Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schadensersatz

Schadensersatz

Titel: Schadensersatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
Mülltonnen schlich ich mich in den Schatten des nächsten Hauses, die rechte am Revolvergriff. Freddie rührte ich nicht. Eng an die Hauswände gedrückt, lief ich rasch die Gasse hinunter. Nachdem ich etwa den halben Weg hinter mich gebracht hatte, verlangsamte ich das Tempo.

15
    Die Gewerkschaftsmaid
    Paul wartete an der verabredeten Stelle. Er hatte es sehr geschickt gemacht - der Wagen war von der Gasse aus nicht zu ;sehen. Ich glitt auf den Beifahrersitz und schloss sanft die Tür. >Gab's Probleme?«, fragte er, als er den Motor startete und anfuhr.
    »Nein. Aber hinten in der Gasse schläft ein Kerl, den ich kenne. Sie müssen Lotty von der Klinik aus anrufen. Sagen Sie ihr, sie darf Jill keinesfalls allein in der Wohnung lassen. Vielleicht kann sie für die Fahrt zur Klinik um Polizeischutz ersuchen. Sie soll ihn telefonisch bei Lieutenant Mallory anfordern.«
    »In Ordnung.« Er war wirklich sehr nett. Schweigend legten wir das kurze Stück bis zur Klinik zurück. Ich gab ihm meine Autoschlüssel und erklärte ihm noch einmal, wo sich der Wagen befand. »Es ist ein dunkelblauer Chevy Monza.«
    »Viel Glück«, sagte er mit seiner angenehm vollen Stimme. »Machen Sie sich um Jill und Lotty keine Sorgen - ich werde auf sie aufpassen.«
    »Um Lotty mache ich mir niemals Sorgen«, erwiderte ich und rutschte auf den Fahrersitz. »Sie hat eine ganz besondere Eigendynamik.« Ich rückte mir den Außenspiegel und der Rückspiegel zurecht und legte den Gang ein. Lotty fuhr einer kleinen Datsun - praktisch und bescheiden wie sie.
    Ich behielt ständig die Straße hinter mir im Auge, als ich durch die Addison Street zum Kennedy Expressway hinüber fuhr, doch ich schien allein zu sein. Die Luft war feuchtkalt der typische Dunst einer stickigen Nacht, der sich nach Sonnenaufgang wieder in Smog verwandeln würde. Der östliche Himmel war bereits hell, und ich fuhr in flottem Tempo durch die leeren Straßen. Auf dem Expressway herrschte nur wenig Verkehr; nach fünfundvierzig Minuten hatte ich bereits die nördlichen Vororte hinter mir gelassen und befand mich auf der gebührenpflichtigen Autobahn nach Milwaukee.
    Lottys Datsun fuhr sich leicht, obwohl ich nicht mehr ans Schalten gewöhnt war und die Gänge beim Herunterschalten gelegentlich etwas krachten. Sie hatte auch ein Autoradio, mit dem ich den regionalen Sender bis weit hinter der Grenze von Illinois empfangen konnte. Danach wurde der Empfang schlecht, und ich schaltete ab.
    Als ich um sechs Uhr morgens die Umgehungsstraße von Milwaukee erreichte, war es heller Tag. Ich war vorher noch nie in Hartford gewesen, jedoch sehr häufig in Port Washington, fünfzig Kilometer weiter östlich am Michigansee gelegen. Soweit mir bekannt war, musste ich dieselbe Straße nehmen und dann - fünfunddreißig Kilometer nördlich von Milwaukee - nach Westen in die Sechziger einbiegen statt nach Osten.
    Um 6 Uhr 50 brachte ich den Datsun vor der First National Bank von Hartford auf der Hauptstraße zum Stehen, direkt gegenüber von Ronna's Cafe - Hausmannskost. Mir klopfte das Herz. Ich löste den Sicherheitsgurt und stieg aus, um mir die Beine zu vertreten. Die Entfernung von knapp zweihundertvierzig Kilometern hatte ich in zwei Stunden und zehn Minuten bewältigt. Nicht übel.
    Hartford liegt in einer herrlichen Moränenlandschaft und ist das Zentrum der Milchwirtschaft von Wisconsin. Es gibt dort eine kleine Chrysler-Niederlassung, in der Außenbordmotoren gefertigt werden, aber das meiste Geld wurde in der Landwirtschaft verdient; die Leute waren hier früh auf den Beinen. Ronna's Cafe öffnete seine Türen um halb sechs, wie einem Anschlag zu entnehmen war, und gegen sieben waren die meisten Tische besetzt. Ich nahm mir den Milwaukee Seninel aus einem stummen Verkäufer neben der Tür und setzte mich an einen freien Tisch im Hintergrund.
    Eine Bedienung kümmerte sich um die Menge vor der Theke, eine zweite bediente an den Tischen. Sie hastete durch die Schwingtüren am Ende des Cafés, die Arme mit Tellern beladen. Ihr kurzes, gelocktes Haar war schwarz gefärbt. Es war Anita McGraw.
    Sie lud Pfannkuchen, Spiegeleier, Toast und Bratkartoffeln auf einem Tisch ab, an dem drei stattliche Männer in Latzhosen ihren Kaffee tranken, und stellte dann ein Spiegelei vor eilen gut aussehenden jungen Mann in dunkelblauem Overall am Nachbartisch. Sie sah mich mit dem gequälten Gesichtsausdruck an, der allen überarbeiteten Kaffeehausbedienungen eigen ist. »Ich komme sofort.

Weitere Kostenlose Bücher