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Schärfentiefe

Titel: Schärfentiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Mayer-Zach
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über den Urban finden wir sicher auch jede Menge.“
    Schon saß er vor dem Computer, startete das Internet und tippte drauflos. Der Rechner zeigte siebzehn Uhr fünfundzwanzig an. Als sie ihn ausschalteten, war es weit nach neun und sie um zahlreiche Informationen über den Fotografen reicher. Zwischendurch erzählte Paula ihm von Markus, den sie vorige Woche kennengelernt und mit dem sie sich auf Anhieb gut verstanden hatte. Er hatte hoch und heilig versprochen, sie innerhalb der nächsten Woche anzurufen. Er war wie Paulas letzter Freund Journalist, aber hoffentlich nicht auch so unzuverlässig.
    Kurt hörte sich wie immer alles ruhig und kommentarlos an und tippte nebenbei unablässig Suchbegriffe in den Computer.
    „Und – hat er schon angerufen?“
    „Nein, hat er nicht. Aber es sind ja noch zwei Tage Zeit, bis die Woche vorbei ist.“ Eigenartig, schon entschuldigte sich Paula für sein Verhalten. Manchmal, dachte sie, hatte sie, was Beziehungen anbelangte, wohl nicht alle Tassen im Schrank. Aber wie sie aus Gesprächen mit Freundinnen wusste, war sie da durchaus in guter Gesellschaft. Die Liebe war unergründlich, eine komplexe und höchst verwirrende Angelegenheit für alle Beteiligten. Wer konnte schon wissen, was im Kopf eines anderen vorging, welche Gefühle er für jemanden hegte, vorausgesetzt er wusste es selbst?
    Die praktische Clea hätte an dieser Stelle sicher argumentiert, dass Liebe ohnehin nur ein rein chemischer Prozess sei. Seit sie Clea kannte, hatte diese noch nie eine Beziehung gehabt, die länger als drei Monate gedauert hatte. Sie gab sich voller Inbrunst dem Rausch der Verliebtheit hin, aber sobald sich die ersten Anzeichen von Alltag bemerkbar machten, war es mit der Zweisamkeit schon wieder vorbei.
    Im Gegensatz zu Clea sagte Kurt gar nichts.

Zwei
    1.
    Als Paula in Santos Agentur kam, empfingen sie die früheren Kollegen mit lautem Hallo und bombardierten sie mit Fragen. Sicher träumten einige davon, sich aus Santos Fesseln zu befreien und sich selbständig zu machen. Aber es gehörte eine gehörige Portion Mut dazu, für das eine wie für das andere. Von finanziellen Unsicherheiten einmal ganz abgesehen. Doch bevor Paula über ihr neues Leben berichten konnte, kam Santo und scheuchte alle wieder an ihre Arbeitsplätze.
    „Lass dich ansehen. Paulinchen – du siehst ja richtig gut aus, obwohl du nicht mehr hier arbeitest.“
    Paula grinste. Sie verkniff sich, ihm zu sagen, dass das wohl gerade daher rührte.
    „Die schulterlangen Haare passen dir auch viel besser. Fesch!“ Er hatte sie an den Händen genommen und drehte sie um ihre eigene Achse, als wäre sie ein Dirndl, mit dem er Ländler tanzte. Oberflächlich wie er nun einmal war, legte er großen Wert auf das äußere Erscheinungsbild eines Menschen. Auch bei sich selbst: Er wirkte – wie immer – wie aus dem Ei gepellt in seinem hellgrauen Dreiteiler mit der dunkelroten Krawatte.
    „Komm, ich stelle dir jetzt Adalgunde Klamm vor, die jetzt in deinem früheren Büro sitzt und die dich bei der Biografie unterstützen wird.“
    Als sie hinter Santo herschritt, auf dem langen Gang zu ihrem Büro, kamen die Erinnerungen wieder hoch. Wie sie immer spätabends, wenn sie wieder einmal die Letzte in der Agentur war, bloßfüßig zum Lift gelaufen war. Ihre Zehen hatten sich tief in den weichen Teppichboden eingegraben, wie bei einem Spaziergang am Strand. Erst beim Lift hatte sie wieder ihreSchuhe übergestreift. Mit der Enge der ledernen Fußbekleidung war ihr auch wieder die ihres Lebens bewusst geworden: Von morgens bis spätabends lebte sie in Santos Reich. Zwar gut entlohnt, aber zunehmend müder und trauriger. Es war richtig, dass sie weggegangen war. Auch wenn ihr Konto nicht mehr so gut gefüllt war wie damals.
    In ihrem ehemaligen Büro stand nun ein weiterer Schreibtisch, und alles sah ganz anders aus. Beide Tische waren mit Unterlagen übersät. An den Wänden standen noch immer die weißen Regale, die sie höchstpersönlich von Ikea geholt und aufgebaut hatte. Aber statt der weißen Projektordner, die wahrscheinlich ins Archiv übersiedelt worden waren, befand sich nun ein chaotisches, buntes Durcheinander aus Mappen, Kartons und Behältern darin. Mehrere volle Aschenbecher standen herum, und die Luft war zum Schneiden. Es war gerade einmal ein Jahr her, dass Paula aus dem Büro ausgezogen war, aber nichts erinnerte mehr an ihre langjährige Anwesenheit.
    „So, das ist Adalgunde“, stellte Santo die junge Frau

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