Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schärfentiefe

Titel: Schärfentiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Mayer-Zach
Vom Netzwerk:
Sie mich belog. Ich wusste ja, dass sich sexuell bei ihm nichts mehr abspielte und was sie mir da von Sexorgien erzählte, klang wie ein verrücktes Märchen. Ich war überzeugt, dass sie uns nur gegeneinander ausspielen wollte und warf sie kurzerhand hinaus. Ich drohte ihr, wenn sie auf dumme Gedanken käme und zur Polizei ginge, alles zu tun, um sie unglaubwürdig zu machen.“
    Znan hatte sich wieder gefasst. Sie goss sich eine neue Tasse Tee ein und rührte nachdenklich um.
    „Gerlinde Wagner kam am nächsten Tag in mein Büro und legte mir die Kündigung auf den Tisch. Im Briefumschlag befanden sich auch eine Adresse und ein Schlüssel. Ich war froh, dass sie das Institut verlassen wollte. Die Adresse und den Schlüssel versuchte ich zu ignorieren. Als die Beziehung zu Urban aber immer schlechter wurde, ging ich eines Tages dorthin, und das, was ich da entdeckte, zog mir den Boden unter den Füßen weg.“
    Sie sah Paula an. Die nickte zustimmend. Sie konnte sich gut in Znan hineinversetzen und sich vorstellen, wie sie sich gefühlt haben musste. Ihr hatte er den impotenten Verehrer vorgespielt, zumindest so lange, bis sie ihn zum Partner gemacht hatte. Dort vergnügte er sich mit jungen Mädchen.
    „Besonders schrecklich war für mich die Erkenntnis, dass Wagner nicht gelogen hatte. Anfangs gab ich weiterhin ihr die Schuld, an allem was passiert war. Solange ich Urban als Opfer sah, konnte ich vor mir selbst ein wenig meine Würde bewahren und musste mir nicht eingestehen, dass er mich nur benützt hatte – meine Gefühle, meine Beziehungen, mein Geld. Dieser Selbstbetrug ging eine Zeit lang gut. Aber irgendwann konnte ich nicht mehr in den Spiegel sehen. Was mir da entgegenblickte, ekelte mich an. Da war es an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen.“
    Paula hing an ihren Lippen. Welche Entscheidung hatte sie getroffen? War Znan die Mörderin? Hatte sie ihn umgebracht?
    „Als Urban eines Tages zu mir kam, weil ihm die Finanz auf den Fersen war und er in großen finanziellen Schwierigkeiten steckte, aus denen ich ihm heraushelfen sollte, da hatte ich die Gelegenheit für meine Rache. Ich warf ihm alles an den Kopf, was ich über ihn erfahren hatte, und ihn selbst schmiss ich hinaus. Das geschah wenige Tage, bevor er ums Leben kam. Es fiel mir nicht leicht, weil ich sehr an ihm gehangen bin. Aber ich war es mir und all den anderen Frauen schuldig, endlich die brutale Realität zu akzeptieren.“
    Znan wirkte jetzt ganz ruhig. Die Emotionen hatten sich gelegt. Der Tee war ausgetrunken, der Uhrzeiger stand auf elf Uhr und fünfzehn Minuten. Als der Ober kam und sie fragte, ob sie noch etwas haben wolle, verlangte sie die Rechnung.
    „Wissen Sie, wie es der Wagner geht?“, fragte sie Paula, nachdem sie bezahlt hatte.
    „Sie beginnt im Jänner einen neuen Job. Wenn ich es recht verstanden habe, bei einer Werbeagentur, die Fotoaufträge für große Firmen abwickelt.“
    „Das freut mich für sie. Falls Sie sie wieder einmal sehen, sagen Sie ihr, dass es mir leid tut. Alles, was gewesen ist, und dass ich mich bei ihr entschuldigen möchte.“
    Paula nickte. Vielleicht würde sie Gerlinde Wagner zufällig einmal wiedersehen. Dann würde sie es ihr ausrichten.
    „Zwei Fragen habe ich übrigens noch.“
    Znan sah Paula unsicher an.
    „Können Sie sich vorstellen, dass Urban ermordet wurde?“
    Dafür brauchte die Znan nicht viel Bedenkzeit.
    „Natürlich kann ich mir das vorstellen. Es hat nicht viel gefehlt, und ich hätte ihn selbst getötet. Im Geiste habe ich mir schon ausgemalt, wie ich es anstellen würde. Aber wissen Sie,ich hänge sehr an meinem Institut, und wenn ich zur Mörderin geworden wäre, dann wäre das gleichzeitig das Ende meines Lebenswerks gewesen. Das war mir die Rache an Urban nicht wert. Was wollten Sie mich noch fragen?“
    „Warum haben Sie mir das alles erzählt, wo Sie doch gebeten wurden, mir keine weiteren Informationen zu geben?“
    „Das ist einfach. Sehen Sie, was interessieren mich die Wünsche von irgendwelchen Herren? Ich bin niemandem zu Dank verpflichtet, keiner hat mir jemals eine Förderung oder sonst eine Erleichterung für mein Institut gewährt. Warum also sollte ich Rücksicht nehmen? Dennoch, seien Sie vorsichtig und überlegen Sie sich gut, was Sie für die Biografie verwenden. Wenn es zu einem Kräftemessen kommt, wage ich zu behaupten, dass es Leute gibt, die einen sehr langen Arm haben.“
    Paula bedankte sich und versicherte Znan, dass sie vorsichtig sein

Weitere Kostenlose Bücher