Schadrach im Feuerofen
Mordechai, aber Sie werden im Verbrennungsofen enden!«
Schadrach lächelt und nimmt Nicki wieder beim Arm. Sie zeigt noch immer den verklärten Ausdruck, ist in ihrer transzendentalen Erfahrung wie gefangen. »Komm, gehen wir«, sagt er. »Ich halte das nicht mehr aus.«
Leise und verträumt, mit abwesender Stimme sagt sie: »Was meinte er damit, Schadrach? Mit dem Ofen?«
»Das ist ein biblischer Bezug. Schadrach, Meschach, Abed-Nego.«
»Wer?«
»Du weißt es nicht?«
»Nein. Schadrach, es ist ein so schöner Abend. Laß uns irgendwohin gehen.«
»Schadrach, Meschach, Abed-Nego. Im Buch Daniel. Drei jüdische Statthalter, die sich weigerten, Nebukadnezars goldenes Idol anzubeten. Der König ließ sie daraufhin in einen Feuerofen werfen, aber Gott schickte einen Engel zu ihnen, der sie beschützte, und die Flammen konnten ihnen nichts anhaben. Seltsam, daß du die Geschichte nicht kennst.«
»Was wurde aus ihnen?«
»Das sagte ich gerade. Sie blieben unversehrt. Nicht ein Haar wurde ihnen versengt, und Nebukadnezar ließ sie vor sich rufen und sagte ihnen, daß ihr Gott ein mächtiger Gott sei, und gab ihnen ihre Ämter im Reiche Babylon wieder. Der arme Buckmaster. Er sollte begreifen, daß ein Schadrach keinen Feuerofen fürchtet. Hattest du einen guten Trip?«
»O ja! Es war schön, Schadrach.«
»Wohin haben sie dich geschickt?«
»Zur Hinrichtung der Jeanne d’Arc. Ich sah sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen, und es war schön, wie sie lächelte und zum Himmel aufblickte.«
Er runzelt die Stirn und sieht sie befremdet von der Seite an, aber sie merkt es nicht, schmiegt sich an ihn, während sie gehen.
Ihre Stimme scheint noch immer aus einem Traumbereich zu kommen; der brennende Scheiterhaufen hat sie aus irgendeinem Grund wie trunken gemacht. »Der begeisterndste Trip, den ich je hatte. Der am tiefsten vergeistigte.« Sie schüttelt sich, schmiegt sich von neuem an. »Wo können wir hingehen, Schadrach? Wo können wir allein sein?«
8
Nach seiner Auseinandersetzung mit Buckmaster hat er genug von Karakorum, und in seinem Überdruß sieht er jetzt, wie dieser ganze lange Tag ihn körperlich und geistig erschöpft hat; wenn es nach ihm ginge, würde er jetzt zur U-Bahn-Station wanken und sich zurück nach Ulan Bator und seiner Wohnung und einer Nacht tiefen, erholsamen Schlafs bringen lassen. Aber Nicki Crowfoot, von einer unheimlich anmutenden Begeisterung erfüllt, scheint jetzt obendrein von drängenden Lustgefühlen durchglüht, und er fühlt sich nicht stark genug, sich mit ihrer Enttäuschung auseinander zu setzen, wenn er ihr jetzt nicht zu Gefallen ist. Darum gehen sie Arm in Arm zum Stundenhotel am nördlichen Ende des Vergnügungsparks, und er mietet einen Raum für drei Stunden.
Das Zimmer ist ziemlich schäbig, eine fensterlose Kammer mit einer häßlichen, stellenweise abgelösten Tapete in blauen und lila Tönen. Zwischen Bett, Duschecke und Kleiderständer bleibt nur ein schmaler Streifen fleckigen Teppichbodens, aber mehr ist für den Zweck nicht nötig. Obwohl irgendwo eine alte Klimaanlage surrt und vibriert, herrscht ein abgestandener Geruch von Schweiß, Körperausdünstungen und ungelüfteter Garderobe. Nicki entledigt sich ihrer Kleider, noch ehe er die Tür richtig geschlossen hat, und von ihrem nackten Körper geht eine solche Anziehungskraft verführerischer Energie aus, daß Schadrach seine Müdigkeit und mit ihr Cotopaxi und Buckmaster und alles andere vergißt. Er kommt zu ihr, küßt sie, während seine Hände ihre Brüste liebkosen. Sie umarmt ihn, dann streift sie ihm die Kleider ab und klatscht angesichts seiner steifen Männlichkeit in die Hände.
Sie fallen aufs Bett. Mit Händen, deren Geschicklichkeit er gern mit jener des Chirurgen Wahrhaftig zu vergleichen pflegt, beginnt er das gewohnte Vorspiel, aber mit einem ungeduldigen Schulterzucken gibt sie ihm zu verstehen, daß er diese Phase überspringen kann; und er drängt mit einem so jähen, schonungslosen Stoß in den straffen, verborgenen Hafen zwischen ihren Schenkeln ein, daß beide vor Lust genüßlich grunzen.
Während ihre Körper in enger Umklammerung den alten animalischen Brauch vollziehen, überrascht Schadrach sich selbst mit der Intensität seiner Leidenschaften. Er weiß nicht genau, ob diese Energie von Nicki ausgeht, oder aus irgendeinem unvermuteten Reservoir in ihm selbst stammt, aber was immer die Quelle sein mag, er ist dankbar dafür und bringt die Sache zu einem angenehmen
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