyers geschenkt habe, ist mit Ihrem, wie ich jetzt leider feststellen muss, minderbemittelten Verstand leider nicht zu greifen. Ich hatte Sie für klüger und weltoffener gehalten. Ich hatte gehofft, endlich einen gleichwertigen Gegner gefunden zu haben. Jemanden, der meine Überlegenheit gegenüber der Menschheit anerkennt.“ Fraizer nahm vor Zorn die gerade gesetzte Spielfigur seines Gegenübers vom Brett.
„Minderbemittelt? Sie sind doch hier der Geisteskranke. Hausen unter der Erde und kommen nachts wie eine lichtscheue Kakerlake herausgekrochen, um unschuldige Menschen umzubringen und ihre Körper hinterher noch zu zerstückeln. Und für was halten Sie sich eigentlich? Was soll das schwachsinnige Gequatsche, Sie seien der Menschheit überlegen? Wachen Sie endlich auf, Mann. Hat Ihr geisteskranker Verstand schon eine Grenze überschritten, von der es kein Zurück mehr gibt? Na, und wo bleiben denn ihre Verbündeten? Haben Sie Ihre Leute schon alarmiert? Dann können Sie und Ihre verdammte Sekte mich als Nächsten umbringen und Ihre kranken Rituale an mir abhalten. Aber tun Sie mir danach bitte noch einen Gefallen, Mr. Arschloch! Schieben Sie sich Ihr verdammtes Messer, mit dem Sie ja so gerne anderen Menschen die Herzen herausschneiden, sonst wohin! Und ihr bescheuertes Markenzeichen, die Schachfigur, gleich hinterher!“ Danach schleuderte Fraizer die Spielfigur gegen die Wand. Sie zerbrach in zwei Teile. Er beobachtete, wie auch sein Gegenüber innerlich vor Wut fast zu explodieren drohte. Machte der Verbrecher nun einen Fehler, den der Detektiv zu seinen Gunsten ausnutzen konnte? Doch die Wut des Schachspielers ging in eine ganz andere Richtung, als Fraizer es erwartet
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