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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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an Mike vorbei in den Flurbereich hinter ihm. Als ob sie damit rechnete, dass er nicht allein gekommen war.
    »Dann habe ich Sie heute Morgen aus dem Bett geklingelt«, sagte er. »Das tut mir Leid. Aber wie gesagt, ich muss Sie wegen Carola Zerwas sprechen.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Nicht so schlimm. Normalerweise stelle ich das Telefon ab. Als ich heute Nacht nach Hause kam, hatte ich es einfach vergessen. Was ist mit Carola?«
    Sie drehte sich um und ging in die Wohnung voran. Sie gelangten in ein helles, großzügiges Wohnzimmer. Hinter weißen Gardinen zeichneten sich die Dächer von Koblenz ab, aus denen die markanten Kirchtürme herausragten. Nach hinten ging der Blick bis zu den Hochhäusern über Metternich. Wie hieß diese Gegend noch? Genau – Eulenhorst. Mike staunte. Von außen betrachtet sah das Haus ziemlich nüchtern aus und passte kaum in die Koblenzer Altstadt. Wer jedoch darin wohnte, lebte mit einer herrlichen Aussicht über die Stadt.
    »Was kann ich denn nun für Sie tun?«, fragte sie.
    Sie wies auf eine helle lederne Sitzgruppe; Mike setzte sich auf einen Sessel, und sie ließ sich in der Couch nieder.
    »Kennen Sie Carola? Haben Sie in letzter Zeit mit ihr gesprochen?«
    »Was interessiert Sie das?«
    »Ich bin mit ihr befreundet.«
    »Ja und? Ich auch.« Sie wischte sich eine Strähne ihrer gelockten Haare aus dem Gesicht. »Wir haben uns getroffen. Vor ein paar Tagen. Ich glaube, es war am Freitag. Warum wollen Sie das denn wissen?«
    »Wir sind zusammen zur Schule gegangen«, begann Mike.
    »Ich auch. Ich habe sie aber sehr lange nicht gesehen. Und dann rief sie plötzlich an.«
    Sie schlug die Beine übereinander. Mike kannte so etwas zur Genüge aus der Hotelbar. Dort trugen die Frauen allerdings Kleider oder Kostüme.
    Er beschloss, nicht lange um den heißen Brei herumzureden. »Sie ist tot«, sagte er.
    Frau Hoffmann runzelte ungläubig die Stirn. »Wie – tot?«
    »Sie ist heute Nacht ermordet worden.«
    »Was?«
    »Ja, ich weiß, das hört sich seltsam an. Aber es ist so. Ich habe sie gefunden. Die Polizei hat mich die ganze Nacht befragt.«
    »Wie ist das denn passiert?«
    »Jemand hat sie erschossen. Zu Hause.«
    »Erschossen?«
    »Ja, im Haus ihrer Eltern. Dort hat sie seit einiger Zeit gewohnt.«
    Frau Hoffmann nickte, doch ihr Blick verriet, dass sie Mikes Nachricht noch immer nicht so recht Glauben schenken wollte. »Möchten Sie vielleicht einen Kaffee mittrinken?«, fragte sie plötzlich.
    Mike nickte. »Gute Idee.« Sie stand auf und verschwand in einem anderen Raum. Mike hörte sie mit Wasser und Geschirr hantieren. In der Zwischenzeit sah er sich im Zimmer um. Es war geschmackvoll eingerichtet. Um nicht zu sagen nobel. Neben der Sitzgruppe erhob sich eine Stehlampe mit glänzendem Schirm, auf der anderen Seite stand eine große Porzellankatze. Mike bemerkte einen Fernseher im Riesenformat – so groß wie eine quer gestellte Tür und genauso flach. Daneben ein Gemälde. Die Farben flossen ineinander. Mike kannte den Stil. Er war nicht überrascht, als er die schwarze Signatur unten rechts las.
    Er hörte Schritte; Frau Hoffmann kam zurück. Sie hielt ein Tablett mit Geschirr in der Hand.
    »Sind Sie aus Koblenz?«, fragte sie, während sie Tassen, Milch und Zucker verteilte.
    »Aufgewachsen, ja. Aber ich lebe seit fast zwanzig Jahren nicht mehr hier. Wissen Sie, mich hat Carola auch letzte Woche angerufen. Es sollte so eine Art Wiedersehen sein.«
    »Aber was kann ich für Sie tun?«, fragte sie. »Warum kommen Sie überhaupt zu mir?«
    Mike hatte sich eine möglichst glaubwürdige Geschichte zurechtgelegt. »Carola war Journalistin, wie Sie sicher wissen. Und als wir gestern Abend essen gingen, erzählte sie mir, dass sie an einer sehr sensationsträchtigen Story gearbeitet hat.«
    »Ach. Und?«
    »Ich dachte, sie hätte Ihnen vielleicht etwas davon erzählt. Ich wüsste nämlich gern, worum es da geht. Möglicherweise hängt ihr Tod damit zusammen.«
    »Glauben Sie? Nein. Von einer Story hat sie nichts gesagt.«
    »Worüber haben Sie denn gesprochen?«
    Sie verzog das Gesicht. »Über alte Zeiten.«
    Mike fiel ein, dass er dieselbe Formulierung gegenüber Hauptkommissar Nickenich verwendet hatte, um sich herauszureden. Und wie dieser fragte er: »Und was heißt das genau?«
    Frau Hoffmann zuckte mit den Achseln. »Die Schulzeit.«
    »Waren Sie auch auf dem Gymnasium auf der Karthause?«
    Sie nickte. »Sie auch? Wann haben Sie Abitur gemacht?«
    »Ich bin …

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