Schafkopf
ist ins Wasser gegangen. Sie wusste nicht mehr, wohin. Der Anblick ist einfach zu schrecklich. Das kalte Wasser aber tut ihrem Schock gut. Tropfnass läuft sie ins Haus und ruft die Polizei. Dann sitzt sie in der Küche und zittert.
In aller Ruhe starrte der Mönch in seinen Tee.
Leon de Winter
12. Kapitel
»Nummer zwei«, stellte Kommissar Behütuns trocken fest. Aus reinem Selbstschutz. Er war von den Kollegen der Nachbarstadt gerufen worden, weil man bei der Polizei Erlangen gleich einen Zusammenhang mit dem Mord auf dem Kalchreuther Keller vermutet hatte. Die Handschrift war doch sehr ähnlich: ein wie durch eine Explosion zerfetzter Bauchraum der Leiche und ein Trikot des Clubs. Allerdings ohne Namen. Und: Das Trikot war, obwohl das Opfer nicht damit bekleidet war, ebenfalls zerfetzt.
Auch hier hatten schon wieder zwei oder drei Beamte, die das Pech gehabt hatten, rechtzeitig da zu sein, der Spurensicherung die Arbeit verkotzt. Aber das war nur zu verständlich. Je näher man der Leiche kam, desto dichter waren die hohen Grashalme mit Fleischspritzern, Blut und Kot aus Leib und Gedärmen des Toten verschmutzt. Und das hing einem dann an Hosenbeinen und Schuhen, und nirgendwo konnte man sich das Zeug richtig abwischen. Die getötete Person schien ziemlich korpulent gewesen zu sein.
Kommissar Behütuns hatte die halbe Nacht wachgelegen und gegrübelt. Immer wieder hatte er die vielen Möglichkeiten gewälzt, die sich im Zusammenhang mit der Leiche am Keller auftaten. Doch nichts fügte sich zum anderen. Bisher, das war sein Eindruck, machte das alles keinen Sinn. Erst gegen Morgen endlich war er eingeschlafen. Die ersten Amseln hatten draußen vor seinem Fenster schon zu singen begonnen, der neue Tag langsam gegraut und die Dunkelheit der Nacht vertrieben. Als dann gegen halb sechs sein Handy geklingelt hatte, war er zwar müde gewesen, gleichzeitig aber auch beinahe erleichtert. Denn irgendwie hatte er sofort gewusst, dass es jetzt weiterging, dass irgendetwas geschehen war, was ihm neue Informationen versprach. Deshalb war er auch wenig überrascht gewesen, als ein neuer Mord gemeldet wurde und man ihn bat, vorbeizuschauen.
Diesmal war die Sachlage allerdings ein wenig anders. Die Identität des Opfers war bereits festgestellt, als er am Tatort eintraf. Die Leiche musste zwar noch von Angehörigen identifiziert werden, nichts aber sprach dagegen, dass die Leiche nicht auch tatsächlich mit der Person übereinstimmte, auf die alles hinwies. Denn es war ein Ausweis gefunden worden, am Waldrand hatte man einen Geländewagen ausgemacht, der auf die Person zugelassen war, und in der Brieftasche des Opfers befanden sich Kreditkarten, eine Krankenkassenkarte, eine Mitgliedskarte des Golfclubs, Miles&More-Karten verschiedener Leihwagen- und Fluggesellschaften, alle auf denselben Namen ausgestellt.
Behütuns hatte, während die Spurensicherung den Tatort großräumig sondierte, mit einem der Einsatzbeamten der Erlanger Polizei im Garten des Gasthauses an einem der Tische unter den Bäumen direkt am Weiher Platz genommen. Sie hatten die Wirtin noch einmal kurz zu befragen versucht, dies aber dann abgebrochen. Sie stand schwer unter Schock und wurde medizinisch betreut, zusätzlich stand ihr der örtliche Pfarrer, ein Nachbar, zur Seite. Die Tochter der Wirtin hatte Kaffee gebracht und ihnen die Identität des Opfers beinahe schon bestätigt. Ihrer Mutter nämlich, berichtete sie den Polizisten, sei der Mann bekannt, zumindest dem Namen nach. Sie, die Tochter, habe ihn nur einmal als Gast gesehen, ihn sich aber gemerkt, da ihre Mutter dann in der Küche Geschichten über ihn erzählt hatte; diese nämlich kannte ihn aus ihren Jugendtagen, hatte aber seither keinen Kontakt mehr mit ihm, nur die Geschichten wurden, wie das in den Dörfern so ist, weitergetragen.
Der Name des Mordopfers war Franz-Josef Pitsch. Er war 43, das hatten sie aus seinen Papieren, ebenso wie seine Adresse im Knoblauchsland. Dass er verheiratet war und Vater zweier Kinder, fanden sie mithilfe des Computers heraus. Und dann teilte ihnen die Tochter der Wirtin ein paar Dinge über die Person mit, alles unter Vorbehalt, da sie es nur vom Hörensagen wusste. Ihre Aussagen aber stimmten zum weitaus überwiegenden Teil mit der Wirklichkeit überein, wie die später nachfolgenden routinemäßigen Recherchen ergaben.
Franz-Josef Pitsch, so erzählte die Tochter, sei der Betreiber der Kantine bei Savitas am Standort Erlangen gewesen. Zudem habe er auf
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