Schärfentiefe
Techtelmechtel?“
„Das Übliche halt. Keiner weiß etwas Genaues, aber es wurde halt gemunkelt, dass er mit einer jungen Frau etwas angefangen hätte.“
„Nur Getratsche?“
„Ich weiß nicht. Aber ich kann mich ja umhören, wenn es dich interessiert.“
„Hm.“ Paula bezweifelte, dass diese Art von Information für die Biografie von Nutzen sein könnte.
„Apropos Techtelmechtel. Wie sieht es bei dir aus?“
Paula lächelte verschmitzt vor sich hin. Eleonora wusste sofort, was los war. „Komm schon! Name, Alter, Beruf, Kontostand, Schuhgröße, Details, Details …“
„Er heißt Markus, ist 31 Jahre alt, Journalist, und ich genieße die Zeit, die ich mit ihm verbringe.“
„Hoffentlich ist er ein anständiger Kerl. Schließlich solltestdu langsam daran denken, dass du nicht jünger wirst. Ticktack – deine biologische Uhr läuft. Irgendwann solltest du dich nach einem Mann umsehen, mit dem du eine Familie gründen kannst.“
„Mama, bitte!“
Paula war keineswegs sicher, ob eine Familie jene Lebensform war, die sie anstreben wollte. Sie kannte zu viele Geschichten aus dem Familienalltag ihrer Freundinnen, und die klangen oft alles andere als erstrebenswert. Vor allem, wenn Kinder die romantische Idylle bereicherten beziehungsweise boykottierten. Das war Auslegungssache.
2.
Nachdem Eleonora aufgebrochen war, widmete sich Paula endlich wieder den Unterlagen. Die Bücher waren ein optischer Genuss, boten aber kaum verwertbare Informationen zur Person Stefan Urban, die sie für seine Biografie hätte verwenden können. Die Texte beschränkten sich auf die Themen, zu denen der Fotograf die Bilder gemacht hatte.
Adas Unterlagen bezogen sich auf Urbans Lehrtätigkeit in den letzten Jahren in Wien. Die Artikel, die Markus ihr mitgebracht hatte, befassten sich hauptsächlich mit dem spektakulären Auftauchen der Leiche. Er hatte versprochen, während einer seiner Journaldienste am Wochenende weiterzurecherchieren.
Insgesamt war die Ausbeute weit dürftiger, als sich Paula dies angesichts des Umfangs erhofft hatte. Es würde noch viel Recherchearbeit notwendig sein, um die Person Stefan Urban umfassend zu beschreiben. Aber wo beginnen?
Am besten bei A wie Ada beziehungsweise Adalgunde. Sie wählte ihre Telefonnummer.
„Ada, kannst du für uns eine Begehung der Urban-Wohnung organisieren? Vielleicht finden wir dort mehr Informationen zu seiner Person. Das Material, das ich hier habe, ist nicht gerade umwerfend. Oder hast du noch etwas, von dem ich nichts weiß?“
„Ich hab eine Liste mit den Namen von Personen erstellt, die in den letzten Jahren mit Urban Kontakt hatten, hauptsächlich beruflich. Die könnten wir interviewen. Das gibt sicher einiges her. Wegen der Wohnung werde ich mich schlau machen. Ich melde mich bei dir, sobald ich was weiß.“
„Kannst du mir die Liste durchfaxen? Ich wohne ja nicht weit von der Uni weg. Vielleicht kann ich dort schon mal Kontakte knüpfen.“
Als Nächstes setzte sich Paula an den Computer und gab die Adresse der Universität ein. Dann klickte sie sich durch die beiden Institute, an denen der Fotograf gelehrt hatte. Die Kurzbeschreibungen seiner Lehrveranstaltungen klangen interessant. Einige Vorträge hatte er gemeinsam mit einer Dame namens Gerlinde Wagner gemacht. Paula notierte sich den Namen und klickte sich durch diverse Lebensläufe, aber von Gerlinde Wagner fand sie keinen.
Mittlerweile war es Nachmittag geworden. Sehr viel hatte sie in den vergangenen Stunden nicht erreicht, aber immerhin doch eine Person gefunden, die sie auf jeden Fall zu Urban befragen konnte.
Das Faxgerät krähte und spuckte zwei beschriebene Seiten aus: Adas Liste. Sie hatte gute Arbeit geleistet. Neben den universitären Kontakten hatte sie auch Telefonnummern und Adressen von Nachbarn, Geschäftsleuten und Bekannten aufgeführt. Insgesamt waren es siebenundzwanzig Personen, die sie kontaktieren konnten. Das war ein guter Anfang, denn sobald eine Recherche begonnen hatte, entwickelte sie sich meist von selbst weiter. Ein Kontakt ergab den nächsten. Auch der Name von Gerlinde Wagner stand darauf, mit Telefon- und Faxnummer des Instituts. Sofort griff Paula zum Hörer, aber es meldete sich niemand.
Alles kommt zu dir im richtigen Augenblick, dachte sie und schaltete den Computer aus. Esoterik war nicht ihr Ding, aber einige Weisheiten gefielen ihr. War es nicht besser, daran zu glauben, dass sie im richtigen Moment den richtigen Dreh finden und es dann quasi wie
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