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Schachfigur im Zeitspiel

Schachfigur im Zeitspiel

Titel: Schachfigur im Zeitspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Zeitbaggers diente zweifellos auch diesem Ziel. Wenn schon so viel getan worden war, dann konnte auch der Rest folgen.
    Aber von alledem ergab ein Element noch immer keinen Sinn. In dieser Gesellschaft wurden sämtliche Zygoten vom Quell ausgebrütet und bewahrt, ein rein künstlicher Vorgang.
    Parsons wählte seine Worte vorsichtig. »Dieser Mann«, sagte er zu Loris. »Ihr Vater. Ist er im Quell geboren?«
    Sie und Helmar betrachteten ihn mit gleicher Vorsicht. »Niemand wird außerhalb des Quells geboren«, sagte Loris mit leiser Stimme.
    Helmar sagte voller Ungeduld: »Was hat diese Information mit Ihrer Arbeit zu tun? Wir haben komplette Daten über seinen körperlichen Zustand im Augenblick des Todes. Sein Tod ist es, der Sie etwas angeht, nicht seine Geburt.«
    »Wer hat den Quader gebaut?« fragte Parsons geradeheraus.
    »Warum?« sagte Loris kaum hörbar. Sie blickte Helmar an.
    »Die Ausführung«, erklärte Helmar langsam, »ist mit der des Quells, den die Regierung betreibt, identisch. Es war kein Spezialwissen erforderlich, um in kleinem Maßstab nachzubauen, was die Regierung in großem Stil betreibt.«
    »Irgend jemand hat also die Pläne hierhergebracht und all dies gebaut«, beharrte Parsons. »Offensichtlich unter großem Risiko und für einen bedeutsamen Zweck.«
    Loris sagte: »Um ihn zu erhalten. Meinen Vater.«
    Parsons hakte sofort nach, und er fühlte seinen Puls jagen. »Dann ist der Quader nach seinem Tod gebaut worden?«
    Keiner von ihnen antwortete.
    »Ich verstehe wirklich nicht«, sagte Loris schließlich, »was dies alles mit Ihrer Arbeit zu tun hat. Wie Helmar schon sagte.«
    »Also bin ich für Sie nur ein bezahlter Angestellter?« sagte Parsons. »Kein wirklich Gleichgestellter, der als Gleichgestellter mit Ihnen reden kann?«
    Helmar blickte ihn finster an, aber Loris wirkte eher beunruhigt als verärgert. Unsicher sagte sie: »Nein, überhaupt nicht. Es ist nur so, daß das Risiko sehr groß ist. Und eigentlich geht es Sie nichts an, nicht wahr? Warum sollte es auch, Doktor? Wenn Sie einen Patienten behandeln, irgend jemanden, der krank oder verletzt ist – erkundigen Sie sich dann auch nach seiner Vergangenheit, seinem Glauben, seinem Ziel im Leben, seiner Philosophie?«
    »Nein«, gab er zu.
    »Wir werden es Ihnen vergelten«, sagte Loris. »Wir können Sie in jeden Zeitabschnitt versetzen, den Sie bestimmen.« Ihm gegenüber, auf der anderen Seite des Tisches, lächelte sie hoffnungsvoll und schmeichelnd.
    Aber Parsons sagte: »Ich habe eine Frau, die ich liebe. Ich will zu ihr zurückkehren, das ist alles.«
    »So ist es«, sagte Helmar. »Wir haben sie gesehen, als wir unterwegs waren und nach Ihnen gesucht haben.«
    »Und obwohl Sie das wußten«, sagte Parsons, »haben Sie mich ohne mein Wissen oder meine Erlaubnis hierhergebracht. Ich verstehe, meine persönlichen Gefühle interessieren Sie nicht.« Er zögerte. »In Ihren Augen bin ich nichts Besseres als ein Sklave!«
    »Das ist nicht war«, sagte Loris. Und er sah Tränen in ihren Augen. »Sie müssen uns nicht helfen. Sie können in Ihre Eigenzeit zurückkehren, wenn Sie wollen. Es liegt an Ihnen.« Plötzlich erhob sie sich vom Tisch. »Entschuldigen Sie mich«, sagte sie mit erstickter Stimme und lief aus dem Zimmer.
    Gleich darauf sagte Helmar: »Sie können Ihre Gefühle leicht nach vollziehen.« Er saß da und nippte gleichmütig an seinem Kaffee. »Bis Sie gekommen sind, hat es nie eine Chance gegeben. Gestehen wir mal ein, daß ich Sie nicht besonders interessiere. Aber das ist nicht das Problem. Sie tun dies nicht für mich. Sie tun es für sie.«
    Damit hatte der Mann recht.
    Und doch hatte sich sogar Loris zurückgehalten und ihm keine ehrlichen Antworten gegeben. Die ganze Atmosphäre war durchdrungen von diesem Gefühl des Versteckten, des Verborgenen. Warum vor ihm? Wenn sie ihm weit genug vertrauten, um ihm den Mann im Quader zu zeigen, den Quader selbst zu enthüllen, was konnte es dann mehr geben? Nahmen sie an, daß er, wenn er mehr über sie wußte, nicht mit ihnen zusammenarbeiten würde?
    Er schob seine Verdächtigungen zurück und saß wie Helmar da und nippte an seinem Pharisäer-Kaffee. Unaufdringlich kamen und gingen Bedienstete.
    Weder er noch Helmar sagten etwas. Schweigend tranken sie. Der Cognak war sehr gut und echt. Schließlich stellte Helmar seine Tasse ab und erhob sich.
    »Fertig, Doktor?« fragte er. »Können Sie mit Ihrer ersten Voruntersuchung beginnen?«
    Auch Parsons stand auf.

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