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Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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alles auf einen neuen Spender umgestellt ist. Die ganze Sache ist äußerst lästig.«
    »Wie groß ist der Rückschlag tatsächlich? Ich meine, um wie viel Zeit ist das Projekt durch Mangus Tod zurückgeworfen worden?«
    Sie zuckt unter der Decke die Achseln. »Um einen Monat, wenn wir Glück haben. Oder drei. Vielleicht auch sechs. Es kommt eben darauf an.«
    »Worauf?«
    »Herr im Himmel! Hör zu, Schadrach, ich will jetzt nicht über berufliche Dinge sprechen. Ich fühle mich nicht gut. Weißt du, was es heißt, Fieber und Kopfschmerzen zu haben? Ich will ausruhen. Ich will schlafen. Jedenfalls will ich nicht meine derzeitigen Forschungsprobleme diskutieren.«
    »Tut mir leid«, sagt er wieder.
    »Wirst du jetzt endlich gehen?«
    »Ja. Ja. Ich werde morgen früh anrufen, um zu hören, wie es dir geht, in Ordnung?«
    Sie murmelt etwas ins Kissen.
    Er wendet sich zum Gehen. Doch ehe er die Tür öffnet, unternimmt er einen letzten Versuch, zu ihr durchzudringen, und sagt etwas lahm: »Übrigens – hast du das neueste Gerücht über Mangus Tod gehört?«
    Sie ächzt. »Ich habe nichts gehört. Aber rede schon. Was ist damit?«
    Er überlegt sich die Worte sorgfältig, um sich nicht vorwerfen zu müssen, er sei Katja Lindman gegenüber wortbrüchig geworden. »Das Gerücht will wissen, Mangu habe Selbstmord begangen, weil jemand aus dem Umkreis des Talos-Projekts ihm verraten hätte, daß er der Körperspender für das Avatara-Projekt sei.«
    Das hilft. Nicki wirft sich im Bett herum, sitzt auf und starrt ihn groß an.
    »Was? Was? Das ist mir neu!«
    »Es ist bloß ein Gerücht.«
    »Und wer ist Mangus angeblicher Informant?«
    »Das wurde nicht gesagt.«
    »Lindman selbst, nicht wahr?« sagt Nicki.
    »Es ist nur ein Gerücht, Nicki. Namen wurden nicht genannt. Außerdem würde Katja so etwas nicht tun.«
    »Ach. Wirklich nicht?«
    »Ich glaube es nicht. Wenn es so gewesen ist, dann wurde Mangu wahrscheinlich von irgendeinem ehrgeizigen Untergebenen informiert, einem Programmierer oder was. Falls es so gewesen ist. Gut möglich, daß an dem Gerücht nichts Wahres ist.«
    »Aber es hört sich einleuchtend an«, sagt sie. Sie atmet heftig, frischer Schweiß glänzt auf ihrer Stirn. »Welche bessere Möglichkeit könnte die Lindman finden, um meine Arbeit zu sabotieren? Oh, warum bin ich nicht von selbst darauf gekommen! Wie konnte ich das übersehen haben…!«
    »Beruhige dich, Nicki. Du bist nicht gesund.«
    »Wenn ich die zu fassen kriege…«
    »Bitte«, sagt Schadrach. »Leg dich wieder hin. Ich wollte, ich hätte nichts gesagt. Du weißt, wie viele unsinnige Gerüchte in diesem Haus ständig im Umlauf sind. Ich glaube ganz und gar nicht, daß Katja imstande wäre…«
    »Das werden wir sehen«, sagt sie unheilvoll. Sie wird ruhiger. »Vielleicht hast du recht. Trotzdem, wir hätten viel strengere Sicherheitsvorkehrungen treffen sollen. Zu viele Leute wußten, daß Mangu der Spender sein sollte. Viel zu viele. Beim nächsten Spender…« Nicki Crowfoot hustet, wendet sich wieder von ihm weg, läßt den Kopf ins Kissen zurückfallen. »Hör zu, Schadrach, ich fühle mich elend. Geh jetzt. Bitte, laß mich allein! Nun hast du mich mit dieser neuen Sache ganz durcheinandergebracht, und ich brauche nichts so sehr wie ein paar Stunden Ruhe! Kannst du das nicht verstehen? Nun steh nicht so herum…«
    »Tut mir leid«, murmelt er noch einmal. »Ich wollte nicht…«
    »Geh jetzt, Schadrach!«
    »Auf Wiedersehen, Nicki.«
    Er verläßt die Wohnung, geht wie blind durch den Korridor. Im Treppenhaus angelangt, bleibt er aufs Geländer gestützt stehen, um zur Ruhe zu kommen. Der Besuch bei Nicki hat seine Gemütsverfassung kaum verbessert. Ihre Haltung zu ihm schwankte zwischen Gleichgültigkeit und Gereiztheit; nicht ein einziges Mal gab sie Freude über seinen Besuch zu erkennen. Sie hatte seine Anwesenheit bestenfalls geduldet.
    Und nun bleibt ihm nichts anderes übrig, als noch einmal Katja aufzusuchen.
    Sie scheint überrascht, ihn so bald wiederzusehen, und begrüßt ihn liebevoll. Ihm ist jedoch nicht nach Zärtlichkeiten zumute, und sobald es ihm möglich ist, löst er sich aus ihrer Umarmung und stellt mit sanfter Entschiedenheit körperliche Distanz zwischen ihnen her. Dann berichtet er von seinem Gespräch mit Nicki, nicht ohne zu betonen, daß das >Gerücht< in keiner Weise Katja selbst als Mangus Informantin nenne.
    »Aber die Crowfoot vermutete natürlich sofort, ich sei diejenige gewesen,

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