Schäfers Qualen
der Bar hatte.
„Und?“, wandte sich Rohrschacher ihm erneut zu.
„Ich habe keine Ahnung“, interpretierte Schäfer die Frage als eine seinen Fall betreffende, „zwei Kitzbüheler tot … mehr als tot, würde ich sagen … da ist einer ziemlich sauer auf die beiden gewesen.“
„Da gibt’s mehr als einen“, gab Rohrschacher zurück und sah mit sichtlichem Missfallen, dass sich einer der Stammtischsitzer neben ihn gestellt hatte, um an der Bar ein Bier zu bestellen.
„Wenn ich auf den Kellner warte, verdurste ich noch“, lud sich der Neuzugang ins Gespräch ein.
„Auch kein schöner Tod“, gab Schäfer sein Einverständnis.
Das Hinzutreten eines Dritten löste Rohrschacher, der nun um seine Alpharolle im Dialog mit dem Major fürchtete, sehr plötzlich in seiner anfänglichen Sprechhemmung. „Was die beiden Dreck am Stecken gehabt haben, das geht nicht einmal auf die Haut von deinen überzüchteten Rindern. Damals, weißt du noch, der Obernauer, der hat sich erschossen, wegen dem Krassnitzer, weil ihm der das Haus weggenommen hat, der Saukerl, ganz hinterfotzig war das, und der feine Herr Bürgermeister, der war da auch nicht unbeteiligt, das sag ich dir.“
Der andere nickte stumm und trank vom Bier, das ihm der Schankbursch hingestellt hatte.
„Und der Steiner … keinen Deut besser, immer dabei, wenn’s irgendwo was zu holen gegeben hat. Glaubst, der hat sich sein Schloss da oben gebaut mit dem, was er als Installateur verdient hat? Saubande, die. Hat’s endlich einmal die Richtigen erwischt.“
„Den Steiner haben’s ans Kreuz gehängt, am Karstein oben, stimmt’s?“, wandte sich der Mann neben Rohrschacher an Schäfer.
Der nickte nur, worauf Rohrschacher sofort wieder das Wort ergriff: „Ja das passt, der Jud, der hinterfotzige.“
Schäfer sah ihn ernst an und Rohrschacher bemerkte sofort kleinlaut: „Nichts gegen unseren Herrn Jesus, der hat ja nichts dafür können!“
„Der Steiner war also Jude“, sagte Schäfer, nahm den letzten Schluck aus seinem Glas und bestellte ein neues Bier.
„Sicher“, führte der zweite Mann das Gespräch fort, nachdem Rohrschacher auf die Toilette gegangen war und sich ein weiterer Gast neben sie an die Bar gestellt hatte. „Seine Eltern haben in Innsbruck gelebt und sind in der Reichskristallnacht gerade noch davongekommen. Die wollten eigentlich nach Italien, sind dann aber im Zillertal hängen geblieben. Frag mich nicht, warum. Da ist der Steiner aufgewachsen. In den Sechzigerjahren hat er dann als Skilehrer bei uns angefangen. Hat man gutes Geld machen können damals, mit den Amerikanern. Englisch hat er ja gut können, der Steiner.“
„Glauben Sie, dass die Nazis dahinterstecken?“, flüsterte der neu Hinzugekommene Schäfer zu und sah ihn dabei an, als ob er schon die Knobelbecher der SS auf dem Steinpflaster der Fußgängerzone vernähme.
„Gut möglich“, riss der zurückgekehrte Rohrschacher das Gespräch wieder an sich, „aber nicht weil sie Nazis sind und nicht weil der Steiner Jude war.“
„Mit den Nazis haben wir hier nie Probleme gehabt!“, brachte sich lautstark einer der drei Männer ein, die noch am Tisch saßen.
„Mit den Juden auch nicht“, gab Rohrschacher genauso laut zurück.
Schäfer, der schon die Wirkung des Biers spürte, fragte sich, warum er erwartet hatte, hier wichtige Informationen für seine Ermittlungen zu bekommen. Wenn er noch mehr Bier trank, würde er sich am nächsten Tag an kaum mehr etwas erinnern können. Und wenn er nichts mehr trank, könnten die Männer um ihn misstrauisch werden und in seiner Gegenwart nichts mehr sagen. Er griff sich einen Bierdeckel und nahm einen Faserstift aus der Tasche. Vielleicht gelänge es ihm ja, das eine oder andere wichtige Stichwort aufzuschreiben. Er bestellte noch ein Bier.
„Das ist doch schon längst alles vorbei“, bemühte sich einer der Männer um Deeskalation und gab dem Schankburschen mit der Hand ein Zeichen, das Schäfer als Bestellung einer Runde Schnaps deutete.
„Waren der Krassnitzer und der Steiner eigentlich Freunde?“, fragte er in die Runde.
Einen Augenblick zögerten die Männer, als hätten sie die Frage nicht verstanden, dann übernahm Rohrschacher.
„Sicher nicht im engeren Sinn, aber zu tun haben sie schon immer wieder miteinander gehabt, der Krassnitzer hat dem Steiner Aufträge zugeschanzt, der hat dafür dem Krassnitzer wahrscheinlich den Strohmann gemacht bei ein paar Immobiliensachen. Geschäfte halt.“
„Ist
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