Schadensersatz
McGraw und Masters? Das dürfte allerdings nicht so schwer herauszufinden sein. Wahrscheinlich drehte sich alles um eine Geldquelle, unversteuertes Geld vermutlich. In diesem Fall bot sich Thayer ganz natürlich an als Masters' Nachbar, guter Freund und stellvertretender Generaldirektor einer Bank. Ihm standen bestimmt Dutzende von Möglichkeiten der Geldwäsche zur Verfügung, Möglichkeiten, die ich mir nicht annähernd vorstellen konnte. Angenommen, er übernahm die Geldwäsche und Peter kam ihm auf die Schliche. McGraw ließ Peter von Smeissen umbringen. Dann packte Thayer die Reue. »Ich mache da nicht mit!«, hatte er gesagt - zu Masters? Oder zu McGraw? Earl wurde beauftragt, auch Thayer beiseite zu räumen.
Schön langsam, Vic, bremste ich mich, als ich in den Wagen stieg. Bis jetzt hast du nur eine einzige Tatsache ermittelt McGraw und Masters kennen sich. Aber war das nicht ein< wundervolle und äußerst viel sagende Tatsache?
Auf dem Wrigley Field hatte gerade die fünfte Runde begonnen; die Cubs waren dabei, Philadelphia zu überrollen. Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen wurden sie durch Smog und drückende Hitze geradezu stimuliert. Alle schleppten sich mühselig über die Runden, doch die Cubs führten acht zu eins. Kingman machte seinen vierunddreißigsten Punkt. Mir kam der Gedanke, dass ich mir wohl das Vergnügen verdient hätte, den Rest des Spiels auf dem Platz anzusehen, aber standhaft, wie ich war, schlug ich mir die Idee aus dem Kopf.
Ich kam um 14 Uhr 30 in die Klinik zurück. Das Wartezimmer war noch voller als am Vormittag. Ein kleines Klimagerät am Fenster kämpfte vergeblich gegen die Hitze und die Ansammlung menschlicher Leiber. Als ich eintrat, ging die Tür zum Sprechzimmer auf, und ein Gesicht erschien. »Bösartig und dumm« war eine treffende Charakterisierung gewesen. »Sie sind bestimmt Paul«, sagte ich und gab ihm die Hand, »Ich bin Vic.«
Er lächelte. Die Veränderung war einfach unglaublich. Plötzlich sah man seinen Augen an, wie intelligent er war, und sein Gesicht wirkte nicht mehr primitiv, sondern anziehend. Mir kam der flüchtige Gedanke, ob Jill wohl alt genug war. um sich zu verlieben.
»Hier ist alles ruhig«, meinte er. »Ausgenommen die Kinder. Möchten Sie mal mit hinauskommen und sehen, wie es Jill geht?«
Ich folgte ihm nach hinten. Lotty hatte den Stahltisch aus ihrem zweiten Sprechzimmer entfernt. In diesem winzigen freien Raum saß Jill und spielte mit fünf Kindern im Alter zwischen zwei und sieben Jahren. Man sah ihr an, dass sie sich wichtig vorkam, eben wie ein Mensch, der mit einer sehr schwierigen Situation fertig wird. Ich lächelte in mich hinein. Ein Baby schlief in einem Korb in der Ecke. Als ich hereinkam, blickte sie auf und sagt: »Hallo!« Ihr Lächeln war jedoch für Paul bestimmt. War das eine unnötige Komplikation der Dinge oder eine Hilfe? Ich war mir nicht sicher.
»Wie steht's denn so?«, fragte ich.
»Fantastisch. Wenn's zu hektisch wird, macht Paul mit ihnen immer eine kleine Reise zum Clown. Ich habe nur Angst, dass es ihnen dort zu gut gefallen könnte, dann plärren sie nämlich die ganze Zeit mit Absicht!«
»Meinst du, du könntest sie für ein paar Minuten allein lassen? Ich hätte dir gern einige Fragen gestellt.«
Zweifelnd besah sie sich die Gruppe. »Na geh schon«, sagte Paul aufmunternd. »Ich werde dich vertreten - du hattest sowieso schon zu lange Dienst.«
Sie erhob sich. Eines der Kinder, ein kleiner Junge, protestierte. »Du darfst nicht weg!«, erklärte er laut und kategorisch.
»Klar darf sie«, meinte Paul, der lässig an ihrer Stelle in die Hocke ging. »Was habt ihr denn gerade gemacht?«
Ich führte Jill in Lottys Büro. »Sieht aus, als wärst du ein Naturtalent«, sagte ich. »Lotty wird dich vermutlich überreden wollen, den ganzen Sommer hier zu bleiben.«
Sie wurde rot. »Das wäre schön. Ich frage mich nur, ob das wirklich ginge.«
»Warum nicht, wenn wir mal die andere Sache hinter uns gebracht haben? Bist du jemals mit Anitas Vater zusammengetroffen?«
Sie schüttelte den Kopf. Ich zog meinen Stoß Fotos hervor und sortierte die von McGraw aus. »Das ist er. Hast du ihn je gesehen, entweder bei deinem Vater oder vielleicht in der Nachbarschaft?«
Sie studierte die Bilder eine Weile. »Ich glaube nicht, dass ich ihn schon mal gesehen habe. Er sieht Anita überhaupt nicht ähnlich.«
Ich hielt einen Augenblick inne, weil ich noch nicht genau wusste, wie ich ihr das Nächste
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