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Schärfentiefe

Titel: Schärfentiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Mayer-Zach
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zurückzustellen.“
    Ada bedachte Frau Wex mit einem verärgerten Blick, den diese nicht sehen konnte, weil sie ihr den Rücken zukehrte.
    „Können Sie uns auch einige Informationen zur Person Stefan Urban geben?“, fragte Paula, nachdem die Frau jeden einzelnen Gegenstand des Fotografen zu kennen schien. Aber da war sie in ein Fettnäpfchen getreten.
    „Nein, natürlich kann ich das nicht“, antwortete die erbost. „Ich habe mich zwar um seine Wohnung gekümmert, aber ich habe mich nie für seine persönlichen Angelegenheiten interessiert. Ich lege größten Wert auf Diskretion.“
    Paula versuchte Ada zu ignorieren, die hinter der Frau eine Grimasse schnitt.
    Sie ging zum Regal und zog eines der Fotoalben heraus. Wie sie erwartet hatte, handelte es sich nicht um private Schnappschüsse, sondern um Landschaftsfotos. Künstlerisch wertvoll, zweifelsohne. Fünf Alben nahm sie zur Hand, alle enthielten ähnliche Aufnahmen, jedes stellte sie unter den Argusaugen der Hausfrau exakt auf denselben Platz zurück.
    Als Paula sich nach Ada umsah, war diese verschwunden.
    „Ohne aufdringlich sein zu wollen, aber wissen Sie vielleicht, ob Herr Urban mit jemandem im Haus engeren Kontakt hatte? War er mit jemandem bekannt oder gar befreundet?“
    Paulas Frage diente eher der Ablenkung von Adas Abwesenheit, als dass sie sich tatsächlich eine Information erwartete, die ihr weiterhelfen konnte. Umso überraschender war für sie die Antwort der Hausverwalterin.
    „Soweit ich weiß, hat Herr Urban sich öfter mit Herrn Blesch von gegenüber getroffen. Ich meine mich erinnern zu können, dass er mir einmal erzählte, dass sie sich aus früheren Zeiten kannten. Herr Konrad Blesch. Er wohnt in dem weißen Haus schräg gegenüber.“
    Sie war zum Fenster gegangen und zeigte Paula das Haus. In diesem Moment schien sie zu registrieren, dass nur noch Paula im Zimmer war. Wie von der Tarantel gestochen stöckelte sie in den nächsten Raum.
    „Bitte stellen Sie das sofort hin“, keifte sie.
    „Jetzt machen Sie sich nicht ins Hemd“, hörte Paula Adas patzigen Kommentar.
    Was folgte, war vorhersehbar: Die Dame kam empört ins Zimmer zurück und erklärte Paula, dass die Besichtigung der Wohnung zu Ende sei.
    „Es hat mir niemand gesagt, dass ich Sie in alle Schränke schauen lassen muss und schon gar nicht, dass ich mit solchen Unhöflichkeiten konfrontiert werden würde. Bitte gehen Sie jetzt, bevor noch etwas in die Brüche geht.“
    Ihre Stimme kippte. Die Tatsache, dass sich jemand in dieser Wohnung ihrer Kontrolle entzogen hatte, schien sie völlig aus der Fassung gebracht zu haben, und Adas unhöfliches Statement hatte ihr den Rest gegeben.
    Die peilte den Ausgang an.
    „Komm, lass uns gehen. Mir bleibt gleich die Luft weg vor lauter Sauberkeit.“
    Paula verabschiedete sich höflich, richtete beim Weggehen noch demonstrativ die Fransen eines Teppichs und folgte Ada, die schon im Vorgarten stand.
    „Komm raus da. Diese Schleimnudel halte ich nicht aus. Wir gehen etwas trinken.“
    Und schon schlurfte sie in Richtung des geparkten Autos.
    „Nein, warte noch“, rief Paula ihr nach. Sie lief über die Straße und orientierte sich an den Klingelschildern. Auf einem fand sie den Namen Blesch. Sie drückte darauf, wartete. Drückte nochmals. Keine Reaktion. Sie versuchte es nochmals, aber niemand meldete sich.

    2.
    Ada saß bereits in ihrem roten Renault Clio und hatte sich eine Zigarette angezündet. Kaum dass Paula neben ihr saß, ließ sie eine Schimpfkanonade vom Stapel.
    „Das sind genau die Weiber, die ich auf den Tod nicht ausstehen kann. Immer fein etepetete. Hauptsache, ihre scheinheilige Welt ist schön sauber und adrett und möglichst mit einem akademischen Titel versehen. Alles, was die Idylle stört, wird zugedeckt oder schöngeredet.“
    Sie inhalierte den Rauch tief und startete das Auto mit viel zu viel Gas. Paula verhielt sich ruhig, um sie nicht noch mehr zu reizen. Sie hoffte, dass die beiden vorn und hinten geparkten Autos das Manöver heil überstehen würden. Bei Adas Auto würde eine Beule mehr oder weniger nichts ausmachen.
    Die Zigarette hing in Adas rechtem Mundwinkel, während sie mit beiden Händen wild am Lenkrad hin- und herdrehte und nicht aufhörte, die Scheinheiligkeit mancher Leute zu verfluchen.
    Erst als sie aus dem Parkplatz gefahren war, ohne anderen Fahrzeugen Schaden zuzufügen, wagte Paula den Einwand, dass sie es der Dame ohnehin verbal gegeben hätte.
    Ada lachte laut auf.
    „Ja,

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