Schadrach im Feuerofen
stimmt’s?«
»Ich fürchte, ja. Ich sagte ihr, es sei unvorstellbar, daß du so etwas tun würdest, aber sie…«
»Jetzt weiß sie, daß ich es war, und sie wird für immer meine Feindin sein und alles in ihrer Macht stehende tun, um es mir heimzuzahlen. Vielen Dank.«
»Wenn sie wütend ist«, sagt Schadrach ruhig, »kannst du es ihr nicht verdenken. Du mußt zugeben, daß die Benachrichtigung Mangus durch dich einen Aspekt hat, der auf Sabotage des Avatara-Projekts hindeutet.«
»Ich sagte Mangu die Wahrheit, weil er mir leid tat«, sagte Katja.
»Nur aus Mitleid? Du dachtest überhaupt nicht daran, daß er in einer Weise reagieren könnte, die das Avatara-Programm über den Haufen werfen und Nicki Crowfoot in Bedrängnis bringen würde?«
Katja bleibt eine Weile still.
Schließlich sagt sie in einem etwas nachgiebigeren Ton: »Ich nehme an, daß mir diese Überlegung durch den Kopf gegangen ist, aber durchaus sekundär. Sehr, sehr sekundär. Der wesentliche Punkt war, daß ich es nicht mehr aushielt, Mangu in die Augen zu sehen und zu hören, wie er über seine Zukunftspläne sprach, während ich dabei wußte, was ihm vorbestimmt war. Ich mußte ihn warnen, sonst wäre ich selbst für sein Schicksal verantwortlich geworden. Kannst du dir das vorstellen, Schadrach? Für wie schlecht hältst du mich? Glaubst du, mein Leben beginne und ende mit diesen krankhaften Projekten des Vorsitzenden? Meinst du vielleicht, die einzigen Motivationen, die mich bewegen, wären mit dem Projekt Talos verknüpft, mit Überlegungen, wie ich meine eigene Karriere fördern und Nicki Crowfoots Karriere ruinieren könnte? Ist es das, was du denkst?«
»Ich weiß nicht. Ich glaube nicht.«
»Du glaubst nicht?«
»Nein, ich denke nicht, daß du so bist.«
»Fein. Großartig. Danke. Und was geschieht jetzt? Wird sie mich beim Vorsitzenden anschwärzen?«
»Es gibt keinerlei Beweis dafür, daß du Mangu jemals etwas über diese Pläne sagtest«, erwidert Schadrach Mordechai. »Sie weiß das. Sie weiß auch, daß alle etwaigen Anschuldigungen, die sie gegen dich vorbringt, als berufliche Eifersucht abgetan werden. Ich bin tatsächlich nicht der Meinung, daß sie irgend etwas unternehmen wird. Sie machte lediglich klar, daß sie im Hinblick auf die Identität des nächsten Avatara-Spenders für schärfere Sicherheitsvorkehrungen sorgen werde, um zu verhindern, daß so etwas noch einmal…«
»Schon zu spät«, sagt Katja Lindmn.
»Du meinst, der nächste Spender sei bereits ausgewählt?«
»Ja.«
»Und du weißt seinen Namen?«
»Ja.«
»Und du möchtest ihn mir nicht sagen?« fragt Schadrach.
»Ich finde nicht, daß ich es sollte.«
»Hast du vor, es dem Betreffenden zu sagen?«
»Würdest du wieder sagen, es sei Sabotage, wenn ich es täte?«
»Das hängt von den Umständen ab, würde ich sagen. Wer ist es?«
Katja Lindman blickt zur Seite. Ihre Lippen beben.
»Du«, sagt sie.
15
Es kommt ihm wie ein schlechter Scherz vor. Er ist außerstande, die Auskunft für bare Münze zu nehmen, ungeachtet jenes schrillen, beinahe verzweifelten Untertons von Gewißheit in Katjas Stimme, den er auch gehört hat, als Roger Buckmaster versuchte, seine Komplizenschaft bei Mangus Tod zu leugnen, und der ihm sagt, du wirst es nicht glauben, auch wenn ich es schwöre, aber es ist gleichwohl wahr, ist die nackte Wahrheit!
Doch wenn er wirklich zum neuen Spender ausersehen ist, würde es immerhin erklären, warum Nicki ihn gemieden hat, warum sie abweisend und kurz angebunden ist, wenn sie miteinander sprechen, warum sie seinem Blick ausweicht…
»Nein«, sagt er, »ich glaube dir nicht.«
»Dann laß es bleiben.«
»Es ist absurd, Katja.«
»Gewiß ist es absurd. Und es wird noch absurd sein, wenn sie dich holen und dir die Elektroden an den Kopf setzen und jede Spur von Schadrach Mordechai auslöschen und die Persönlichkeit des alten Mannes in deinen hübschen schwarzen Körper eingießen.«
»Mein hübscher schwarzer Körper«, sagt Schadrach, »ist voll von komplizierten und unersetzbaren medizinischen Vorrichtungen, die jede Störung im Körperhaushalt des Vorsitzenden registrieren. Roger Buckmaster und seine Leute brauchten ein paar Jahre, um dieses System zu entwickeln, und Warhaftig benötigte Wochen, um es mir einzupflanzen. Gar nicht zu reden von mir, der ich ein Jahr zu lernen hatte, bis ich es zu gebrauchen verstand. Durch dieses System kann ich in einer Weise über die Gesundheit des alten Mannes wachen und sie
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