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Schachfigur im Zeitspiel

Schachfigur im Zeitspiel

Titel: Schachfigur im Zeitspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Ausrüstung außer Sicht halten.«
    Vor ihnen stand eine Gruppe von Männern und Frauen, die Pelze und Mokassins trugen. Es fiel schwer, die Tatsache zu akzeptieren, daß so primitiv aussehende Leute allein durch Schminke und Kostüme derart zurechtgemacht worden waren. Mit einem Schock erkannte er Helmar inmitten dieser Gruppe. Ihre Gesichter waren finster, die Haare zurückgeflochten, ihr ganzes Äußeres war von bedrohlichem, kriegsmäßigem Zuschnitt, und sie verbreiteten eine Atmosphäre von Wut und Mißtrauen um sich herum. Eine Illusion, entschied er, durch ihre Kostümierung hervorgerufen.
    Das wie poliert wirkende Rot ihrer Haut leuchtete in dem Kunstlicht, das in all diesen unterirdischen Räumen vorherrschte. Das war natürlich, dieses feine, eindrucksvolle Rot. Er blickte auf seine Arme hinunter. Wie anders er sich fühlte, verglichen mit ihnen … was für ein Kontrast.
    »Das wird schon in Ordnung gehen«, sagte Loris. »Wir haben Färbemittel.«
    »Ich habe meine eigenen«, sagte er. »In meinem Instrumentenkoffer.«
    In einem Nebenraum allein, zog er sich nackt aus. Dieses Mal rieb er den ganzen Körper mit dem Farbstoff ein und ließ den verräterischen Bereich des Unterkörpers nicht mehr weiß, wie er das bei seiner letzten Verwandlung getan hatte. Dann färbte er mit Hilfe mehrerer Diener sein Haar schwarz.
    »Das reicht nicht«, meinte Loris, als sie das Zimmer betrat.
    Erschrocken gab er von sich: »Ich habe nichts an.« Er stand splitternackt da, das rötliche Färbemittel trocknete auf seiner Haut, und die Diener flochten ihm künstliches Haar in sein eigenes, um ihm Länge zu geben. Loris kümmerte sich nicht um seine Blöße.
    »Du mußt an deine Augen denken«, sagte sie. »Sie sind blau.«
    Dem wurde mit Kontaktlinsen abgeholfen, die seinen Pupillen eine dunkelbraune Färbung gaben.
    »Jetzt sieh dich im Spiegel an«, sagte Loris. Vor ihm wurde ein mannsgroßer Spiegel aufgestellt, und Parsons betrachtete sich darin. Mittlerweile machten sich die Diener daran, ihn in die Pelze zu hüllen. Loris sah kritisch zu und sorgte dafür, daß ihm jedes Kleidungsstück peinlich korrekt angelegt wurde.
    »Zufrieden?« erkundigte er sich. Der Mann im Spiegel bewegte sich, wenn er sich bewegte; er hatte Mühe, dieses Bild als seines zu akzeptieren, diesen finster blickenden Krieger mit nackten Armen, nackten Beinen, mit der kupferfarbenen Haut und den glänzenden, ungeschnittenen Haaren, die ihm weit übers Genick hinabfielen.
    »Fein«, kommentierte Loris. »Es ist nicht notwendig, daß wir authentisch aussehen, wir müssen nur für die Engländer des sechzehnten Jahrhunderts in deren stereotypes Bild von einem Indianer passen – sie sind diejenigen, die wir täuschen müssen. Sie haben hier und dort auf den Klippen mehrere Späher postiert, die ihr kielgelegtes Schiff bewachen.«
    »Wie steht es mit den Beziehungen zwischen Drakes Mannschaft und den einheimischen Indianern?« fragte Parsons.
    »Offenbar gut. Er hat nach Herzenslust spanische Schiffe geplündert, und dementsprechend gibt es eine Menge wertvoller Güter an Bord – es besteht keine Notwendigkeit, die Umgebung heimzusuchen. Für ihn und seine Männer hat die kalifornische Küste keinen Wert; er ist nur dort, weil er, nachdem er die spanischen Schiffe vor Chile und Peru erfolgreich gekapert hat, nach Norden gesegelt ist, um dort eine Passage in den Atlantik zu suchen.«
    »Mit anderen Worten also«, sagte Parsons, »ist er nicht als Eroberer dort. Wenigstens nicht als Feind der Indianer. Es waren andere Weiße, auf die er Jagd gemacht hat.«
    »Ja«, gab sie zu. »Und jetzt, da wir alle bereit sind, glaube ich, daß wir besser zu den anderen zurückgehen sollten.«
    Als sie zu der Gruppe zurückgingen, fragte Loris: »Bist du mit den Kontrollen unseres Zeitschiffes genügend vertraut, damit du es im Notfall steuern kannst?«
    »Das hoffe ich«, erwiderte er.
    Loris sagte: »Du kannst in Nova Albion getötet werden.«
    »Ja«, murmelte er und dachte an die leblose Gestalt, die lautlos und unveränderlich in der Vereisungsflüssigkeit schwebte. Und wenn irgend etwas falsch läuft, dachte er, wenn wir nicht mehr in der Lage sind, in die Jetztzeit zurückzukehren …
    Wir würden Abalonen und Muscheln sammeln. Von Wapitis und Wild und Geflügel leben.
    Diese Leute konnten wohl die Tugenden der indianischen Kultur rühmen, aber bestimmt waren sie unfähig, sie zu ertragen. Mit einem unheimlichen Gefühl dachte er: Wahrscheinlich würden sie

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