Schafkopf
auf dem sie ihr Selbstvertrauen gründeten, war brüchig und dünn.
Vom Tod Hajo Schraders hatte er nichts gewusst und schien auch ehrlich entsetzt. »Doch das sagt nichts, das habe ich schon oft erlebt«, schilderte P. A. seine Begegnung.
Ob sie Streits gehabt hätten, Auseinandersetzungen?
Sie hätten immer harmoniert, seien ein gutes Team gewesen, hatte Jürgen Plötz berichtet, so war der Name des Herrn. Er habe immer große Achtung vor Schrader gehabt. Sicher, eigenwillig sei er manchmal gewesen, der Hajo, hatte er hinzugefügt. Kritisch. Nicht immer leicht zu haben. Aber gut. Sogar sehr. Genaueres hatte er nicht gesagt. Ja, sie seien ein gutes Team gewesen.
Wo er, Plötz, gewesen sei in den letzten vier Tagen, hatte ihn P. A. befragt. Er müsse das fragen, reine Routine. Von dem Kennzeichen hatte er nichts erwähnt. Die Angaben des Ornithologen waren ihm viel zu vage, und es gäbe sicher Dutzende Fahrzeuge, auf die diese Angaben zutreffen könnten. Da wolle er erst einmal die Liste aus der Zulassungsstelle abwarten.
Und dann lachte P. A. auf. »Auf der Fahrt hatte ich dieses Manuskript gelesen, Dick fuhr ja, war mein Chauffeur. Und im Radio auf Bayern 2 kam eine Sendung über etwas, das ich nicht verstanden hatte. Neuronales Marketing oder so. Irgendetwas, das wohl innerhalb der Werbung gerade groß aufgeblasen wird als neueste Erkenntnis der Hirnforschung. Und instrumentalisiert wird, um Kunden zu imponieren. Ich hatte das nur so am Rand mitverfolgt. Trotzdem blieb bei mir etwas hängen. Der Professor in der Sendung nämlich sagte ganz klar: Unsinn. Alles ohne jeden Hintergrund. Nicht verstanden, falsch interpretiert, rein wissenschaftlich völlig unhaltbar. Nur aufgeblasener Unsinn, als Verkaufsargument benutzt. Er schien vom Fach. Und wisst ihr, was der Plötz mir gesagt hat? Dass er zwei Tage in Karlsruhe war, Vorträge gehalten hat genau zu diesem Thema. Allerneueste Erkenntnis, hochspannend für sein Metier! ›Das wird die Werbung revolutionieren!‹, sagte er wichtig wie sonst was. ›Und wir sind ganz vorne dabei!‹ Er erwartete wohl von mir einen Kniefall vor Ehrfurcht. Ich spürte richtig, wie wichtig er das nahm; sich nahm.«
P. A. grinste und strich sich über sein Kinn. »Konnte ich mir natürlich nicht verkneifen, gleich zu kontern. Das frisch Gehörte repetiert.«
Sein Grinsen wurde breiter. »Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie der angelaufen ist. Der hat sich wahnsinnig beherrscht. Am liebsten hätte er mich angeschrien, hab ich ganz deutlich gespürt. Denke, dass der so auch mit seinen Leuten umgeht, würde zum Gesamteindruck passen.«
Er blätterte in seinem Notizbuch, las etwas nach, legte das Buch dann auf den Tisch zurück.
»Dick hat auch noch ‘ne schöne Geschichte zu erzählen, doch ich mach erst mal zu Ende«, fuhr er fort. »Ein bisschen war er also schon aus der Fassung. Dann hab ich ihn zu den anderen beiden Tagen befragt. Und zu den Nächten. Am Tag war er in der Agentur, dafür gibt es viele Zeugen. Wegen nachts aber habe ich nachgebohrt.«
Süffisant schwieg P. A. einen Moment lang.
»Aber auch dafür hatte er Zeugen. Denn wisst ihr, was er gemacht hat?«
Triumphierend sah P. A. in die Runde. Peter Dick hielt still, der kannte die Geschichte schon. Die anderen schauten fragend. Behütuns hatte einen Verdacht, klopfte mit der Handfläche auf die hohle Faust, sah P. A. fragend an.
»Genau«, grinste Dick, »Praktikantinnen gevögelt.«
»Der ist doch Chef, oder nicht?«
»Ja. Aber das scheint in der Branche so zu sein. Dieser Ruf hat sich dann auch bestätigt, doch dazu weiß Dick mehr. Egal. Das lässt sich alles überprüfen, die Daten habe ich hier.«
Dann fasste er resümierend zusammen: »Die Angaben müssen wir noch gegenchecken, ich gehe aber davon aus, dass sie stimmen. Das sagt mir mein Bauch. G'scheid peinlich war es ihm nur, kann ich euch sagen. Und um Verschwiegenheit hat er gebeten. Gebettelt eigentlich mehr. Seine Fassade war schon kaputt. Jämmerlich ist er mir vorgekommen, und er sich selber wohl auch. Ich habe nur gegrinst, innerlich. Hat mir Spaß gemacht, ihn so zurückzulassen. Hängenzulassen. Er ist wirklich ein Unsympath. Nicht mein Typ. Aber egal. Für mich ist er raus – nicht aus dem ganzen Fall, aber wohl als direkt Verdächtiger. Im Kontext ist vieles noch nicht stimmig. Das mit der Vorliebe zu Waffen und Panzern; das hat er auch offen zugegeben. Da sei doch nichts dabei! Trotzdem: Da könnte man vielleicht mal im Umfeld forschen,
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