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Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Abschluß. Danach gleitet er in einen behaglichen Schlummer hinüber, aus dem er erst erwacht, als die melodischen, aber unüberhörbaren elektronischen Signale das herannahende Ende ihrer dreistündigen Mietperiode verkünden. Er findet sich behaglich an Nickis Brüste gebettet. Sie ist wach und scheint es schon längere Zeit zu sein, aber ihr Lächeln ist beseligt, und ohne Zweifel hätte sie ihn die ganze Nacht so gehalten – eine reizvolle Vorstellung. Nun, die Nacht ist ohnedies weit vorangeschritten. Sie stehen auf, waschen sich, kleiden sich an und gehen hinaus in die kühle, vom Mond erhellte Dunkelheit. Wie Kinder, die sich vom Spielplatz nicht trennen mögen, wandern sie in einen Spielsalon, eine Weinschenke und eine Kegelbahn, alle drei vollgestopft mit lärmenden, angetrunkenen Zechern und hohläugig aussehenden Nachtschwärmern, aber sie bleiben nirgendwo länger als ein paar Minuten, wandern so ziellos wieder hinaus, wie sie hineingekommen sind, und endlich gestehen sie einander ein, daß sie genug haben. Also zum Bahnhof. Der Morgen ist nicht mehr fern.
    Von der Decke über dem Bahnsteig hängt ein mehrere Quadratmeter großer Bildschirm, der zum Abschluß des Nachtprogramms eine Nachrichtensendung bringt. Schadrach blinzelt trübe hinauf und sieht Mangus Gesicht zurückblicken, aufrichtig, ernst und irgendwie überzeugend. Anscheinend bringt das Fernsehen einen Ausschnitt aus einer Ansprache. Nach und nach, denn er ist sehr müde, erkennt Schadrach, daß es die schon klassisch gewordene Vertröstungsrede ist, die der Vorsitzende traditionell zweimal im Jahr zu halten pflegt und nun offenbar dem Nachfolger delegiert hat. »… vor einem entscheidenden Durchbruch in der pharmakologischen Technik«, sagt Mangu. »… ermutigende Fortschritte… bedeutende qualitative Verbesserungen der Fabrikationstechnologie… dank den unaufhörlichen Bemühungen des Permanenten Revolutionsrates… der umsichtigen und beharrlichen Führung unseres geliebten und verehrten Vorsitzenden… die Verteilung der Ronkevic-Immunisierung im breitesten Umfang gewährleisten… die Geißel der Organzersetzung endlich gebannt werden… die Zeit rückt näher, wo… eine glückliche, gesunde Menschheit…«
    Ein beleibter Mann mit rotem Gesicht und vorquellenden Augen, der ein paar Meter weiter auf dem Bahnsteig steht, lacht behäbig und sagt zu seiner Frau: »Recht hat er. Es dauert nur noch neunzig oder hundert Jährchen.«
    »Sei still, Bela!« zischt seine Frau und blickt alarmiert in die Runde.
    »Aber es ist die Wahrheit. Es stimmt nicht, daß die fabrikmäßige Herstellung des Gegenmittels schon in Reichweite ist. Ich sage dir, ich habe die Zahlen gesehen. Ich habe verläßliche Gutachten gelesen.«
    Schadrach beginnt sich zu interessieren. Der dicke Mann ist Bela Horthy, ein ungarischer Physiker, vor dem Krieg einer der Schöpfer der ersten Produktionsanlage für Fusionsenergie in Bayan Hongor, die jetzt den größten Teil Nordostasiens mit Strom versorgt. Heute bekleidet er eine hohe Stellung im Ministerium für Technologie und zählt zum Beraterstab des Revolutionsrates. Es mutet ein wenig sonderbar an, von einer so hochgestellten Persönlichkeit mit besten Verbindungen zur politischen Führung in der Öffentlichkeit derart subversive Äußerungen zu hören. Freilich ist dies Karakorum, und Horthy, der seine Rede mit fahrigen Handbewegungen begleitet und dessen verschwommener Blick Schwierigkeiten zu haben scheint, sich auf einen festen Punkt zu konzentrieren, steht offensichtlich unter der Nachwirkung einer starken halluzinogenen Droge.
    »Die Vorräte des Gegenmittels sind im letzten halben Jahr gleich geblieben oder sogar zurückgegangen«, fährt Horthy fort. Er bildet seine Sätze mit der übertriebenen Genauigkeit des stark Betrunkenen. »Das liegt nicht nur daran, daß die Massenfabrikation aufgrund der schwierigen Herstellungsprozesse nicht möglich ist, sondern auch an der Verderblichkeit; bewahrt man das Zeug länger als ein paar Monate auf, ist es unwirksam. Wer etwas anderes erzählt, der versucht nur die Bevölkerung zu beruhigen und ihr Hoffnung zu machen. Das mag soweit in Ordnung sein, aber auf lange Sicht ist es nicht genug. Man kann den Leuten nicht jahrelang die gleichen Vertröstungen auftischen. Die Menschen sind verständig genug, um die Tatsachen zu akzeptieren, wenn man sie ihnen erklärt…«
    Die Frau ist verzweifelt bemüht, ihn zu beruhigen oder wenigstens seine Lautstärke herabzumindern. Sie

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